Wie sich Hass entwickelt

Wie sich Hass entwickelt

Wie sich Hass entwickelt

Wie entwickelt sich das Gefühl von Hass? Ist es auf einmal da und möchte raus oder sind es vielleicht eher viele kleine Wutmomente, die irgendwann zum Ausbruch kommen? Letzte Nacht konnte ich das Gefühl des Hass deutlich in meinem Körper spüren und konnte beobachten, wie es sich in meinem Organismus ausbreitet. Dieser Hass ist diskriminierend, er will physisch ausgelebt werden und er ist extrem laut.

Hass entwickelt sich schleichend

Inhaltsverzeichnis über „Wie sich Hass entwickelt“

Die letzte Nacht

Das Geräusch von Schritten dringt langsam in mein Bewusstsein. Sie stampfen durch’s Haus. Ein Rollladen wird bewegt. Dann unterhalten sich Menschen.

„Meine Nachbarn sind heute aber früh wach!“, schießt mir durch meine noch schlaftrunkenen Gedanken. Ich taste nach meinem Handy, um nach der Uhrzeit zu schauen. 3:47 Uhr...

DAS IST NICHT IHR ERNST!!!

Wut kriecht in mir hoch. Wieder die Schritte. Gestern Nacht war es bereits dasselbe. Ich habe es satt, immer Ohrstöpsel benutzen zu müssen. Ich wollte meine Ohrstöpselzeit hinter mir lassen. Aber hier geht es gerade weiter.

Ich wälze mich auf meine linke Seite, während mein System in Hab-Acht-Stellung ist. Das passiert immer bei solchen stampfenden Schritten. Mein Nervensystem wurde seit Säuglingsalter darauf konditioniert, diese Schritte zu fürchten. Deswegen wecken sie mich auch mitten in der Nacht. In meiner Kindheit war es lebensnotwendig zu wissen, wo sich die Schritte gerade aufhalten und wo sie sich hinbewegen. Ich brauche dann Stunden bis mein System wieder soweit heruntergefahren ist, dass ich einschlafen kann.

Ich spüre körperlich, wo der Hass sitzt

Auf meinem Brustbein spüre ich einen heißen Druck, der sich immer mehr verdichtet.

HASS!

Ich weiß nicht, woher ich das weiß, aber ich weiß, dass es der pure Hass ist. Hass auf meine Nachbarn, dass sie so sind wie sie sind. Hass darauf, dass sie ohne Bewusstsein durch ihr Leben stampfen, ohne Rücksicht auf andere. Hass darauf, dass sie auf ihrem beschissenen Balkon rauchen und der Rauch zu mir in die Wohnung zieht. Hass darauf, dass sie sich beim Sex immer gleich anhört.

Der hasserfüllte Druck in mir breitet sich weiter aus, er sucht sich seinen Weg durch meine Kehle über meinen Mund und möchte rausgelassen werden.

Ich spüre den Drang gegen die Wand zu treten und zu brüllen: „HALTET EURE VERDAMMTE FRESSE!„.

Hass und die Gedanken

Während ich mich von einer Seite auf die andere drehe in der Hoffnung, doch möglichst bald einzuschlafen, beobachte ich wie sich der Hass weiter ausbreitet.

Er übernimmt meine Gedanken. Ich denke darüber nach, was ich ihnen alles zubrüllen könnte und darüber, was sie mir alles antun.

Sie dringen ungebeten in mein Leben und ICH bin diejenige, die sich selbst einschränken muss, damit sie ihr beschissenes unbewusstes Leben leben können. ICH muss meine Balkontür zumachen, damit sie rauchen können. ICH muss Ohrstöpsel tragen, damit ich wenigstens noch ein bisschen Schlaf bekomme. Nur damit SIE all den Scheiß tun können, der sie und die Gesellschaft nur weiter krank macht.

Am liebsten würde ich aus der Haut fahren. Dieses Gefühl ist so unangenehm und es möchte unbedingt nach draußen. Es möchte ausgelebt werden.

Auf einmal verstehe ich die vielen Menschen da draußen, die mit Hass durch ihr Leben laufen.

Wie entwickelt sich Hass?

Hass ist nicht auf einmal da. Hass setzt sich aus vielen kleinen Wutmomenten zusammen, die zusammengenommen eine explosive Wirkung haben. Schritt für Schritt kommen mehr Sachen hinzu. Und so baut sich der Hass weiter auf, fängt an zu schwelen, glimmt in einem bis ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt und der Vulkan aus Wut und Hass und Abhängigkeit und Eingeschränktheit explodiert.

Ich kenne meine Nachbarn nicht persönlich. Ich kenne nur ihre Geräusche. Es fing an mit ihrem Husten. Ständig waren sie am Husten und wenn sie niest, macht sie dieses bescheuerte Geräusch dabei, voll künstlich! Dann ging es weiter mit dem Rauchen auf dem Balkon. Dann waren Freunde bis mitten in der Nacht zu Besuch. Dann ihre echt nervenden Schritte.

Und so kam immer mehr hinzu, bis sich dieser Hassball auf meinem Brustbein so verdichtet hatte, dass ich daran zu ersticken schien, wenn ich ihm nicht Luft geben würde.

Perspektivwechsel

Ich weiß, dass ich anders darüber empfinden würde, wenn ich sie kenne. Dann wären sie für mich Menschen, die eben das tun, was Menschen tun. Aber der Hass in mir verhindert, dass ich sie kennen lerne. Ich MÖCHTE sie gar nicht kennenlernen. Mit so jemandem möchte ich nichts zu tun haben! DIE sind doch alle gleich!

Ich stelle mir vor, wie es wäre Inder als Nachbarn zu haben und ständig röche das ganze Haus nach diesen kräftigen indischen Gewürzen. Oder es wäre eine russische Großfamilie, die sich immer extrem laut und aggressiv unterhält. Und schon sind wir bei Diskriminierung angelangt. Man wird immer wütender darüber, dass jemand anderes in den eigenen Bereich eindringt. Und wenn es dann noch „offensichtliche“ Gründe gibt, warum man DIE jetzt überhaupt nicht leiden kann, ist der diskriminierende Hass geboren.

Ein Leben in Hass

Wie schrecklich es sein muss, sein ganzes Leben mit diesem Hass zu leben. Und dieser Hass kommt bei jedem Überschreiten der eigenen Grenzen zum Vorschein.

Er ist eng. Er erstickt einen.

Hass führt zu Konflikten bis hin zu Krieg.

Kann man Hass, wenn er sich entwickelt, aufhalten?

Was tun gegen diesen Hass? Wie soll man sich verhalten? Soll ich gegen die Wand treten und sie anbrüllen? Soll ich ein klärendes Gespräch mit meinen Nachbarn suchen? Was würde ich sagen?

„Also, eure Schritte machen mich echt wahnsinnig, bitte lauft achtsamer!“ Das ist bescheuert.

Nimm die Menschen, wie wie sind. Andere gibt es nicht.

Diese Menschen sind so wie sie sind. Mein Druck würde nur zu Gegendruck führen und am Ende gäbe es einen Jahrzehnte andauernden Nachbarschaftskrieg.

Im Krieg gibt es nur Verlierer.

Das sagen mir meine rationalen Gedanken.

Aber was ist mit meinem Gefühl? Der Hass wird dadurch nicht weniger. Er schwelt weiter in mir bis die nächste Situation das Hassfeuer in mir wieder entfacht.

Was tun?

Immer wieder bei mir ankommen. Meine Aufmerksamkeit vom Außen weglenken und in mich hinein. Die emotionalen Fühler, die ich immer und überall aktiv am Laufen habe, einziehen und stilllegen.

Und vor allem: Mich von dem Gefühl der Abhängigkeit und des Ausgeliefertseins lösen und meine Selbstwirksamkeit spüren. Ich lebe mein Leben weiter ungeachtet von Dingen im Außen!

 

Ich werde weiter beobachten und mich daran erinnern,

dass ich nicht der Hass bin.

Nachtrag selber Tag abends

Meine früheren Nachbarn hätten darüber gelacht, wenn ich nachts an ihre Wand getreten und gebrüllt hätte. Nett hätten sie gelacht. Mitfühlend hätten sie gelacht. Und das hätte die ganze Situation entschärft.

Aber ich kannte sie und sie kannten mich und wir mochten uns, auch wenn wir aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten und Ländern kamen.

 

Aber wenn der Hass erstmal da ist, ist es schwierig mit ihm umzugehen, weil er alles blockiert, was seine Existenz gefährdet.

Wut muss jedoch nicht zu Hass werden.

Die vielen kleinen Wutmomente werden erst dann zu Hass, wenn es zu den Personen, die die Wut in mir auslösen, keine soziale Verbindung gibt.

Ich kenne meine aktuellen Nachbarn nicht. Wenn ich sie kennen würde, und vielleicht sogar nett fände, würde ich mich trotzdem über ihr Verhalten ärgern, aber daraus würde kein Hass entstehen, weil ich mehr Verständnis hätte. Vielleicht würde ich dann sogar gezielt auf meinen Balkon gehen, wenn sie rauchen, um mich mit ihnen zu unterhalten.

Das „positive“ Gefühl der Unterhaltung würde dann mein empfundenes Ärgernis überdecken, dass meine Wohnung nach Rauch riecht.

Und wenn wir uns richtig gut verstünden, könnte ich dann vielleicht tatsächlich an die Wand treten und „RUHE!“ brüllen und sie wüssten, dass ich keine nörgelnde Tussi bin, die ihnen jeden Spaß verdirbt und gegen die sie sich zur Wehr setzen müssen.

Sie wüssten, dass ich einfach

ein anderer Mensch bin, der auch nur versucht sein Leben zu leben.

Wenn. Hass sich entwickelt, kann man nur Frieden in seine Gedanken birngen
Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Den Tod selbst wählen – Suizid begehen. Das ist doch krank, nicht wahr? Aber wer hat das Recht darüber zu entscheiden? Ist es „besser“ einfach auf das Ende, auf den eigenen Tod, zu warten, egal wie lange das noch dauern mag? Oder nimmt man es lieber selbst in die Hand? Angst und Erleichterung sind die zwei Pole, zwischen denen sich die Beschäftigung mit dem eigenen Tod bewegt.

Suizid oder auf den Tod warten?

Inhaltsverzeichnis über Suizid und den Tod

Der Tod kann auch Erleichterung hervorrufen

Irgendwann ist alles zu Ende. Das kann Angst machen. Oder Erleichterung hervorrufen. Erleichterung darüber, dass die kranke Beziehung endlich ein Ende hat. Erleichterung, dass die Krankheit, das Leid und die Schmerzen irgendwann ein Ende haben. Erleichterung, dass dieses Leben irgendwann ein Ende hat.

Dann hat man es geschafft! Dann hat man all das ertragen und dann ist es zu Ende und man muss nicht weitermachen.

Wer empfindet Unbehagen das zu lesen? Für viele Menschen ruft der Tod und das Ende Unwohlsein hervor, als ob man den Tod mit den eigenen Gedanken herbeirufen würde. Ist das eine religiöse Angst? Oder kulturell? Wohl kaum evolutionär.

Kann man mit seinen Gedanken den Tod herbeirufen?

Es gibt Momente in meinem Leben, da finde ich den Gedanken, nicht weitermachen zu müssen, als unglaublich erleichternd und befreiend! Oft habe ich das Gefühl einfach nur auf das Ende von all dem zu warten.

Ich sitze hier in meiner kleinen, oft engen, Gedankenwelt, in einem Körper, der mehr schmerzt und Unwohlsein hervorruft, als dass er sich vital anfühlt und warte einfach auf das Ende. Und das wird unweigerlich kommen. Wie alles endet. Wie die duftenden Blumen verwelken, die Bäume ihre Blätter abwerfen, die Regenwolken sich auflösen, so geht auch das menschliche Leben zu Ende.

Der unerwünschte Suidzid

Suizid ist nicht erwünscht in unserer Gesellschaft.

Woher kommt diese extreme Ablehnung gegenüber Menschen, die sich selbst das Leben nehmen, die nicht auf ein Ende warten wollen? Ärzte wehren sich mit Händen und Füßen Menschen das Leben zu nehmen und sie dadurch in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen.

Dabei gehört der Tod genauso zum Leben wie das Leben selbst. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Genauso wenig wie ein Arzt das Recht hat einem Betroffenem das Leben gegen dessen Willen zu nehmen, so hat der Arzt auch kein Recht einem Betroffenen zu zwingen weiter zu leben, wenn dieser sich den Tod wünscht!

Menschen, die sich das Leben nehmen, gelten als egoistisch. Aber sind nicht die Angehörigen egoistisch, die sich das Weiterleben des Betroffenen wünschen, egal, wieviel Leid er oder sie zu ertragen hat? „Hauptsache, du bleibst physisch hier und wir müssen nicht trauern und uns nicht mit der Schuld auseinandersetzen, die dein selbstgewählter Tod in uns hervorruft.“. Wer hat mehr Recht? Kann man hierbei von Recht sprechen?

Hat man ein Recht den eigenen Tod selbst zu bestimmen?

Nur ICH spüre das, was ich tagtäglich spüre. Wie kann jemand im Außen, ob Arzt oder Angehöriger, darüber entscheiden, ob mein Leben lebenswert ist? Sollte diese Entscheidung nicht allein bei mir liegen, mit all den Stolpersteinen, Schuldzuweisungen und Hindernissen?

Was bleibt einem anderes übrig als einfach auf das Ende zu warten? Zu wissen, mit absoluter Sicherheit, dass es ein Ende haben wird.

Meine Oma ist froh, dass sie bereits 87 Jahre alt ist, weil sie jetzt nicht mehr so lange zu leben hat. Weil sie dann ihr Grübeln und ihre emotionalen Schmerzen hinter sich lassen kann. Dann hat sie dieses Leben geschafft, bis zum Ende hat sie durchgehalten. Und ich bin stolz auf sie. Weil sie viele Schmerzen ertragen musste. Ich kann ihre Erleichterung nachfühlen. Und genauso kann ich verstehen, wenn sie nicht mehr weitermachen wollte. Wenn sie sich für einen selbstgewählten Tod entscheiden würde. Niemals käme es mir in den Sinn ihr Vorwürfe zu machen!

Wieso muss man leben wollen?

Wieso müssen wir leben wollen? Nicht leben zu wollen gilt als pathologisch.

Wer hat anderen das Recht gegeben darüber zu urteilen?

Senioren sind selten ein Teil unserer Gesellschaft, aber wir erwarten von ihnen, trotzdem am Leben bleiben zu wollen. Eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder dazu erzieht, immer fleißig und funktional zu sein und sich dann wundert, wenn Mitglieder nicht mehr leben wollen, wenn sie diese Attribute nicht erfüllen. Wie viele chronisch Kranke erfüllen diese Attribute nicht und werden fleißig mit Antidepressiva therapiert, damit sie bloß nicht auf die Idee kommen, nicht mehr leben zu wollen?

Aber IHR habt sie doch ausgeschlossen! Wie könnt ihr dann erwarten, dass sie weiterhin lustig durch ihr leben tanzen? Weil ihr ihnen Bürgergeld und Rente zu sprecht? Wie großzügig von der Solidargemeinschaft, sich um Kranke und Alte zu „kümmern„, mit einem Minimum an finanziellen und mit Wenig-Bis-Gar-Nichts an sozialen Mitteln.

Aber eigentlich empfindet ihr sie als Belastung. Das sagt natürlich keiner. Sonst würde noch das böse „D“- Wort fallen: Diskriminierung.

Auf ein Ende zu warten kann sehr zermürbend sein. Niemand sollte das müssen.

Das Leben nehmen
Wie es kommt

Suizid birgt das Gefühl der Freiheit in sich
Der Kampf gegen alte, weißhäutige Männer

Der Kampf gegen alte, weißhäutige Männer

Der Kampf gegen alte, weißhäutige Männer

Es scheinen immer alte, weißhäutige Männer zu sein, die glauben, einem erzählen zu können, wie das Leben zu laufen hat. Die einem erzählen, dass nur SIE Lösungen für Probleme kennen. Vielleicht entsteht dieses Gefühl auch nur in den zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen einer jungen Frau mit einem alten besserwisserischen Mann, der einer anderen Generation angehört. Wir leben im Informationszeitalter, das ich voll ausschöpfe. Ich brauche keine alten, weißhäutigen Männer mehr für mein Überleben.

Kampf gegen alte, weißhäutige Männer

Die Begegnung

Ich schaue meinen Vermieter an. Da sitzt er in seinem fetten neuen BMW SUV, mit einem X auf dem Nummernschild. Das X hat er nur bei seinen BMW-Wagen, wie er mir großspurig erklärt. Bei seinen Mercedes‘ sind seine Initialen auf den Nummernschildern.

Ich lache einen Tick zu laut. Solche Menschen scheint es tatsächlich auf diesem Planeten zu geben. Ich hatte die Hoffnung, die gäbe es nur im Fernsehen.

In meiner Welt spielen weder BMWs noch Mercedes‘ eine Rolle, schon gar nicht, welche Buchstaben auf den Nummernschildern stehen. In meiner Welt geht es darum, dass die Balkontür meiner Wohnung nicht richtig schließt und die 2°C kalte Märzluft sich mit der nicht wirklich warmen Heizungsluft vermischt. Meine Füße wissen schon gar nicht mehr was Wärme bedeutet.

Haben Bürgergeldempfänger*innen Anrecht auf Menschlichkeit?

Aber als Bürgergeldempfängerin scheine ich kein generelles Anrecht auf Menschlichkeit zu haben. Der Vermieter hat doch seinen kleinen Fuhrpark. Ist nicht sein Problem, dass die Fenster und Türen der Wohnung nicht richtig schließen. Er bekommt sein Geld.

Die erste Hilfe, die es verschlimmbessert

Zufällig ist der Sohn des Vermieters mein direkter Nachbar, der vor mir in dieser Wohnung gewohnt hat. Er kam sogar noch am selben Tag rüber und hat sich die Balkontür angeschaut. „Verziehen kann sich so ne Tür nicht!“, hat er mir fachmännisch weiß gemacht. Als ob dieser kleine Zwanzigjährige mehr Ahnung hat als ich.

Die Besserwisserei in dieser Familie fängt langsam an mich zu nerven.

Seine Lösung war die Dichtungsstreifen, die er selbst mal an den Türrahmen geklebt hat, abzureißen. Danach konnte ich den Himmel durch die geschlossene Balkontür sehen. Ich solle seinen Vater fragen, war sein Rat. Und bis dahin müsse ich halt die Tür nur richtig fest zu ziehen.

Mehr Tat, mehr Rat?

Auch sein Vater kam relativ schnell vorbei, um seinen fachmännischen Rat beizusteuern. Bis dahin hatte ich das Loch mit Tempotaschentücher zugestopft.

Nachdem er für ein paar Minuten die Tür auf und wieder zu gemacht hat, und nicht leugnen konnte, dass sie nicht richtig schließt, kam er zu der Analyse, dass man sie justieren müsse (um ehrlich zu sein war es meine Analyse, die ich ihm in den Mund gelegt hatte, nachdem er rein gar nichts dazu zu sagen hatte). Da müsse man mal im Internet schauen. Ich müsse die Tür halt nur mit Kraft zu drücken, dann wäre der Spalt nicht ganz so groß.

Ich selbst bin die Lösung

ICH habe im Internet geschaut. Um den Flügelandruck zu erhöhen, habe ICH den Bolzen bewegt. Mit einer beschissenen Mini-Zange vom IKEA habe ich mir fast den Arm ausgekugelt, um den Bolzen so zu drehen, so dass sich die Tür wieder schließen lässt. Und das große Himmelsloch ist verschwunden. Es zieht immer noch kalt rein. Aber zumindest ist eine direkte Luftzufuhr unterbrochen.

Am nächsten Tag habe ich dem Vermieter mitgeteilt, dass ich den Bolzen ein Stück bewegen konnte, aber es trotzdem noch notwendig sei, die Tür richtig zu justieren. Seitdem hat er sich nicht mehr bei mir gemeldet.

Bis ich ihn heute im Feld in seinem BMW mit dem X auf dem Nummernschild wiedertreffe. Tatsächlich kam er ganz von allein auf das Thema Balkontür zu sprechen. Mit einem einzigen Satz: „Du hast den Bolzen verdreht? Das solltest du eigentlich nicht machen, dann lässt sich die Tür nicht mehr richtig schließen.“

Ich spüre, wie er die Oberhand behalten möchte. Ich spüre wie er versucht mir einzureden, dass ich es nicht richtig gemacht habe.

Und ich sag dir was: ICH habe es richtig gemacht! Im Gegensatz zu DIR habe ich mehr Ahnung! Du alter, weißhäutiger Mann brauchst dir nichts auf dein Wissen einzubilden. Die Jungen brauchen dich nicht mehr. Weil du in Wirklichkeit gar nichts weiß. Und du wirst auch nicht mehr wissen, nur weil du andere schlecht machst!

Trotz meiner Schmerzen und Kraftlosigkeit habe ICH das Problem gelöst. Ein Problem, auf das du gar keinen Bock hattest. Weil dich interessiert nur das Geld, was rein kommt und deinen Fuhrpark finanziert, nicht wahr? Dass ich frierend in meinem Wohnzimmer sitze, ist nicht dein Problem, nicht wahr?

Ich habe es satt, dass ihr alten weißen Knacker immer glaubt alles besser zu wissen.

Dank des Internets sind diese Zeiten vorbei! Ihr könnt mir nichts mehr vormachen.

Feldgespräche ohne einen Kampf

Und während ich in meinen Laufsachen im Feld stehe und diesen alten, weißhäutigen Mann, der es gerne besser weiß, anlächle, antworte ich ganz freundlich: „Ich habe den Bolzen in die richtige Position gedreht und seitdem zieht sich die Tür besser an den Rahmen.“.

Deine Zeiten sind vorbei, alter Mann. Die Zeiten, in denen Männern glaubten es besser zu wissen. Die Zeiten, in denen überhaupt irgendwer glaubte, es besser zu wissen.

Ich brauche euch nicht. Und eure Besserwisserei schon gar nicht.

Und schon gar nicht brauche ich einen Kampf gegen alte, weißhäutige Männer.

Werde Expertin im Gefühle fühlen lernen
Das Minenfeld der unangenehmen Gefühle

Das Minenfeld der unangenehmen Gefühle

Das Minenfeld der unangenehmen Gefühle

Das Bild eines Minenfeld der unangenehmen Gefühle steht stellvertretend für das, was ich erlebe, wenn ich aus dem System der Diagnosen und Medikamente aussteige. Diese Welt des Scheins ist umgeben von unzähligen Minen. Und ich arbeite mir einen Weg hindurch, Schritt für Schritt. Weil ich tief in mir weiß, dass es etwas hinter diesem Minenfeld gibt. Etwas weitaus Größeres, als mein Verstand es sich vorstellen kann.

Unangenehme Gefühle verbergen sich im Minenfeld

Inhaltsverzeichnis über das Minenfeld der unangenehmen Gefühle

Die Welt, wie ich sie bis dahin kannte

Meine Welt ist von einem Minenfeld aus unangenehmen Gefühlen umgeben.

Egal, in welche Richtung ich laufe, irgendwann hört die Welt, wie ich sie kenne, auf und das Minenfeld beginnt.

Wenn ich die Grenze zu diesem Feld überschreite, treten Symptome in mein Leben, physischer und/oder psychischer Natur, die mich quälen.

Immer wieder stoße ich gegen diese unsichtbare Grenze und werde mit meinen tiefsten Ängsten aus Schmerz und Unwohlsein konfrontiert.

Ich schrecke jedes Mal davor zurück.

In diesem Minenfeld scheint meine persönliche Hölle auf mich zu warten.

Ich habe es mit Medikamenten versucht, bin brav von Arzt zu Arzt, von Klinik zu Klinik gezogen, aber nichts hat dauerhaft das Minenfeld verschwinden lassen. Die Pillen haben mir nur die Sicht darauf vernebelt, aber es war immer da.

Egal, wohin ich wandere, irgendwann stoße ich auf das Minenfeld. Die Symptome unterscheiden sich, je nach Lage des Feldes, aber im Grunde bleibt das Unangenehme gleich, in Form von Krankheit, Verlust, Ängsten, Traurigkeit.

Es ist schwierig bei den unterschiedlichen Symptomen einen roten Faden zu entdecken, und zu erkennen, dass all diese Erscheinungen im Grunde dasselbe sind: Ein Ruf von jenseits des Minenfeldes. Eine Einladung, verpackt in hässlichem Geschenkpapier, an dem ich mich schneide, sobald ich versuche es zu öffnen.

Mein Weg durch das Minenfeld

Ich stehe am Rande des Feldes und spüre seine Anziehungskraft. Weder kann ich sehen wie weit das Feld reicht, noch was dahinter liegt. Ich gehe einen Schritt in das Feld hinein …

Kawumm, die erste Mine geht hoch, reißt mich in tausend Stücke, lässt kein Atom meines physischen Körpers an seinem Platz. Schmerzen und Verzweiflung treten aus den entstandenen Wunden aus. Und ANGST. Jede Menge ANGST. Wo kommt die ganze Angst nur her? Seit Jahrzehnten in meinem Körper eingeschlossen bahnt sie sich jetzt ihren Weg in mein Bewusstsein.

Die Ärzte nennen es Depression und Angststörung. Verordnen Medikamente und Klinikaufenthalte. Aber das Minenfeld und die Wunden bleiben. Irgendetwas zieht mich immer wieder zu dem Minenfeld.

Ich hasse es … und gleichzeitig kann ich mich der Anziehungskraft des Minenfelds nicht erwehren.

Kawumm, die nächste Mine geht hoch, Multiple Sklerose, Kawumm, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Kawumm, Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung. Inzwischen bin ich mitten im Minenfeld und es gibt kein Zurück mehr.

Irgendetwas ist dort in der Ferne. Wie eine Fata Morgana entzieht es sich meiner Aufmerksamkeit sobald ich näherkomme, aber ich weiß, dass dort etwas existiert jenseits meiner Vorstellungskraft.

Manchmal kann ich hinter die Minen schauen, wie ein Gravitationslinseneffekt biegt sich das Licht und zeigt mir eine Welt ohne Angst, ohne Leid und ohne Schmerz. Es gibt kein Zurück mehr.

Wenn die unangenehmen Gefühle zu schlimm werden

Gelegentlich, wenn alles zu schlimm wird und ich glaube, es nicht weiter ertragen zu können, hole ich eine der Pillen von damals heraus. Aber diese haben ihre Anziehungskraft auf mich verloren. Dort, wo sie herkommen, gibt es nichts mehr für mich.

Ich schaue nach vorne und sehe ein unendlich scheinendes Feld vor mir liegen. Ich bin ganz allein. Allein wandere ich durch dieses Minenfeld. Es ist MEIN Minenfeld, kein anderer kann es für mich oder mit mir durchqueren.

Manchmal treffe ich andere Personen, weiß aber, dass sie auf einem anderen Pfad als ich unterwegs sind. Manche grüßen freundlich, andere sind mürrisch.

Ich laufe weiter, ohne zu wissen, wo mein Weg mich hinführt oder wo die nächste Mine auf mich wartet. Und die Mine wird kommen. Sie sind gut versteckt und treffen mich oft unvorbereitet, obwohl ich längst wissen sollte, dass sie irgendwo im Boden schlummern. Dann breche ich für einen Moment zusammen, alle Kraft weicht aus meinem Körper und ich kann keinen Schritt mehr vor den anderen setzen. Wenn mich die Detonationswelle durchlaufen hat, rappel ich mich wieder auf und gehe weiter.

Einem unbekannten Ziel entgegen, ohne eine Karte.

Hinter dem Minenfeld der unangenehmen Gefühle liegt ein großes Ziel
Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Wie würde ein Brief an die eigenen Eltern aussehen, wenn man eine traumatische Kindheit hatte? Was würde die Erwachsene in mir gerne ihren Eltern sagen, nachdem sie sich durch Jahre der Traumaarbeit hat kämpfen müssen, ausgelöst durch den Umgang von überforderten Erwachsenen mit ihrem sensitiven Kind? Nichts davon könnte ich ihnen ins Gesicht sagen. Ich habe gelernt zu schweigen und alles hinunter zu schlucken….bis ich fast daran erstickt wäre…

Verarbeitung von Emotionen

Liebe Mama, lieber Papa!

Mit Sicherheit war ich kein einfaches Kind. Ich war laut und energetisch, emotional und chaotisch, trotzig und erfinderisch, wütend und lachend.

Ich war einfach Ich.

Ihr habt mich als anders wahrgenommen. Und ihr habt gegen mich und meine Andersartigkeit gekämpft. Durchgehend habt ihr versucht mich in eure Box zu quetschen, aber da habe ich nie hineingehört.

Ihr habt mich gelehrt, dass das Leben Kampf bedeutet. Und Angst. Die Erde ist ein gefährlicher Ort, vor dem man sich schützen muss. Und man ist nur willkommen, wenn man sich in die Box begibt, wenn man sich anpasst.

Anpassung ist wichtig.

Ihr habt mich gelehrt, was ihr von euren Eltern gelernt habt. Zeig bloß nicht dein wahres Ich, verstelle dich, passe dich an. Du wirst es bereuen, wenn du dich nicht so verhältst, wie wir das wollen. Niemand wird dich so lieben, wie du bist. Niemand kann dich so lieben, wie du bist.

Und ich habe versucht mich anzupassen. Habe das gemacht, was von mir erwartet wurde. Habe eine Ausbildung gemacht, war im Ausland, Studium.

Aber dabei sind Teile von mir abgestorben. Teile, vor denen ich jetzt Angst habe, weil sie anders und anscheinend nicht liebenswert sind. Teile, von denen ich nicht mal wusste, dass sie zu mir gehören, weil ich sie vor lauter Angst abgespalten hatte.

Ich weiß, dass ihr das gemacht habt, was ihr von euren Eltern gelernt habt.

Und eure Eltern haben dasselbe von ihren Eltern gelernt. So wird es von einer Generation an die nächste weitergegeben.

Jetzt zeige ich mit dem Finger auf euch und klage euch an. Klage euch an, weil ihr selbst solche Angst vor euren eigenen nicht-liebenswerten Anteilen in euch habt, dass ihr nicht sehen konntet, welche Konsequenzen euer Verhalten hat. Wahrscheinlich wolltet ihr auch nicht sehen, welche Konsequenzen euer Verhalten auf ein abhängiges Lebewesen hat.

Ihr könnt nicht aus eurer Haut, seid gefangen in eurer eigenen Box, in die ihr als Kleinkinder gesteckt wurdet. Diese Box gibt euch Sicherheit, egal, wie eng es darin auch sein mag.

Wir alle leben in unserer eigenen Box, in unserer eigenen Büchse der Pandora. Und wir alle haben Angst vor der Büchse und können nicht erkennen, dass wir tatsächlich in der Büchse leben. Und um da raus zu kommen, muss man die Büchse öffnen und all die unangenehmen Anteile müssen angeschaut werden.

Wir können die Vergangenheit nicht ändern.

Die Vergangenheit war wie sie war und wir alle haben unsere Erfahrungen gemacht. Bis heute hallen die Erinnerungen an damals durch unsere Körper. Sie gehen nicht weg bis wir sie uns mutig angeschaut haben.

Ich lade euch heute ein, sie euch anzuschauen. Ihr müsst keine Angst davor haben. Seid mutig. Diese Anteile sind liebenswert und sie dürfen einen Platz in eurem Leben einnehmen.

Ihr habt Verhaltensweisen gezeigt, deren Konsequenzen bis heute reichen. Aber ihr habt jetzt die Wahl diese Verhaltensweisen zu betrachten und euch anders zu entscheiden. Ihr könnt euch jeden Moment eures Lebens anders entscheiden.

Jede neue Entscheidung birgt eine neue Zukunft mit anderen Konsequenzen.

Seid mutig! Trefft eine neue Wahl. Für uns alle und alle folgenden Generationen.

Kontakt mit sich selbst und mit anderen