Das Gefühl von Hunger und das Gefühl von Durst – Unerlässlich?

Das Gefühl von Hunger und das Gefühl von Durst – Unerlässlich?

Das Gefühl von Hunger und das Gefühl von Durst – Unerlässlich?

„Hunger“ und „Durst“ sind als essentielles Gefühl in unserem Körper, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass der Körper Nahrung und Flüssigkeit braucht, um physisch zu überleben. Aber ist das wirklich so? Worin liegt dann die Unterscheidung von einem Hungergefühl zu einem Durstgefühl und den tatsächlichen Bedürfnissen unseres Körpers? Besonders im Hinblick auf sogenannte „Essstörungen“ wäre es hilfreich diese Annahme zu hinterfragen und neue Ansätze zu finden.

Hunger- Durstgefühl

Inhaltsverzeichnis über das Gefühl von Hunger und das Gefühl von Durst

Gefühl „Durst“ vs. physische Empfindung

Heute Nacht erwachte ich mit einem trockenen Gefühl im Mund. Ich hatte Schwierigkeiten zu schlucken, weil man Hals total ausgetrocknet schien. Dabei empfand ich jedoch keinerlei Gefühl von Durst, während ich die Nächte davor mit einem totalen Durst aufgewacht bin ohne jedoch ein Trockenheitsgefühl im Mund zu verspüren.

Hä? Es sollte doch wohl klar sein, dass das Gefühl des Durstes das Signal meines Körpers ist zu sagen, dass ich etwas trinken soll, damit er die benötigte Flüssigkeit bekommt, die er zum Überleben braucht. Stattdessen wurde mir klar, dass das Gefühl „Durst“ nicht zwangsläufig etwas mit dem Bedürfnis meines Körpers nach Flüssigkeit zu tun haben muss.

Ist das verrückt? Vermutlich.

Ist das Gefühl des Durstes gleichbedeutend mit einem Mangel an Flüssigkeit in meinem Körper?

Gefühl „Hunger“ vs. physische Empfindung

Mit Hunger ist das ähnlich. Ich habe selten Hunger. Ich spüre, wenn mein Körper Energie braucht, er wird dann kraftlos, erschöpft, die Muskeln haben kaum noch Energie. Das ist mein Signal ihm Nahrung zuzuführen. Oder ich spüre, dass mein Magen leer ist. Aber das sind alles rein physische Empfindungen, kein Gefühl.

Das Gefühl „Hunger“ übersetze ich gerne mit dem Wort „Appetit“ . Es ist ein Gefühl, dass sagt: „Oh, ich habe jetzt Lust etwas zu essen und zwar genau das!“. Aber dieses Gefühl hat nicht unbedingt etwas zu tun mit der Notwendigkeit meinem Körper Essen zuzuführen.

Natürlich bedingen sie sich alle gegenseitig. Das physische Bedürfnis nach Flüssigkeit und Nahrung geht einher mit dem Gefühl „Durst“ oder „Hunger“, genauso wie das Gefühl „Durst“ oder „Hunger“ einher geht mit dem Bedürfnis nach Flüssigkeit und Nahrung. Als Menschen lernen wir früh, all diese Empfindungen in einen Topf zu werfen. Irgendwann sind wir nicht mehr in der Lage zu unterscheiden, ob das Signal auf rein physischer Ebene stattfindet oder ob dahinter das Gefühl von „Durst“ oder „Hunger“ steckt.

Diese Tatsache ist besonders für Menschen interessant, die das Gefühl haben, dass ihr Hunger unstillbar ist. Dabei sollte die Frage im Mittelpunkt stehen:

Woher kommt mein Gefühl des Hungers tatsächlich?

Ein Leben ohne das Gefühl „Hunger“

Das Gefühl „Hunger“ motiviert uns etwas zu essen. Im Gegensatz zu dem physischen Empfinden will dieses Gefühl gestillt werden. Ein unglaubliches Befriedigungsgefühl setzt ein, wenn man seinen Hunger stillt. Zu essen, wenn man hungrig ist, macht viel Spaß, es berauscht richtig. Gerade in der westlichen Zivilisation ist dieses Spaßgefühl ein wenig verloren gegangen, weil wir zu jeder Zeit auf jede Art von Nahrung zugreifen können. Trotzdem wird Essen als Belohnung eingesetzt: Wenn man eine schwierige Aufgabe erledigt hat, belohnt man sich hinterher mit etwas Essbarem. Oder wenn man traurig ist, gibt es „Soul-food“ , Essen, das die Seele streichelt.

Diese Form der Befriedigung ist jedoch kurzfristig. Bis „der nächste kleine Hunger“ kommt, der wieder befriedigt werden möchte. Und so weiter und so fort. Erinnert irgendwie an klassisches Suchtverhalten.

Studien zeigen, dass selbst Menschen, denen der Magen entfernt wurde, ein Hungergefühl haben. Schon allein das zeigt, dass das Gefühl „Hunger“ nicht zwangsläufig etwas mit dem Bedürfnis nach Nahrung zu tun hat.

Indigene Völker in Südamerika kauen Kokablätter, um das Hungergefühl zu unterdrücken. Dabei ist klar, dass es hierbei nicht darum geht, dem Körper Nahrung zuzuführen oder so zu tun, als ob er Nahrung bekäme. Sondern es geht dabei darum, das Gefühl des Hungers zu unterdrücken, also den eigenen Geist davon zu überzeugen, dass das Gefühl des Hungers nicht gestillt werden muss.

Ohne Hunger fehlt die Motivation zu essen.

Ohne Hunger fehlt mir oft die Motivation zu essen oder wenn ich esse, zu wissen, was ich essen soll. Grob kann ich sagen, ob es etwas Süßes oder Salziges sein soll, aber alle anderen Entscheidungen erweisen sich als schwierig. Und auf das physische Signal meines Körpers zu warten, dass er Nahrung braucht, kann auch kontraproduktiv sein, weil Essensbeschaffung eine gewisse Zeit benötigt. D.h. konkret: Wenn ich jetzt das Signal meines Körpers nach Nahrung bekomme, muss ich erstmal kochen und Essen zubereiten, es dauert also bestimmt noch ne halbe Stunde bis zur Nahrungsaufnahme. Aber mein Körper braucht JETZT etwas.

Ist in diesem Fall das die Aufgabe des Gefühls? Mir zu helfen eine Entscheidung zu treffen in einer Welt, in der ich viele Entscheidungsmöglichkeiten habe? Mithilfe des Hungers werde ich motiviert, mich auf Nahrungssuche zu begeben, BEVOR mein Körper keine Energie mehr hat. Das Gefühl unterstützt mich darin physisch zu überleben. Aber es ist nicht NOTWENDIG, um physisch zu überleben. Denn ich WEIß, dass mein Körper Nahrung und Flüssigkeit braucht, unabhängig vom Gefühl. Das Gefühl unterstützt mich „nur“.

Manipulation des Gefühls von Hunger

Was passiert, wenn dieses Gefühl bereits in jungen Jahren manipuliert wird? Vielleicht werden Erlebnisse an dieses Gefühl geknüpft, positive wie negative, und das wiederum beeinflusst das Hungergefühl als Erwachsener?

Wenn ich als Säugling nur Geborgenheit und Nähe empfunden habe, wenn ich gestillt wurde und sich dieses Gefühl der Geborgenheit an das Hungergefühl geknüpft hat? Noch schwieriger: Das Hungergefühl überlagert das eigentliche Bedürfnis nach Geborgenheit und als Erwachsener versucht man durch Essen dieses Geborgenheitsgefühl wieder herzustellen ohne sich bewusst zu sein, dass man nach dem Gefühl Geborgenheit hungert, anstatt nach physischem Essen?

Vielleicht wurde auch absichtlich durch Caretaker manipuliert? Essenentzug als Strafe eingesetzt, so dass das Kind lernen musste, das eigene Hungergefühl zu kontrollieren, weil es sonst wahnsinnig geworden wäre, vor vollen Küchenschränken zu verhungern? Im Erwachsenenalter muss man dann erst lernen, was der Körper braucht und seine Signale richtig zu verstehen, weil man in der Kindheit aus einem Überlebenstrieb heraus gelernt hat, diese Signale zu missachten?

Gerade Durst- und Hungergefühle zu unterscheiden ist ein großes Thema. Wenn Eltern ihrem Kind verbieten etwas zu trinken, wenn es Durst hat, weil es gleich Essen gibt. Oder umgekehrt: Das Kind muss trinken anstatt essen, weil die Eltern mit dem Gewicht des Kindes unzufrieden sind.

Es gibt viele „Erziehungsmethoden“ , die die Gefühle von Hunger und Durst manipulieren. Da ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Erwachsenen keinen ausgeglichenen Umgang mit Essen und Trinken haben und die Signale ihres eigenen Körpers nicht richtig deuten können. Unter den Gefühlen von Durst und Hunger stecken meist einige Erfahrungen aus der Kindheit, die ans Licht kommen müssen, damit man einen ausbalancierten Umgang mit Durst und Hunger finden kann.

Wie gehe ich damit um?

Mein Blick auf Hunger und Durst ist „anders“ , das ist mir durchaus bewusst. Ich weiß, dass ich das Gefühl „Hunger“ von meinem physischen Bedürfnis nach Nahrung getrennt habe, das geht auf Kindheitserfahrungen zurück, die das notwendig gemacht haben. Das ist ok so. Ich muss das nicht kontrollieren. Vielleicht ändert sich das irgendwann wieder. Vielleicht nicht. Ich bin mir einfach darüber bewusst, dass es das Gefühl „Hunger“ und das Gefühl „Durst“ gibt, diese aber nicht unbedingt mit einer physischen Nahrungsaufnahme einher gehen müssen. Mit diesem Wissen (und mit diesem Gefühl) ist es mir möglich eine Entscheidung zu treffen.

Ich habe die Wahl, ob ich dem Gefühl „Hunger“ nachgehen möchte oder nicht.

Ich kann meinem System vermitteln, dass wir trotzdem überleben werden, auch ohne den kleinen Hunger.

Die Wahl haben, wie man mit dem Gefühl Hunger umgehen möchte
Die Unendlichkeit der Trauer

Die Unendlichkeit der Trauer

Die Unendlichkeit der Trauer

Das Gefühl der Trauer ist eines dieser Gefühle, die einen für den Rest des Leben begleiten. Auch wenn die Intensität und die Häufigkeit des Gefühls über die Zeit abnimmt, überfällt sie einen von hinten, wenn man es gerade am wenigsten erwartet. Worin liegt der Unterschied zu Trauer um einen Verstorbenen und Trauer bei einer Trennung?

Die Hand, die ich nach dem Verstorbenen ausstreckt

Inhaltsverzeichnis über die Unendlichkeit der Trauer

Verlust endet niemals

Das Gefühl der Trauer in Verbindung mit dem Tod eines geliebten Lebewesens scheint niemals wirklich zu vergehen. Während andere Gefühle, wie Angst oder Wut, weiterziehen, begleitet einen die Trauer für den Rest des Lebens, da der Verlust niemals beendet werden kann.

Es ist das Gefühl der Unendlichkeit, das mit dem Tod einher geht.

Wenn man sich von einem Partner oder einer Partnerin trennt, geht auch das mit dem Gefühl des Verlustes und der Trauer einher. Trotzdem scheint sich diese Art der Trauer schneller zu regenerieren, der eigene Organismus überwindet diese Form des Verlustes rascher, als es der Tod mit sich bringt. Vielleicht liegt das daran, dass der Tod endgültig ist.

Die Zeiten, die man gemeinsam mit dem geliebten Menschen oder Lebewesen verbracht hat, werden unumstößlich nie mehr wiederkehren. Bei der Trennung eines Partners ist immer ein Hintertürchen offen. Der Partner ist irgendwo immer noch in der physischen Realität vorhanden, selbst wenn er oder sie ans andere Ende der Welt gezogen und verheiratet ist, das Hintertürchen, dass die alten Zeiten wiederkehren könnten, bleibt. Hilft das, den Verlust einer Partnerschaft schnell zu überwinden? „Schnell“ ist selbstverständlich relativ, das kann auch Jahre bedeuten, aber irgendwann kommt bei den meisten Menschen der Moment, an dem sie ein Bild des verlorenen Partners sehen und nichts mehr fühlen. Manchmal fragt man sich auch, wie man überhaupt etwas für diese Person empfinden konnte.

Die Trauer bei Tod jedoch ist anders. Da gibt es kein Hintertürchen, da gibt es kein hin und her und vielleicht doch nochmal: Es gibt nur den endgültigen Verlust, ein Für-Immer. Der Sand der Zeit rinnt einem unaufhaltsam durch die Finger, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Wünsche.

Der Prozess der Trauer

Direkt nach dem Tod kommt eine Zeit des Erstarrens, als würde die Zeit stillstehen, nichts geht mehr vorwärts. Wie soll das Leben auch vorwärts gehen ohne diese geliebte Präsenz um einen? Ein dicker Nebel scheint einen einzuhüllen, dämpft alle Sinneseindrücke, macht einen taub für die Außenwelt. Aber wir wissen, das Leben geht weiter. Unaufhaltsam rinnt die Zeit weiter, während man sich selbst fragt, wie das denn gehen soll. Und all die Erlebnisse, all die geteilte Zeit mit dem geliebten Lebewesen sind unausweichlich beendet.

Es gibt kein Zurück mehr, nur ein Vorwärts.

Die Zeit heilt alle Wunden … Ist das so? Die Unendlichkeit der Trauer ist so unendlich, dass sie nie mehr zu verschwinden scheint. Die Trauer tritt in den Hintergrund, man schafft neue Erlebnisse, neue Erinnerungen, aber dann überfällt sie einen rücklings von hinten, wenn man es am wenigsten erwartet.

Vielleicht hat man einen kurzen Blick auf ein Bild geworfen oder die eigenen Gedanken haben einen zu der liebevollen, vergangenen Präsenz getragen und da ist er wieder: Dieser tiefe Schmerz um den Verlust und das Gefühl, nichts ändern zu können, für immer das Gefühl des Vermissens in sich tragend. Und egal, wie lange der Verlust her ist, wenn man in die Trauer eintaucht, spült sie einen mit sich hinfort und lässt einen einsam zurück.

Das Gefühl der Trauer: Was am Ende bleibt

Das Gefühl der Trauer wird leiser werden, es wird nicht mehr laut polternd über einen herfallen, es wird seltener kommen. Es wird zu dem Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen. Es wird einen aber für den Rest des Lebens begleiten, vielleicht nur als kleiner Stich in der Herzgegend, aber es wird einen daran erinnern, dass man mal mehr war.

Deswegen lade ich die Trauer ein, mit mir hier sein zu dürfen. Sie wird mich für immer begleiten, es wäre ein sinnloser Kampf gegen sie. Sie ist jetzt ein Teil meines Lebens und es werden mit Sicherheit noch mehr Trauergefühle im Laufe meines Lebens hinzukommen.

Sei mir willkommen.

Nun begleitet uns das Gefühl der Trauer, anstatt das geliebte Lebewesen.

Ich vermisse dich

Für meinen kleinen Mann Trosky

Reise durch die Angst

Reise durch die Angst

Reise durch die Angst

Die Angst scheint uns mitzunehmen auf eine Reise, um die wir nicht gebeten haben. Eine Reise tief in unsere dunkelsten Abgründe hinein. Aber auch die Angst kündigt sich an. Selten kommt sie uneingeladen ins Haus gepoltert, um uns mitzureißen. Stattdessen schleicht sie sich in Form von Gedanken in unser Leben, durch die Hintertür. Durch die Tür, von der wir glauben, dass sie nur die Wahrheit zeigt.

Eine Reise zu sich selbst führt immer durch die Angst

Inhaltsverzeichnis über die Reise durch die Angst

Eine normale Reise

Die meisten Reisen plant man. Man überlegt sich, wo es hingehen soll, wie lange die Reise geht, ob man alleine reist oder mit anderen, All-Inclusive oder Individualreise, welche Ausweisdokumente man braucht…. Die Liste nimmt kein Ende. Bevor es überhaupt losgeht, gibt es schon viel zu bedenken, zu recherchieren und zu organisieren.

Nicht jedoch bei dieser ganz besonderen Reise. Die Reise durch die Angst. Selten ist es eine geplante Reise, durchorganisiert, bei der man schon vorher versucht alles zu bedenken, damit man gerüstet ist für den Fall X. Dabei fällt mir das Stichwort „Kontrolle“ ein. Das ist, was uns und unserem System Sicherheit gibt: Je mehr wir bedenken, je mehr wir planen, je mehr wir organisieren, desto mehr wiegen wir uns in einer scheinbaren Sicherheit.

Die Angst kommt jedoch selten geplant.

Die Angst scheint uns von hinten zu überfallen. Dann, wenn wir gerade nicht aufpassen, nicht achtsam sind, greift sie an und zerrt uns mit auf eine tiefe Reise in ihre dunklen Abgründe.

Meine Reise mit der Angst

Ich habe viel Zeit mit der Angst verbracht, habe mich mit ihr angefreundet, habe mit ihr gemeinsam gelebt, und nach und nach die Muster in ihrem Auftauchen erkannt. Sie kommt gerne in den stillen Momenten als leiser Gedanke, schleicht sich ein an Tagen, an denen ich sehr vulnerabel bin, besucht mich an Tagen, an denen ich mich „gestresst“ fühle. In diesen Momenten stoße ich meine emotionale Tür für die Angst auf und sie findet einen wunderbaren Nährboden in mir. Und ich höre sie an.

Wenn dieser leise Angst-Gedanke auftaucht, gerät mein Körper in Aufregung und mein ganzes System geht in Verteidigungsposition. Das ist genau das, was meine Gedanken gerade brauchen: Ganz offensichtlich hat dieser leise Gedanke der Angst Recht, mein Körper merkt es doch auch, dass etwas nicht in Ordnung ist! Mit dieser physischen Bestätigung fängt das Gedankenkreisen an. Meine Gedanken drehen sich nur noch um dieses angstauslösende Thema und darum, wie ich die Angst aufhalten kann. Nichts anderes ist mehr wichtig, der berühmte Tunnelblick. Es geht nur noch darum, die vermeintliche Bedrohung abzuwehren. Inzwischen weiß ich, dass diese Gedanken selten der Realität entsprechen.

Mein Denken ist nur so wahr, wie ich es für wahr halte.

Es liegt an mir einen STOPP in das Gedankenkreisen zu bringen. Das macht aber erstmal meine Gedanken noch lauter: Nur, weil es das letzte Mal nicht schlimm war, heißt es nicht, dass es diese mal auch so sein muss. Dieses Mal ist es bestimmt anders! Dieses Mal ist es ernsthaft! Auch das ist ein Muster, das ich inzwischen kenne.

Früher war ich mir all dessen nicht bewusst. Früher kam die Angst laut krachend in mein Leben gepoltert, alles mit sich mitreißend. Da konnte ich keine Muster erkennen, nichts ergab einen Sinn. Auf einmal war sie da und schrie mich lauthals an. Und ich konnte nur schreiend davon rennen. Mit dem einzigen kleinen Problem, dass die Angst nichts ist, wovor man wegrennen kann, weil sie IN einem ist. Wo soll man noch hin?

Wenn uns jemand eine Reise aufzwingt, auf die wir keine Lust haben, können wir davon rennen. Aber die Reise der Angst führt uns in uns selbst hinein, in die dunklen Tiefen unseres Unterbewusstseins, wo sie Zuhause ist. Dort haben wir sie selbst begraben in der Hoffnung, dass sie nie wieder den Weg ans Tageslicht findet.

Aber die Angst findet immer einen Weg! Man kann nicht vor ihr davon laufen. Und wenn sie einmal einen Fuß in der Tür hat, wird sie als uneingeladener Gast erstmal bleiben und ganz ohne unser Planen wird sie uns immer wieder mitnehmen auf die Reise durch sie hindurch.

Die eigene Wahrheit finden

Was tun, wenn die Reise durch die Angst beginnt?

Ich habe gelernt die Muster der Angst zu erkennen, habe mich mit ihr auseinandergesetzt. Ich zwinge mich zu nichts, ich habe ihr den Raum gelassen, den sie braucht. Und so habe ich Schritt für Schritt mich selbst kennen gelernt, meine Gedanken, meine körperlichen Reaktionen, meine Gefühle.

Inzwischen poltert die Angst nicht mehr so schnell einfach in mein Leben, weil ich bereits beim Denken eines angstauslösenden Gedanken mir darüber bewusst bin, dass ich gerade einen angstauslösenden Gedanken gedacht habe, der die Spirale der Angst in mir zum Laufen bringt: Mein Körper schüttet Adrenalin und Cortisol aus, deswegen pocht mein Herz schneller und lauter, Hitzewellen steigen auf und ich schwitze, mein Magen-Darm-Trakt wird unruhig, ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Und mit dem Einsetzen dieser Spirale werden auch die Gedanken lauter. Sie werden durch das Adrenalin angeheizt, was wiederum die Angst verstärkt, was die körperlichen Reaktionen verstärkt, was die Gedanken verstärkt und so weiter und so fort.

Mit dem Einsetzen der Angstspirale werden die Gedanken lauter.

In jedem Moment dieses Kreislaufs habe ich die Möglichkeit einzugreifen und mich anders zu entscheiden: Hänge ich weiter diesen angstauslösenden Gedanken nach? Will ich weiter auf der Couch sitzen bleiben, während in meinem Körper ein Sturm tobt oder gehe ich lieber raus spazieren, um die Hormone abzubauen? Es gibt Zeiten, in denen klappt das besser und es gibt Zeiten, da lasse ich mich in die Angst fallen und werde von ihr mitgerissen.

Fazit

Nur in uns selbst können wir uns selbst finden. Diese Reise durch die Angst ist eine Reise fürs Leben. Wenn man den Mut hat, diese Reise anzutreten, auch wenn man das nicht geplant hat, sich nicht darauf freut, wird man verändert davon zurückkehren. Man wird nie wieder der- oder dieselbe sein. Und das ist nichts, was uns Angst machen sollte. Im Gegenteil: Wir sollten voller Ehrfurcht und Dankbarkeit darauf blicken.

Zieht eure Sicherheitsgurte fest, das wird ein sehr ungemütlicher Ritt werden. Ein Ritt ohne Kontrolle, ohne Organisation, ohne Planen. Nur wir und das Gefühl der Angst in seiner Vollkommenheit.

Diese Reise braucht Mut, aber IN der Angst liegen unsere größten Schätze verborgen!

Die Komplexität der eigenen Gefühle kennen lernen

Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Beobachtung einer Erwachsenen

Emotionsunterdrückung im Kindesalter hat enorme Auswirkungen auf die späteren Erwachsenen! Kinder sind verletzliche Lebewesen, deren physisches Überleben vom Rudel, in dem sie leben, abhängt. Wie fühlt es sich an, wenn man als Kind immer wieder zu spüren bekommt, dass die eigenen Gefühle nicht der Wahrheit entsprechen und man für Emotionsäußerungen entweder direkt bestraft oder lächerlich gemacht wird? Was bedeutet es, wenn man als Kind mit seinen Emotionen alleine gelassen wird?

Wie sich Emotionsunterdrückung auf Kinder auswirkt

Inhaltsverzeichnis Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Die eigene Kindheit nochmal erleben

Mit Anfang 30 zog ich wieder bei meinen Eltern ein. Ich galt als selbstgefährdend, ein distanziertes Wort der Psychiatrie um ausdrücken, dass ich dieses Leben nicht weiterführen wollte. Also kündigte ich meinen Mietvertrag, packte alle meine Habseligkeiten ein und zog nach zehn Jahren Eigenständigkeit wieder zurück in ein Zimmer im Haus meiner Eltern. Tief in mir spürte ich, dass ich sobald nicht mehr ausziehen würde. Fast zehn weitere Jahre sollten ins Land gehen, bevor es soweit war.

In diesen letzten zehn Jahren erlebte ich meine Kindheit erneut. Mit allen Emotionen, die in meinen Kindertagen so schlimm waren, dass ich sie nicht ertragen konnte und tief in mir weggeschlossen habe. Alle Gefühle kamen ans Licht und ich verstehe, warum ich sie als Kind nicht fühlen konnte.

Ich frage mich oft, wie ich das überlebt habe.

So hatte ich jedoch die Möglichkeit mir als Erwachsene anzuschauen, wie es sich als abhängiges Kind anfühlt, wenn man immer und immer und immer wieder zu hören bekommt, dass das, was man fühlt, nicht wahr ist. Und während ich keine Wut zeigen durfte, weil es von Seiten meiner Mutter sofort mit Wut bestraft wurde und mein Vater sich von mir distanzierte, waren auch kaum andere Emotionen erwünscht. Ich durfte mich nicht zu laut freuen, das störte. Weinen führte zu einer Genervtheit. Meine Ängste wurden als Waffe gegen mich eingesetzt, wenn ich unter Kontrolle gebracht werden musste.

Ich weiß jetzt, wie es sich als Kind angefühlt hat, wenn Erwachsene meine Grenzen überschritten und ich mich nicht wehren durfte. Aber Erwachsene sind immer am längeren Hebel. Als Kind ist das eigene Überleben abhängig von der Kernfamilie. Wenn diese einen ablehnt, kann man sich gleich das Leben nehmen. Oder man passt sich an. Das ist, was alle Kinder tun müssen und Erwachsene erwarten das auch. So, wie die Erwachsene sich selbst als Kinder anpassen mussten.

Die Aufgabe von Wut: Unsere Grenzen zu schützen, damit sie niemand überschreitet.

Kinder haben ein Recht auf ihre Emotionen!

Emotionsunterdrückung im Kindesalter führt zu nichts!

Es gibt einen Grund, warum Kinder wütend sind! Und sie mit der Wut alleine zu lassen, ist nicht besser als sie dafür zu bestrafen. „Die stille Treppe“ oder „der stille Stuhl“ sind für ein Rudeltier, wie der Mensch eins ist, das Todesurteil. „Du zeigst eine unerwünschte Emotion? Dann hast du in unserem Rudel nichts mehr verloren!“, das ist, was die Kinder indirekt gesagt bekommen. Stattdessen sollte es Aufgabe des Caretakers sein, das Kind anzuleiten, wie man Emotionen erleben kann ohne sie an anderen auszulassen. Wie soll das Kind lernen, wie es mit Emotionen umgehen soll, wenn die Erwachsenen in seinem Leben ihm nicht zeigen, wie das geht?

Hier liegt natürlich der Hase im Pfeffer: Die Erwachsenen wissen meist selbst nicht, wie das geht. Auch sie haben nur gelernt, Emotionen zu unterdrücken, anstatt sie zu verarbeiten.

Mit den eigenen Emotionen allein gelassen werden

Das empfand ich am allerschlimmsten: Alleingelassen zu werden mit all der Wut und der Verzweiflung. Abends ins Bett zu müssen in ein dunkles Zimmer, kein Spielen oder Lesen war erwünscht, ich musste ja bestraft werden. Welcher Erwachsene würde das aushalten? Wir würden sofort zu unseren Handys greifen und uns bei YouTube oder TikTok berieseln lassen, um diese schlimmen Emotionen nicht spüren zu müssen. Aber Kinder lassen wir damit allein! Gerne werden dann auch Sachen gesagt wie: „Denk darüber nach, was du getan hast!“. Und dann werden sie mit all diesen unangenehmen, schrecklichen Gefühlen allein gelassen und sollen in der Lage sein, das, was Erwachsene noch nicht mal ertragen können, auszuhalten oder besser noch, zu verarbeiten?

Wenn der Erwachsene zum Kind werden würde:

Der Chef hat einen so wütend gemacht heute auf der Arbeit, aber man darf das ja nicht am Chef auslassen, weil man von der Anstellung und somit vom Chef abhängig ist. Also schluckt man seine Wut herunter bis man Zuhause ist und sich beim Partner oder der Partnerin richtig über den Chef auslassen kann. Vielleicht haut man auch irgendwo dagegen. Oder man schaut Fernsehen, um nicht mehr darüber nachdenken zu müssen.

Was wäre, wenn man stattdessen gezwungen wird, sich ruhig hinzusetzen in eine dunkle Ecke, ohne Ablenkung oder einen sozialen Kontakt und einfach mit der Wut zu sein? „Nein, du darfst dich nicht bewegen, um die sich anstauende Energie rauszulassen. Du sollst auch nicht weinen oder schreien, das will keiner hören. Ach, diese Unruhe in dir macht dir Angst? Ja, mir auch, deswegen will ich nicht, dass du sie raus lässt.“, „Aber was soll ich denn dann damit machen?“, „Denke darüber nach!“.

Irgendetwas läuft hier ziemlich schief.

An alle Mamas, Papas und Caretaker:

Viele von euch haben es selbst nicht anders gelernt, als die eigenen Gefühle zu unterdrücken, zu ignorieren und gegen sie zu kämpfen. Aber ihr könnt jetzt etwas ändern. Setzt euch mit den Emotionen eurer Kinder auseinander. Dafür müsst ihr selbst lernen, wie sich diese Gefühle anfühlen und wie man sie verarbeiten kann. Ihr müsst zu euren Experten werden, um für eure Kinder die Experten im Fühlen zu werden! Emotionen können enorm unangenehm sein. Stellt euch vor, wie das für unschuldige, abhängige Kinder ist. Nur durch euch können sie sehen, dass es ok ist zu fühlen.

Kinder brauchen Erwachsene, um ihnen zu helfen, Gefühle zu spüren

Ihr seid die Veränderung, die diese Welt braucht!

Fazit zur Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Wir alle tragen unzählige unterdrückte Emotionen und Gefühle aus unserer Kindheit mit uns. Aber das müssen wir so nicht weitergeben. Kinder haben ein Recht darauf zu lernen, wie sie ihre Gefühle und Emotionen spüren und erleben können, ohne gegen sie zu kämpfen. Gerade weil sie von den Erwachsenen abhängig sind!

Was ist Diskriminierung?

Was ist Diskriminierung?

Was ist Diskriminierung?

Eine erweiterte Perspektive zum Gefühl der Diskriminierung

Schon mal über die Bedeutung von Diskriminierung nachgedacht? Ist es tatsächlich eine reine Benachteiligung von anderen oder fängt Diskriminierung schon früher an, nämlich in der Trennung von Menschen, die anders erscheinen? Menschen denken gerne in Normen und all diejenigen, die nicht dieser Norm entsprechen, werden diskriminiert, so fühle ich das.

Schwarz/Weiß-Denken ist typisch für Diskriminierung

Inhaltsverzeichnis über Diskriminierung

Die Stigmatisierung „Schwerbehinderung“

Mit all meinen Emotionen, Traumata und psychischen und physischen Auffälligkeiten habe ich einen Grad der Behinderung von 50% vom Versorgungsamt zugesprochen bekommen. Unbegrenzt, also für immer! 🥳 Ich besitze sogar einen Behindertenausweis. Ein kleines, grünes Plastikding, was eher aussieht, als hätte ich es selbst gefälscht, als dass mir das eine offizielle Behörde ausgestellt hätte.

In Deutschland gilt man ab einem Behinderungsgrad von 50% als schwerbehindert. Hab ich ein Glück! 👍🏼 Zu allererst habe ich nachgeschaut, ob ich damit auf Behindertenparkplätzen in der Stadt oder auf Supermarktparkplätzen parken darf… Nein! Nur wenn ich blind bin (dann fahre ich hoffentlich kein Auto) oder mit einer Form der Gehbehinderung. Äh, jaaaa, das mit dem Parkplatz ist also raus. 😩

Warum sollte ich mich dann stigmatisieren lassen?

Welche Vorteile hab ich denn stattdessen mit einem Behinderungsgrad? Wenn mich die Bürokratie schon so stigmatisiert, muss es mir doch irgendwelche Vorteile bringen? Wenn zukünftige Arbeitgeber in meiner Bewerbung lesen, dass ich eine Schwerbehinderung habe, sehen die doch mit Sicherheit einen geistig und körperlich schwer malträtierten Menschen in einem Ganzkörperrollstuhl… Irgendwie sehe ich mich nicht so. Aber gut, wir wissen ja, dass oft das eigene Selbstbild gehörig von der Außenwirkung abweichen kann. Zumindest habe ich keinen Ganzkörperrollstuhl, da weicht nicht so viel ab. 🧐

Die Vorteile einer Schwerbehinderung

Also, die Vorteile einer Schwerbehinderung. Ich habe 5 Tage mehr Urlaub im Jahr. Joa, das ist doch was. In meinen bisherigen Anstellungen hatte ich zwar immer mehr als den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch, da hätte mir das nicht viel gebracht, aber man weiß ja nie, wo man in der Zukunft noch landet. 5 Tage haben oder nicht haben 🤷🏻‍♀️

Schwerbehinderte haben einen besonderen Kündigungsschutz. Hört sich erstmal bombe an ✌🏻. Mich wird man so schnell nicht wieder los, das sollte mir natürlich Sicherheit vermitteln. Aber auf den zweiten Blick entpuppt sich das dann eher als hinderlich, wenn man gerade eine Anstellung sucht. Denn jemand wie ich ist nicht so gern gesehen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Gerade weil man mich nicht wieder so schnell los wird. In Zeiten von Corona, Rezessionen und Kriegen (und seien wir ehrlich, davor auch schon), binden sich Arbeitgeber nicht allzu gerne an jemand chronisch Kranken. Vor allem, weil ich nicht in einem Ganzkörperrollstuhl sitze. Worum ich dankbar bin! Aber mit einer sichtbaren Behinderung kann es auch vorteilhaft sein:

A) Man sieht mir meine Behinderung nicht an, aber wenn ich offen damit umgehe (was ich tue), dann fragen sich die Einsteller (Chefs, Personaler usw.) zu Recht, was ich alles an behindertem Gepäck mitbringe, was meine Arbeitsleistung einschränkt. In deren Vorstellung bin ich mit ziemlicher Sicherheit ständig krank geschrieben.
B) Mit jemandem im Rollstuhl könnte das Unternehmen wenigstens der Außenwelt suggerieren, wie total sozial das Unternehmen eingestellt ist, sie geben sogar Behinderten eine Chance! „Niemand wird bei uns ausgeschlossen!“. Ist das nicht herzallerliebst? Bestimmt werden Berichte in den sozialen Medien und in der hauseigenen Unternehmenszeitschrift veröffentlicht, wie es so ist als Behinderter in der Firma X.

Ist das schon Diskriminierung?

Hier kommt die Diskriminierung ins Spiel. Wir wissen schließlich alle, dass man nicht diskriminieren darf. Schon gar nicht in öffentlichen Bereichen. Alle sollen in unsere Gesellschaft integriert werden, ausnahmslos. Wenn man es anders empfindet, kann man sogar vor Gericht klagen.

Ab wann spricht man also von Diskriminierung? Was bedeutet das Wort Diskriminierung überhaupt? Was ist mit Diskriminierung gemeint? Die Wortbedeutung unterscheidet sich immer leicht, je nachdem, ob man die Antidiskriminierungsstelle des Bundes befragt oder Amnesty International. Was alle Definitionen gemeinsam haben ist die Aussage, dass bestimmte Menschen bzw. bestimmte Menschengruppen nachteilig behandelt werden aufgrund bestimmter Merkmale (Geschlecht, Hautfarbe, Behinderung, Religion usw.). Diese Menschen werden also so behandelt, dass es sich negativ auf diese Personen auswirkt.

Aber wenn man sich das Wort „Diskriminierung“ genauer anschaut, vor allem seine Herkunft aus dem Lateinischen „discriminare“ (trennen, abgrenzen, unterscheiden), dann erkennt man, dass es an sich ein wertneutrales Wort ist. D.h. es hat nichts mit „negativ“ oder „positiv“ zu tun, sondern es beschreibt neutral einen Zustand. Diskriminierung bezieht sich also nicht zwangsläufig auf eine nachteilige Behandlung, sondern auf eine Trennung, auf eine Unterscheidung, die getroffen wird… Jemand zu diskriminieren bedeutet also, sich selbst oder den Anderen abzugrenzen, ihn anders zu machen, nicht zur eigenen Gruppe gehörend. Es wird also unterschieden zwischen mir (dem Subjekt) und dem anderen (dem Objekt). Daraus wurde dann, dass das Subjekt das Objekt herabsetzt, nachteilig behandelt, daraus folgend die ungleiche Behandlung.

discriminare = trennen, unterscheiden, abgrenzen

Ich fühle mich in Bewerbungsprozessen ungleich behandelt. Ich werde anders behandelt aufgrund eines bestimmten Merkmals, des Merkmals der Schwerbehinderung. In der Politik oder Soziologie bedeutet das, dass ich keine Anstellung bekomme, weil ich schwerbehindert bin. D.h. Personaler, Chefs, usw. befürchten einen nicht-leistungsfähigen Menschen einzustellen, weswegen sie weniger Profit machen und „nur Scherereien“ haben.

Aber das meine ich nicht. Ich werde ungleich behandelt, weil explizit in Bewerbungsprofilen erwähnt wird, dass Schwerbehinderte bevorzugt behandelt werden. Auch das ist Diskriminierung. Ich möchte nicht wegen der Schwerbehinderung anders behandelt oder sogar eingestellt werden. Ich möchte behandelt werden WIE JEDER ODER JEDE ANDERE! Das wäre wertfrei, neutral. Es ist erst dann frei von Diskriminierung, wenn es KEINEN UNTERSCHIED MACHT, was ich habe, was ich bin oder woran ich glaube! Aber bei solchen Bewerberprofilen sieht man die diskriminierende Struktur und Denkweise dahinter (öffentliche Stellen sind dazu verpflichtet solche diskriminierenden Aussagen in ihr Bewerbungsprofil zu schreiben):

Bewerbungen von Frauen sind ausdrücklich erwünscht und werden nach Maßgabe des Landesgleichstellungsgesetzes bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Bewerbungen geeigneter Schwerbehinderter und Gleichgestellter im Sinne des § 2 Abs. 3 Teil 1 SGB IX sind ebenfalls erwünscht.“

Was sagt das aus?

„Wir treffen eine Unterscheidung zwischen männlich und weiblich und zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten“. Ganz offensichtlich ist der Vorzeige-Bewerber ein männlicher Nicht-Behinderter. In diesem Beispiel nicht erwähnt ist die Nationalität, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit. Dann wäre der Vorzeige-Bewerber ein weißer, männlicher, nicht-behinderter Christ.

Mensch, auch hier habe ich wieder Glück, wenn ich drüber nachdenke 🍀! Ich bin weiblich und schwerbehindert, wenn ich jetzt noch einer religiösen Minderheit angehörte und eine andere Hautfarbe hätte, müssten sie mich quasi einfach so einstellen, egal, welche Kenntnisse ich mitbringe. Ich war bei Bewerbungsgesprächen, da saß mir eine Gleichstellungsbeauftragte, eine Inklusionsbeauftragte, eine Antidiskriminierungsbeauftragte und eine Chancengleichheitsbeauftragte gegenüber (selbstverständlich ist hier mit der weiblichen Form auch jegliches andere Geschlecht gemeint). Das sind die Institutionen, die es ganz unbedingt richtig machen wollen. Stattdessen zieht sich in Wirklichkeit eine riesige Trennmauer durch die internen Hierarchien.

Auch das ist Diskriminierung!

Und auch das ist Diskriminierung, auch wenn ich diesen Text erfrischend fand:

„Wir fordern insbesondere Männer auf, sich zu bewerben. Sie werden aufgrund ihrer Unterrepräsentanz bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig berücksichtigt.“.

Tja, da hätte ich nur schlechte Chancen, auf sowas bewerbe ich mich erst gar nicht. Ich kann leider mein Geschlecht nicht auf die Schnelle ändern. Am Ende ist auch das eine Trennung, eine Diskriminierung in der ursprünglichen Wortbedeutung.

DAS ist für mich Diskriminierung. Wenn man in mir die Schwerbehinderte sieht, die es zu retten gilt.

Oder noch schlimmer: Weil man seine Behindertenquote erfüllen muss. Vorstellungsgespräch bei einem Polizeipräsidium irgendwo in Deutschland: Ausdrücklich wurde eine Bewerberin/ein Bewerber mit Schwerbehinderung gesucht. Quotenerfüllung!

Das Leben ist bunt in all seinen Facetten: Auch wenn die Gesellschaft mir dafür einen Stempel aufdrücken mag

Ich war bei Vorstellungsgesprächen, die schienen nur für mich abgehalten worden zu sein. Kein anderer Bewerber war vorher oder hinterher da, man ließ mich 1 1/2 Stunden erzählen ohne irgendeinen zeitlichen Druck. Oder ich habe mich im Datum vertan, kam einen Tag zu spät zum Vorstellungsgespräch 🤦🏽‍♀️, aber sie nahmen sich trotzdem die Zeit, dann eben spontan. DAS ist Diskriminierung. Weil sie mich nämlich trotzdem nicht einstellen. Natürlich sagt niemand, dass es an der Schwerbehinderung liegt. Es gibt einfach besser geeignete Bewerber (oder Bewerberinnen). Ich muss zu einem Vorstellungsgespräch antanzen, nur weil sie ihre gesetzliche Verpflichtungen erfüllen wollen, nicht, weil sie Interesse an mir haben.

DAS ist Diskriminierung!

Ein Aufruf an alle Personaler

ICH MÖCHTE NICHT EINGESTELLT WERDEN, WEIL ICH WEIBLICH UND SCHWERBEHINDERT BIN! Ich möchte eingestellt werden, weil ich ICH BIN! Weil ich ins Team passe, ich Ihnen sympathisch bin und Sie das Gefühl haben, dass das mit uns passt.

Ist das zu viel verlangt? Schlimm genug, dass ich diesen kleinen grünen, nach Fälschung aussehenden, Behindertenausweis mit mir rumtrage, aber glaubt ihr echt, es wäre fair, wenn ihr Schwerbehinderte extra behandelt???

Kommt raus aus eurer diskriminierenden Trennung und ins 21. Jahrhundert!

Ich bin nicht anders! Ich habe meine Stärken und Schwächen, wie jeder andere Mensch auf diesem Planeten.

So wie jemand, der nicht gut in Sprachen ist und niemals Dolmetscher werden kann, auch nicht als behindert gilt. Er hat seine (oder ihre) Stärken in anderen Bereichen. Und genau so ist es auch bei mir!