Die Verarbeitung von Emotionen

Die Verarbeitung von Emotionen

Die Verarbeitung von Emotionen

Emotionsverarbeitung ist ein harter Job, der härteste Job auf dieser Welt. Es gibt wohl kaum etwas, was so vielen Menschen Angst macht, wie die eigenen Emotionen. Und es gibt wohl auch kaum etwas, worüber weniger gesprochen wird. Um jedoch an tiefere Bewusstseinsschichten zu gelangen, um die eigene Intuition zu finden oder einfach nur um ein sozialerer Mensch zu werden, kommt man um die Verarbeitung der eigenen Emotionen nicht herum.

Verarbeitung von Emotionen

Inhaltsverzeichnis über die Verarbeitung von Emotionen

Wenn keine Verarbeitung von Emotionen stattfindet…

Unterdrückte Emotionen sind die Monster unter dem Bett eines jeden Menschen. Keiner kann sie sehen, nur der oder die Betroffene spürt ihr Dasein. Nicht immer, nicht ununterbrochen. Aber irgendwo ist dieses Monster in einem und es bricht einfach hervor, besonders dann, wenn es nicht erwünscht ist.

Es gibt Menschen, die tragen dieses Monster mit sich herum und wenn man in die Nähe dieser Menschen kommt, spürt man ihr Monster. Meist sind es garstig erscheinende Verhaltensweisen, die ein Spotlight auf das Monster richten. Solche Menschen scheinen sich immer betrogen zu fühlen, sind passiv-aggressiv, launisch (nennen wir es mal emotional ambivalent), sind immer das Opfer und Schuld haben eh die anderen.

Aber die meisten von uns haben gelernt, das Monster gut zu verstecken. Wenn überhaupt kommt es Zuhause in einem sicheren Rahmen zum Vorschein. Oder wir brüllen beim Autofahren andere Autofahrer an. Auch im Auto sind wir sicher, bekommt doch der andere Autofahrer selten unsere Aggression direkt zu spüren und noch seltener kann dieser sich wehren oder sich gar rächen.

Unterdrückte Emotionen werden zu riesigen Monstern in uns

Es scheint jedoch, als ob die Monster mit dem Alter immer lauter werden. Kein Wunder, packt man doch immer mehr unterdrückte Emotionen dazu, weil bei der neuen Arbeit bestimmte Emotionen nicht erwünscht sind oder der neue Partner möchte, dass man sich ändert. Also passt man sich an und das Monster der emotionalen Unterdrückung wird größer und lauter.

Viele alte Menschen zeigen ein besonderes Ausmaß an Garstigkeit, als ob sie ihre eigenen Monster nicht mehr unterdrücken könnten und sie ungefiltert an das Außen abgeben. Immer in dem Glauben, sie hätten Recht und die anderen seien Schuld.

Die Auswirkungen unserer Emotions-Monster

Bei manche kommen die Monster nur selten zu Besuch und bleiben meistens unter dem Bett, nur um einmal kurz hervorzuhuschen. Und das auch nur unter kontrollierten Bedingungen.

Bei anderen wiederum scheinen die Monster immer lauter zu werden, je weniger man sie beachtet. Sie fangen an im Körper zu wüten, führen zu Entzündungen in bestimmten Organen, lassen Bandscheiben aus den Wirbelzwischenräumen flutschen oder nisten sich im Kopf ein. Sie scheinen einem ständig etwas ins Ohr zu flüstern: Wie dumm oder wie fett man ist; kein Wunder, dass niemand einen mag, so wie man ist. Niemand will hören, was man zu sagen hast, flüstern sie einem ein.

Und wenn man sie weiter ignoriert, schicken sie einem Angst und Panik, Wut und Raserei. Die Monster scheinen einen Umweg über den Körper zu nehmen, bevor sie sich als das präsentieren, was sie tatsächlich sind: Unterdrückte Emotionen. Und sie werden einen Weg finden, dass man sie nicht mehr ignorieren kann. Sie werden uneingeladen zum Vorschein kommen und einen selbst und alle anderen drum herum anbrüllen.

Das Ignorieren der Emotions-Monster lässt sie nur lauter werden

Was tun, um Emotionen zu verarbeiten?

Wie Beppo Straßenkehrer in Momo, so ist auch die Emotionsverarbeitung eine Schritt-für-Schritt-Aufgabe.

Wenn man die ganze lange Straße vor sich sieht, überkommt einen die Angst. Die Gedanken fangen an zu rasen und man beginnt sich zu beeilen. Man steht durchgehend unter Druck, es nicht zu schaffen und dieser ganze Druck raubt einem die Kraft, macht einen müde. Aber die lange Straße vor einem scheint kein Ende zu nehmen. Also beeilt man sich noch mehr, setzt sich noch mehr unter Druck. Und verbraucht noch mehr Energie.

Am Ende der Energie ist noch viel Straße übrig

Und wie Beppo das ganz richtig erkannt hat, ist es notwendig, sich Stück-für-Stück vorwärts zu arbeiten, anstatt das große Ganze zu sehen.

Bei der Emotionsverarbeitung darf man nie an die ganzen Emotionen auf einmal denken. Man muss nur an den Schritt denken, den man gerade macht. Und dann denkt man an den Atemzug, den man gerade macht. Und dann an die Emotion, die man gerade fühlt. Punkt.

So arbeitet man sich Schritt-für-Schritt durch eine Emotion nach der anderen. Und am Ende merkt man gar nicht, dass man sich durch etliche unterdrückte Emotionen gearbeitet hat. Man ist auch nicht so erschöpft und ausgelaugt.

Am Ende des Weges ist dann noch viel Energie übrig

Energie, die man für andere Dinge verwenden kann.

Emotionen in der Verarbeitung kosten viel Energie
Bin ich normal?

Bin ich normal?

Bin ich normal?

Bin ich, als psychisch kranker Mensch, „normal“? Was genau bedeutet es überhaupt normal zu sein? Ist Krankheit normal? Gibt es überhaupt eine Norm, die bestimmt, wie das Leben jedes Einzelnen zu verlaufen hat? Eine Norm, die definiert, wie ich zu sein habe, wie ich zu empfinden habe, wie ich leben soll? Oder liegt eine Freiheit im Wissen, dass es kein „Normal-Sein“ geben kann, weil wir alle Individuen sind?

Kindliche Wut erleben

Inhaltsverzeichnis über Normal-Sein

Mein normaler Ursprung

Ich wurde in eine dysfunktionale Familie hinein geboren. Meine ersten Lebensjahre drehten sich um mein emotionales und physisches Überleben, ohne dass ich mir darüber bewusst war.

Jetzt bin ich 40 Jahre alt, musste mich durch unzählige Panikattacken und Traumaerlebnisse arbeiten und habe bestimmte Verhaltens- und Denkmuster entwickelt, die mich zu der machen, die ich heute bin. Mein Leben hat seine eigenen Herausforderungen: Ich empfinde Emotionen sehr stark, nicht nur meine eigenen, sondern öfter auch die Emotionen von anderen. Mein Körper als auch meine Psyche sind durch mein Leben gezeichnet. Die Psychiatrie und die Psychotherapie pathologisieren diese Verhaltensweisen, weil sie nicht der Norm entsprechen.

Ich bin nicht normal, sagen mir die Diagnosen.

Stattdessen „leide“ ich an verschiedenen Krankheiten (Multiple Sklerose, Depression, Angststörung, und, und, und) und sogar meine Persönlichkeit gilt als gestört, als nicht normal. Dabei bedeutet „Störung“ im psychiatrischen Sinne Leidenszustände, die die lebenswichtige Funktionsfähigkeit des Betroffenen nicht einschränken. Das bedeutet, dass der oder die Betroffenen leiden muss (was genau ist Leid?), aber das eigene Überleben nicht akut gefährdet ist (warum gilt Borderline als Störung?).

Aus medizinischer Sicht bin ich also nicht normal und ich bin gestört. Soziologisch kann ich nicht an den „normalen“ sozialen Konventionen teilnehmen, wie arbeiten gehen oder einfach das machen, was die Gesellschaft glaubt, das man macht, wenn man normal ist.

Was genau bedeutet „Ich bin normal“?

Das Problem mit den Bezeichnungen „normal„, „Krankheit“ und „Störung“ ist die abstempelnde Struktur dahinter. Voraussetzung für den Gedanken, dass jemand „normal“ ist, ist der Glaube an einen Norm-Zustand, den jedes Individuum in dieser Gesellschaft hat.

Aber was genau ist die Norm? Wann genau ist jemand gesund? Alles, was ich im Leben erlebt habe, alles, womit ich mich im diesem Moment auseinandersetze, hat mich geformt, mich geprägt. Ja, es weicht von der Norm ab, weil ich ein Individuum bin. So wie alle Individuen ihr eigenes Erleben haben, ihre eigenen Prägungen, ihre „Krankheiten“ und „Störungen“.

Krankheit muss abgelehnt werden

Sobald ich etwas als Krankheit definiere, beginnt der Wunsch im Individuum etwas dagegen zu tun. Man muss geheilt werden. Die Krankheit muss weg, weil das nicht richtig ist, dass ich krank bin. Wer bestimmt darüber, dass Krankheit nicht richtig ist? Es ist eine künstlich festgelegte Norm der Gesellschaft, was als „normal“ gilt und was als krank.

Meine ganzen „Krankheiten“ und „Störungen“ sind ein Teil von mir. Wieso sollte ich daran etwas ändern wollen? Sie dürfen hier sein, weil das mein Leben ausmacht. 

Wieso glaubt die Gesellschaft mir sagen zu können, wie mein Leben auszusehen hat?

In Deutschland wäre „normal“ wohl:

  • In eine liebevolle, beschützende, anregende, ausgeglichene Familie hineingeboren werden mit den passenden Genen
  • Ein gesundes Maß an Erregung und Entspannung
  • Unterstützende Freunde, Lehrer, Chefs, Partner und Partnerinnen
  • Körperliche Vitalität, geistiges Wohlergehen, Ausgeglichenheit
  • Volle Funktionalität in allen Bereichen, d.h. körperlich, emotional, mental, sozial
  • Ein sozial angemessenes Maß an Intelligenz
  • Ein anregendes soziales Umfeld
  • Arbeitsfähigkeit
  • In einem männlichen oder weiblichen Körper und das dazu passende Geschlechterempfinden zu leben
  • Weiße Hautfarbe

Und noch einiges mehr…

Wie viele normale Menschen gibt es wohl?

Wenn ich nun eine Bilanz ziehen, die alle Menschen, die ich jemals in meinem Leben getroffen habe, mit einbezieht, muss ich erkennen….dass keiner von denen „normal“ ist. Keiner.

Was ist dieser Norm-Zustand, den alle versuchen zu erreichen, den es aber niemals geben wird, weil wir alle Individuen sind? Wir alle haben unsere eigene Geschichte, unsere Gene, unsere Konditionierungen, unsere Erfahrungen. Und all das prägt uns und macht uns zu den Menschen, die wir sind.

Wenn ich also den Diagnosen der Psychiatrie Glauben schenke, werde ich für den Rest meines Lebens gegen mich selbst kämpfen. Gegen all das, was mich ausmacht. Weil das nicht „normal“ ist.

Ein Leben lang einen Kampf gegen sich selbst führen, weil man nicht normal ist.

Ist das nicht genau das, was die meisten Menschen in unserer Gesellschaft tun? Gegen sich selbst kämpfen…. Weil sie glauben, zu dick, zu dünn, zu schlau, zu dumm, zu krank, zu gestört, zu unsozial, zu sozial, zu arm, zu reich, zu schnell, zu langsam, etc. zu sein? Weil es eine nicht zu erreichende Norm gibt, die keiner in unserer Gesellschaft erfüllt?

Der Kampf über die Frage, ob ich normal bin, führt zu Leid

Genau dieser Kampf führt zu dem Gefühl des Leids. „Leid“ ist ein subjektives Empfinden, auf das man Einfluss nehmen kann. Es ist eine Bewertung der aktuellen Erfahrung als „negativ“. Man lehnt eine aktuelle Situation ab und kämpft dagegen an. Damit einher gehen Gefühle der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins, des Nichts-Daran-Ändern-Könnens. Als Resultat, quasi als Summe dieser ganzen Gefühlswelle, erfolgt das Empfinden von Leid.

In dem Moment, in dem man in der Lage ist, die Situation so anzunehmen wie sie ist, verringert sich auch das Gefühl des Leids. Indem man glaubt, es gäbe einen Norm-Zustand, ein „Normal-Sein“, dem man entgegen streben muss, bleibt man gefangen im eigenen Leid. Unterm Strich könnte man sagen, dass die Diagnosen der Medizin erst Leid erschaffen, weil sie dem oder der Betroffenen vermitteln, es müsste anders sein, es gäbe einen Norm-Zustand, den unsere Gesellschaft „Gesundheit“ nennt.

By the way, die „gestörtesten“ Menschen, die ich je getroffen habe, waren Psychotherapeuten und in meinem Psychologie-Studium habe ich einige Anwärter kennen gelernt. Und nur, weil ihr „Helfersyndrom“ als gesellschaftlich angemessen gilt und sie gelernt haben, wie sie ihre dysfunktionalen Anteile unterdrücken, macht es sie nicht normaler oder gestörter als andere.

Bin ich also normal? Oder bin ich einfach ICH.

Ich bin ich selbst, mit allen Schmerzen, emotionalen Aufs und Abs, „guten“ und „schlechten“ Momenten. So wie jeder andere Mensch auch.

Zu erkennen, dass niemand das Recht hat, mein „Normal-Sein“ zu definieren und mir zu erzählen, wie mein Leben eigentlich sein sollte, birgt eine große Freiheit.

Die Freiheit ich selbst sein zu dürfen.

Kindliche Wut bedeutet für die Erwachsenen einen achtsamen Umgang mit den eigenen Gefühlen lernen
Der Schrank der unterdrückten Gefühle

Der Schrank der unterdrückten Gefühle

Der Schrank der unterdrückten Gefühle

In jedem von uns gibt es einen Schrank. Einen Schrank, in den wir alles Emotionale hineinstopfen. Alles, womit wir uns nicht auseinandersetzen wollen, was uns Angst macht. Es ist nicht nur eine Büchse, sondern ein riesiger, fest eingebauter Wandschrank in unserem Selbst, der all die Dinge beherbergt, die uns prägen und die unsere Persönlichkeit ausmachen. Bis nichts mehr in den Schrank hineingeht…

Kindliche Wut erleben

Stell es dir vor…

Stell dir einen riesigen Schrank vor, der vollgestopft ist mit allem möglichen Krimskrams: alten Spielen, Nähmaterialien, Büchern, Stoffen und, und, und. All diese Dinge stehen für dein Leben. Sie repräsentieren dich selbst, deine Erfahrungen, Konditionierungen, Überzeugungen, alles, was du bis jetzt erlebt und erfahren hast.

Und in diesen Schrank stopfst du immer mehr Dinge hinein, so dass es immer schwieriger wird die Türen zu schließen. Je mehr Erfahrungen du machst, desto voller wird der Schrank, bis er bis zum Rand mit all dem gefüllt ist, was du dir nicht anschauen magst: Als dein Mann sich von dir getrennt hat, als du in der Schule gemobbt wurdest, als deine Eltern dir immer wieder eingebläut haben, dass du ein braves Mädchen sein musst, und, und, und.

Viele dieser Sachen machen dir Angst und du bist froh um den Schrank und seine Türen, die du immer fest hinter dir abschließt. So musst du dich nicht jeden Tag mit diesen angstmachenden Sachen auseinandersetzen, sondern kannst „ein ganz normales Leben“ führen. Durch diesen Schrank ist es dir möglich dir einzureden, dass alles gut ist, dass es dir doch gut geht, dass es keine Probleme gibt.

Immer mehr Sachen kommen hinzu

Aber mit der Zeit purzeln immer wieder Sachen aus dem Schrank, die du aufheben und dir anschauen musst, um dann zu entscheiden, ob du das Ding, was rausgepurzelt ist, behältst oder lieber wegwirfst. Wenn du den Schrank öffnest, um was Neues hinein zu stopfen (z.B. als du so verletzt warst, als deine Freundin deinen Geburtstag vergessen hat), kommen immer wieder alte Verletzungen zu Tage, die du aber schleunigst wieder im Schrank verstaust.

Du machst nie eine große Aufräumaktion. Du redest dir ein, dass du grad keine Zeit hast, das machst du, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder dein Mann gestorben ist, irgendwann in der Zukunft. Aber in Wirklichkeit sind das nur Ausreden. Du möchtest die Dinge in diesem Schrank belassen. Dort sollen sie für immer bleiben, so dass du tun kannst, als gäbe es sie nicht. All diese Dinge darin repräsentieren dich selbst und deinen Wert in der Welt.

Der Schrank der unterdrückten Gefühle ist wie das Monster unter deinem Bett: Niemand sonst kann es sehen, nur du kannst seine Anwesenheit fühlen.

Aber eines Tages passiert etwas und als du den Schrank öffnest, um etwas Neues hineinzustopfen, kommt dir all der Krimskrams entgegen, verteilt sich im ganzen Zimmer. Heraus kommen auch jede Menge Dreck, Staub, du glaubst zu ersticken. Der Berg an Dingen begräbt dich unter sich, macht dich bewegungsunfähig. Die Schwere und die Dunkelheit drücken dich nieder, lassen dich versteinern.

Dein erster Impuls ist es wegzurennen. Einfach alles so liegen zu lassen, all den Dreck und das Chaos. Bloß nicht hinschauen, nicht wahrnehmen, wovor du all die Jahrzehnte Angst hattest.

Du hast von Pillen gehört, die dir helfen über diesen Krimskrams hinwegzuschauen. Die helfen dir, dich nicht mehr darum zu kümmern, so dass du wieder dein „ganz normales Leben“ weiterführen kannst. Die Erinnerung an den Schrank soll durch diese Pillen komplett ausgelöscht werden und du musst dich nicht mit seinem Inhalt auseinandersetzen.

Aber der Schrank wird dadurch nicht weggehen. Vielleicht wirst du dir noch einen zweiten Schrank kaufen, den du mit neuen Erfahrungen vollstopfen kannst. Bis auch der voll ist. 

Die Pillen regeln das schon!

Kindliche Wut beim Spielen erleben

Aber eigentlich weißt du tief in dir drin, dass es Zeit ist aufzuräumen.

Die Aufräumaktion beginnt

Aufräumen bedeutet, jedes Ding einzeln in die Hand zu nehmen, es dir anzuschauen, es zu fühlen, noch einmal in diese ganz bestimmte Erinnerung einzutauchen und dann zu entscheiden, ob du es behältst oder es wegwirfst. Und alles, was du behältst wirst du schön ordentlich in den Schrank einsortieren.

Manche dieser Erinnerungen liegen so weit zurück, dass du keinerlei Bilder in deinem Kopf mehr davon hast. Aber das Gefühl, das du in dem damaligen Moment nicht fühlen wolltest, ist im Schrank verblieben und reißt dich jetzt in eine Vergangenheit zurück, die du hinter dir lassen wolltest. Aber diese Vergangenheit konnte niemals hinter dir bleiben, weil du sie in deinem Schrank der Gefühle eingeschlossen hattest. Diese Vergangenheit war immer bei dir, hat dich nie verlassen.

Aber jetzt ist der Moment, in dem du Licht und Luft daran lässt. Dies ist der Moment, in dem du bereit bist, dich dem unangenehmen Gefühl zu stellen und zu erkennen, dass du nicht dieses Gefühl bist. Du bist nicht der Krimskrams aus deinem Schrank. Diese Dinge haben dich geformt, haben dich zu der gemacht, die du jetzt bist, aber sie definieren dich nicht mehr länger.

Und so beginnen Jahre des Aufräumens. Jahre, in denen du in jede Erinnerung eintauchen musst, weil sie sich aufdrängen. Alles, was du lieber in dem Schrank begraben hättest, kommt ans Licht und möchte gesehen werden. Und deine Aufgabe ist es, den Erinnerungen erlauben da zu sein, sich nicht von ihnen mitreißen zu lassen, nicht deine gesamte Gegenwart von ihnen einnehmen zu lassen. Und dann zu entscheiden, ob du sie behalten oder liebevoll in einen Karton räumen möchtest.

Jetzt, da alles aus dem Schrank gefallen ist, kannst du endlich selbst die Wahl treffen, wie dein Leben weitergehen soll ohne all diese Dinge aus der Vergangenheit, die dein Leben beschatten.

Alles ist ein Teil von dir und hat seine Daseinsberechtigung.

Im Tageslicht deines Bewusstseins sind die Schatten nicht mehr ganz so dunkel, sind die Abgründe nicht mehr ganz so tief. Und du kannst eine bewusste Wahl aus freier Entscheidung heraus treffen wie sich dein weiterer Lebensweg gestalten soll. Und die Dinge hinter den Schranktüren können dir keine Angst mehr machen, weil du sie gesehen hast und du weißt, dass du immer die Wahl hast.

Was ist, wenn „Depression“ nur das Zeichen unseres Körpers ist, dass unser Schrank der unterdrückten Gefühle voll ist und aufgeräumt werden muss?

Kindliche Wut bedeutet für die Erwachsenen einen achtsamen Umgang mit den eigenen Gefühlen lernen
Gefühle nicht fühlen wollen

Gefühle nicht fühlen wollen

Gefühle nicht fühlen wollen

Gefühle zu fühlen kann unangenehm sein. Nicht nur das Gefühl selbst, auch die körperlichen Reaktionen auf das Gefühl und vor allem das, was an diese Gefühle geknüpft wurde, wie Scham und Schuld. Jeder Mensch hat seine eigenen Strategien entwickelt, wie er oder sie mit Gefühlen umgeht, die er oder sie nicht fühlen will. Ein Einblick in die Gefühlswelt eines sogenannten „Borderliners„.

Borderline heißt emotional-instabile Persönlichkeitsstörung

Inhaltsverzeichnis über Gefühle nicht fühlen wollen

Ablehnung von Gefühlen

Die meisten werden die Ablehnung und die Anspannung kennen, wenn man Gefühle ablehnt. Da blubbert etwas hoch und wir fangen automatisch an uns dagegen zu wehren. Das wurde von klein auf einprogrammiert: Dieses Gefühl möchte ich nicht fühlen und noch weniger darf ich es zum Ausdruck bringen. Die wenigstens werden es sich eingestehen, aber dahinter steckt Angst. Eine tiefsitzende Angst vor einem Gefühl.

Das ist so stark in unseren Organismus einprogrammiert, dass wir es in den meisten Fällen noch nicht mal mitbekommen, dass überhaupt ein Gefühl da ist und dass wir es direkt wegdrängen. Diese Abwehrfunktion wurde tief ins Unterbewusstsein eingebrannt.

Aber diese Gefühle finden einen Weg. Sie finden einen Weg durch unsere Gedanken und vor allem durch unsere Körper. Hier bringen sie sich zum Ausdruck, durch Krankheit, Gedankenkreisen, nicht-zur-Ruhe-kommen. Unsere Medizin ist jedoch immer noch so stark auf das rein Physische konzentriert, dass es noch Jahrzehnte dauern wird, bis sie auch Gefühle in ihre Behandlungen miteinbeziehen und vor allem als Ursache anerkennen.

Ursache vieler physischer Erkrankungen sind unterdrückte Gefühle

Extreme Ausdrucksform des „Gefühle-Nicht-Fühlen-Wollen“s

Eine extreme Ausdrucksform ist die Selbstverletzung. Anstatt ein Gefühl zu fühlen, fügen sich Betroffene selbst Verletzungen zu. Diagnostiziert wird dann gerne Borderline, die offizielle Diagnose lautet emotional-instabile Persönlichkeitsstörung.

Das sind Menschen, die ihren Gefühlen und Emotionen so nahe stehen, dass diese immer kurz unter der Oberfläche herumblubbern. Gleichzeitig aber empfinden Betroffene eine enorme Abwehr gegen diese Emotionen. Und diese Abwehr ist berechtigt! Diese unangenehmen Emotionen haben nämlich selten etwas mit dem Hier und Jetzt zu tun, auch wenn sie gerade in diesem Moment ausgelöst werden. Stattdessen sind es alte Emotionen, aus der eigenen Kindheit, aus einer Zeit, in der diese Emotionen nicht da sein durften.

Die aus der Unterdrückung entstehende Wutenergie musste damals irgendwo hin. Also richtet man diese Wut gegen sich selbst, weil man gelernt hat, wenn man sie an anderen (Erwachsenen und vor allem Autoritätspersonen) auslässt, wird man immer den Kürzeren ziehen. Man kann niemals gewinnen. Alles wir viel schlimmer werden, wenn man die Wut rauslässt. Also richtet man sie gegen sich selbst, als letzter Akt der Verzweiflung.

Diese Emotionen wurden mit aller Vehemenz unterdrückt, mussten unterdrückt werden, um sich anzupassen.

Sich selbst zu verletzen kann sehr befriedigend sein.

Erstmal lenkt der Schmerz die eigene Aufmerksamkeit weg von dem unangenehmen Gefühl, auf das man sonst panischst fokussiert ist (obwohl man am liebsten davor wegrennen möchte). Es muss ein sehr lauter Reiz sein, um in diesen Ausnahmesituationen die Aufmerksamkeit zu lenken. Der Fernseher reicht da oft nicht aus.

In diesen panischen Ausnahmesituationen wird der ganze Körper taub. Man fühlt so gut wie nichts mehr, nur noch dieses extrem unangenehme Gefühl ist in einem vorhanden. Und dieses Gefühl nimmt alles ein. Das autonome Nervensystem ist so überfordert, dass es in die Freeze-Stellung geht, eine Art Totstellen. In der Natur kann man das bei Beutetieren beobachten, die von einem Jäger gefasst werden. Hat der Löwe die Antilope gerissen, schaltet sich das autonome Nervensystem der Antilope ab, so dass sie keine Panik und keinen Schmerz mehr spürt. Auch bei Menschen geschieht das in extremen Ausnahmesituationen. In diesen Situationen glaubt der Körper, physisch nicht zu überleben.

Welch ein Segen unser autonomes Nervensystem sein kann!

Der eigene Körper interpretiert also gerade dieses unangenehme Gefühl als überlebensbedrohend (und als abhängiges Kind war solch eine Situation mit Sicherheit lebensbedrohend). Daraufhin schaltet er sich ab und fährt die Organtätigkeiten herunter. Die Schwierigkeit ist nun, dass man aber gerade nicht stirbt, sondern als Mensch irgendwie weiter funktionieren muss (man braucht zum Beispiel Essen und Trinken, nichts, was der Körper in der Freezestellung bewerkstelligen kann). Die Selbstverletzung lässt einen den eigenen Körper wieder spüren, man lenkt seine Aufmerksamkeit auf ein anderes Ziel und das autonome Nervensystem hat Zeit wieder in Gang zu kommen.

Außerdem nimmt die Selbstverletzung einem die Anspannung, gibt einem das Gefühl von Selbstwirksamkeit zurück und lässt einen wieder im Hier und Jetzt ankommen. Definitiv ein Skill! Dieser wird jedoch von der Medizinwelt nicht gerne gesehen. Betroffene werden für dieses Verhalten eher verurteilt, als dass anerkannt wird, dass die Betroffenen selbst in der Lage sind, solche Ausnahmesituationen zu regulieren. Ganz ohne Medikamente oder Hilfe von außen (die sie in Kindertagen mit Sicherheit auch nicht bekommen haben).

„Gefühle-Nicht-Fühlen-Wollen“ im Alltag

Die meisten werden im Laufe ihres Lebens irgendwelche Strategien entwickelt haben, um Gefühlen aus dem Weg zu gehen oder wenn sie dann da sind, sie zu ignorieren. Ganz vorne mit dabei sind Scrollen durch Social Media, Fernsehschauen, Alkohol oder anderer Drogenkonsum, essen, sich mit Freunden treffen, Shoppen, Videospiele und, und, und. Unsere Welt ist voll von Möglichkeiten nicht fühlen zu müssen. Menschen scheinen Meister darin zu sein, Dinge zu erfinden, um nicht fühlen zu müssen und diese dann bis zum Exzess zu verwenden. Meistens total unbewusst darüber, dass es dabei darum geht, dass sie nicht fühlen wollen.

Die richtige Richtung

Gibt es einen Ausweg?

Jede Menge Bewusstsein ist notwendig, um sich selbst einzugestehen, dass man nicht fühlen will. Diese Erkenntnis ist der erste Schritt, um etwas zu ändern. Denn in dem Moment, in dem man seine Gefühle annehmen kann, hört der innere Kampf auf und man ist nicht mehr auf Ablenkungen angewiesen. Dann kann man sein Leben selbst in die Hand nehmen, ganz ohne Social Media und Co. Ganz ohne Energieverschwendung.

Nimm dein Leben wieder selbst in die Hand

Was ist Diskriminierung?

Was ist Diskriminierung?

Was ist Diskriminierung?

Eine erweiterte Perspektive zum Gefühl der Diskriminierung

Schon mal über die Bedeutung von Diskriminierung nachgedacht? Ist es tatsächlich eine reine Benachteiligung von anderen oder fängt Diskriminierung schon früher an, nämlich in der Trennung von Menschen, die anders erscheinen? Menschen denken gerne in Normen und all diejenigen, die nicht dieser Norm entsprechen, werden diskriminiert, so fühle ich das.

Schwarz/Weiß-Denken ist typisch für Diskriminierung

Inhaltsverzeichnis über Diskriminierung

Die Stigmatisierung „Schwerbehinderung“

Mit all meinen Emotionen, Traumata und psychischen und physischen Auffälligkeiten habe ich einen Grad der Behinderung von 50% vom Versorgungsamt zugesprochen bekommen. Unbegrenzt, also für immer! 🥳 Ich besitze sogar einen Behindertenausweis. Ein kleines, grünes Plastikding, was eher aussieht, als hätte ich es selbst gefälscht, als dass mir das eine offizielle Behörde ausgestellt hätte.

In Deutschland gilt man ab einem Behinderungsgrad von 50% als schwerbehindert. Hab ich ein Glück! 👍🏼 Zu allererst habe ich nachgeschaut, ob ich damit auf Behindertenparkplätzen in der Stadt oder auf Supermarktparkplätzen parken darf… Nein! Nur wenn ich blind bin (dann fahre ich hoffentlich kein Auto) oder mit einer Form der Gehbehinderung. Äh, jaaaa, das mit dem Parkplatz ist also raus. 😩

Warum sollte ich mich dann stigmatisieren lassen?

Welche Vorteile hab ich denn stattdessen mit einem Behinderungsgrad? Wenn mich die Bürokratie schon so stigmatisiert, muss es mir doch irgendwelche Vorteile bringen? Wenn zukünftige Arbeitgeber in meiner Bewerbung lesen, dass ich eine Schwerbehinderung habe, sehen die doch mit Sicherheit einen geistig und körperlich schwer malträtierten Menschen in einem Ganzkörperrollstuhl… Irgendwie sehe ich mich nicht so. Aber gut, wir wissen ja, dass oft das eigene Selbstbild gehörig von der Außenwirkung abweichen kann. Zumindest habe ich keinen Ganzkörperrollstuhl, da weicht nicht so viel ab. 🧐

Die Vorteile einer Schwerbehinderung

Also, die Vorteile einer Schwerbehinderung. Ich habe 5 Tage mehr Urlaub im Jahr. Joa, das ist doch was. In meinen bisherigen Anstellungen hatte ich zwar immer mehr als den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch, da hätte mir das nicht viel gebracht, aber man weiß ja nie, wo man in der Zukunft noch landet. 5 Tage haben oder nicht haben 🤷🏻‍♀️

Schwerbehinderte haben einen besonderen Kündigungsschutz. Hört sich erstmal bombe an ✌🏻. Mich wird man so schnell nicht wieder los, das sollte mir natürlich Sicherheit vermitteln. Aber auf den zweiten Blick entpuppt sich das dann eher als hinderlich, wenn man gerade eine Anstellung sucht. Denn jemand wie ich ist nicht so gern gesehen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Gerade weil man mich nicht wieder so schnell los wird. In Zeiten von Corona, Rezessionen und Kriegen (und seien wir ehrlich, davor auch schon), binden sich Arbeitgeber nicht allzu gerne an jemand chronisch Kranken. Vor allem, weil ich nicht in einem Ganzkörperrollstuhl sitze. Worum ich dankbar bin! Aber mit einer sichtbaren Behinderung kann es auch vorteilhaft sein:

A) Man sieht mir meine Behinderung nicht an, aber wenn ich offen damit umgehe (was ich tue), dann fragen sich die Einsteller (Chefs, Personaler usw.) zu Recht, was ich alles an behindertem Gepäck mitbringe, was meine Arbeitsleistung einschränkt. In deren Vorstellung bin ich mit ziemlicher Sicherheit ständig krank geschrieben.
B) Mit jemandem im Rollstuhl könnte das Unternehmen wenigstens der Außenwelt suggerieren, wie total sozial das Unternehmen eingestellt ist, sie geben sogar Behinderten eine Chance! „Niemand wird bei uns ausgeschlossen!“. Ist das nicht herzallerliebst? Bestimmt werden Berichte in den sozialen Medien und in der hauseigenen Unternehmenszeitschrift veröffentlicht, wie es so ist als Behinderter in der Firma X.

Ist das schon Diskriminierung?

Hier kommt die Diskriminierung ins Spiel. Wir wissen schließlich alle, dass man nicht diskriminieren darf. Schon gar nicht in öffentlichen Bereichen. Alle sollen in unsere Gesellschaft integriert werden, ausnahmslos. Wenn man es anders empfindet, kann man sogar vor Gericht klagen.

Ab wann spricht man also von Diskriminierung? Was bedeutet das Wort Diskriminierung überhaupt? Was ist mit Diskriminierung gemeint? Die Wortbedeutung unterscheidet sich immer leicht, je nachdem, ob man die Antidiskriminierungsstelle des Bundes befragt oder Amnesty International. Was alle Definitionen gemeinsam haben ist die Aussage, dass bestimmte Menschen bzw. bestimmte Menschengruppen nachteilig behandelt werden aufgrund bestimmter Merkmale (Geschlecht, Hautfarbe, Behinderung, Religion usw.). Diese Menschen werden also so behandelt, dass es sich negativ auf diese Personen auswirkt.

Aber wenn man sich das Wort „Diskriminierung“ genauer anschaut, vor allem seine Herkunft aus dem Lateinischen „discriminare“ (trennen, abgrenzen, unterscheiden), dann erkennt man, dass es an sich ein wertneutrales Wort ist. D.h. es hat nichts mit „negativ“ oder „positiv“ zu tun, sondern es beschreibt neutral einen Zustand. Diskriminierung bezieht sich also nicht zwangsläufig auf eine nachteilige Behandlung, sondern auf eine Trennung, auf eine Unterscheidung, die getroffen wird… Jemand zu diskriminieren bedeutet also, sich selbst oder den Anderen abzugrenzen, ihn anders zu machen, nicht zur eigenen Gruppe gehörend. Es wird also unterschieden zwischen mir (dem Subjekt) und dem anderen (dem Objekt). Daraus wurde dann, dass das Subjekt das Objekt herabsetzt, nachteilig behandelt, daraus folgend die ungleiche Behandlung.

discriminare = trennen, unterscheiden, abgrenzen

Ich fühle mich in Bewerbungsprozessen ungleich behandelt. Ich werde anders behandelt aufgrund eines bestimmten Merkmals, des Merkmals der Schwerbehinderung. In der Politik oder Soziologie bedeutet das, dass ich keine Anstellung bekomme, weil ich schwerbehindert bin. D.h. Personaler, Chefs, usw. befürchten einen nicht-leistungsfähigen Menschen einzustellen, weswegen sie weniger Profit machen und „nur Scherereien“ haben.

Aber das meine ich nicht. Ich werde ungleich behandelt, weil explizit in Bewerbungsprofilen erwähnt wird, dass Schwerbehinderte bevorzugt behandelt werden. Auch das ist Diskriminierung. Ich möchte nicht wegen der Schwerbehinderung anders behandelt oder sogar eingestellt werden. Ich möchte behandelt werden WIE JEDER ODER JEDE ANDERE! Das wäre wertfrei, neutral. Es ist erst dann frei von Diskriminierung, wenn es KEINEN UNTERSCHIED MACHT, was ich habe, was ich bin oder woran ich glaube! Aber bei solchen Bewerberprofilen sieht man die diskriminierende Struktur und Denkweise dahinter (öffentliche Stellen sind dazu verpflichtet solche diskriminierenden Aussagen in ihr Bewerbungsprofil zu schreiben):

Bewerbungen von Frauen sind ausdrücklich erwünscht und werden nach Maßgabe des Landesgleichstellungsgesetzes bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Bewerbungen geeigneter Schwerbehinderter und Gleichgestellter im Sinne des § 2 Abs. 3 Teil 1 SGB IX sind ebenfalls erwünscht.“

Was sagt das aus?

„Wir treffen eine Unterscheidung zwischen männlich und weiblich und zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten“. Ganz offensichtlich ist der Vorzeige-Bewerber ein männlicher Nicht-Behinderter. In diesem Beispiel nicht erwähnt ist die Nationalität, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit. Dann wäre der Vorzeige-Bewerber ein weißer, männlicher, nicht-behinderter Christ.

Mensch, auch hier habe ich wieder Glück, wenn ich drüber nachdenke 🍀! Ich bin weiblich und schwerbehindert, wenn ich jetzt noch einer religiösen Minderheit angehörte und eine andere Hautfarbe hätte, müssten sie mich quasi einfach so einstellen, egal, welche Kenntnisse ich mitbringe. Ich war bei Bewerbungsgesprächen, da saß mir eine Gleichstellungsbeauftragte, eine Inklusionsbeauftragte, eine Antidiskriminierungsbeauftragte und eine Chancengleichheitsbeauftragte gegenüber (selbstverständlich ist hier mit der weiblichen Form auch jegliches andere Geschlecht gemeint). Das sind die Institutionen, die es ganz unbedingt richtig machen wollen. Stattdessen zieht sich in Wirklichkeit eine riesige Trennmauer durch die internen Hierarchien.

Auch das ist Diskriminierung!

Und auch das ist Diskriminierung, auch wenn ich diesen Text erfrischend fand:

„Wir fordern insbesondere Männer auf, sich zu bewerben. Sie werden aufgrund ihrer Unterrepräsentanz bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig berücksichtigt.“.

Tja, da hätte ich nur schlechte Chancen, auf sowas bewerbe ich mich erst gar nicht. Ich kann leider mein Geschlecht nicht auf die Schnelle ändern. Am Ende ist auch das eine Trennung, eine Diskriminierung in der ursprünglichen Wortbedeutung.

DAS ist für mich Diskriminierung. Wenn man in mir die Schwerbehinderte sieht, die es zu retten gilt.

Oder noch schlimmer: Weil man seine Behindertenquote erfüllen muss. Vorstellungsgespräch bei einem Polizeipräsidium irgendwo in Deutschland: Ausdrücklich wurde eine Bewerberin/ein Bewerber mit Schwerbehinderung gesucht. Quotenerfüllung!

Das Leben ist bunt in all seinen Facetten: Auch wenn die Gesellschaft mir dafür einen Stempel aufdrücken mag

Ich war bei Vorstellungsgesprächen, die schienen nur für mich abgehalten worden zu sein. Kein anderer Bewerber war vorher oder hinterher da, man ließ mich 1 1/2 Stunden erzählen ohne irgendeinen zeitlichen Druck. Oder ich habe mich im Datum vertan, kam einen Tag zu spät zum Vorstellungsgespräch 🤦🏽‍♀️, aber sie nahmen sich trotzdem die Zeit, dann eben spontan. DAS ist Diskriminierung. Weil sie mich nämlich trotzdem nicht einstellen. Natürlich sagt niemand, dass es an der Schwerbehinderung liegt. Es gibt einfach besser geeignete Bewerber (oder Bewerberinnen). Ich muss zu einem Vorstellungsgespräch antanzen, nur weil sie ihre gesetzliche Verpflichtungen erfüllen wollen, nicht, weil sie Interesse an mir haben.

DAS ist Diskriminierung!

Ein Aufruf an alle Personaler

ICH MÖCHTE NICHT EINGESTELLT WERDEN, WEIL ICH WEIBLICH UND SCHWERBEHINDERT BIN! Ich möchte eingestellt werden, weil ich ICH BIN! Weil ich ins Team passe, ich Ihnen sympathisch bin und Sie das Gefühl haben, dass das mit uns passt.

Ist das zu viel verlangt? Schlimm genug, dass ich diesen kleinen grünen, nach Fälschung aussehenden, Behindertenausweis mit mir rumtrage, aber glaubt ihr echt, es wäre fair, wenn ihr Schwerbehinderte extra behandelt???

Kommt raus aus eurer diskriminierenden Trennung und ins 21. Jahrhundert!

Ich bin nicht anders! Ich habe meine Stärken und Schwächen, wie jeder andere Mensch auf diesem Planeten.

So wie jemand, der nicht gut in Sprachen ist und niemals Dolmetscher werden kann, auch nicht als behindert gilt. Er hat seine (oder ihre) Stärken in anderen Bereichen. Und genau so ist es auch bei mir!