Das Meer der Emotionen

Das Meer der Emotionen

Das Meer der Emotionen

„Das Meer der Emotionen“ erzählt die Geschichte, wie ich mich fühle, wenn die Emotionen wie riesige Wellen über mir zusammenbrechen, mich mitreißen, mich verletzen und ich mich hilf- und schutzlos dem Element Wasser ausgeliefert fühle. In mir gibt es einen ruhenden Teil. Dieser Teil weiß, dass es weitergehen wird. Dieser Teil weiß, dass das mein Weg ist. Und dann kommen die Emotionen und wirbeln alles durcheinander …

Das Meer der Emotionen

Inhaltsverzeichnis über „Das Meer der Emotionen“

Der Beginn

Ich stehe an einem Meer aus Emotionen. Das Wasser ist unruhig, tost, die Wellen schlagen hoch, Schaum tanzt auf den Spitzen.

Ich aber muss weiter. Hindurch, durch das tosende Meer, ans andere Ufer. Ich kann das Ufer sehen. Dort liegt die Erkenntnis, hell strahlend, mich rufend. Ruhig beobachte ich die Wellen, sehe das Wasser tanzen. Kleine Wassertropfen bedecken bereits mein Gesicht.

Ich aber muss weiter. Ein Funke in mir, der langsam meinen Körper erhellt, lässt die See zurückweichen, sich teilen. Langsam zieht sich das Wasser zurück und gibt den Blick frei auf den Grund, ein schmaler Pfad, der durch die unruhige See führt.

Der Pfad durch das Meer der Emotionen

Ich betrete diesen Pfad, den Blick fest auf’s andere Ufer gerichtet, bewusst den Funken in mir wahrnehmend. So marschiere ich, rechts und links von mir das tosende, lärmende Wasser, aufgetürmt zu riesigen Bergen, immer bereit mich zu verschlingen.

Die Unebenheiten des Lebens

Da, eine Unebenheit auf dem Pfad lässt mich stolpern, straucheln, ich verliere den Blick auf’s andere Ufer.

Und die Wellen brechen kreischend über mir zusammen, reißen mich mit, scheinen mich zu verschlingen. Es gibt keinen Halt, keine Sicherheit, die Macht des Wassers hat die Herrschaft über meinen Körper erlangt. Schmerzhaft spüre ich die Gewalt dieses ungezügelten Meeres, hilflos ausgeliefert, ohne Schutz.

Ich versuche mich irgendwo festzuhalten, etwas zu greifen, mich an die Wasseroberfläche zu kämpfen, um atmen zu können. Stattdessen drücken mich die Wassermassen gnadenlos nach unten, geben mir keinen Freiraum, nehmen alles von mir ein. Der Funke in mir zieht sich wieder zurück, während das Meer aus Emotionen mich tanzend davon trägt in eine 

ungewisse Zukunft ohne Wiederkehr

Das letzte Aufbäumen

Verzweifelt greife ich um mich, versuche etwas zu fassen zu bekommen. Da, eine scharfe Kante. Ich kralle meine Fingernägel hinein, während das Wasser um mich tost, an mir zerrt, mich weiterreißen möchte. Mit aller Macht versucht das Meer der Emotionen mich zu verschlingen. Ich spüre wie meine Kraft schwindet. Meine Finger sind inzwischen blutig aufgerissen. Den Schmerz spüre ich kaum noch. Mein zerschundener Körper wird taub.

Und ich gebe den Kampf auf…

Überfordert sein mit dem Leben

Die Stille

Langsam tritt Stille ein. Das Wasser beruhigt sich, die Wellen schlagen nicht mehr so hoch, ich treibe an der Wasseroberfläche. Die Sonne kitzelt mein zerschundenes, nasses Gesicht. Ich kann atmen.

Sanft trägt mich das Wasser zum anderen Ufer. Wie einen guten alten Freund setzt es mich dort ab. 

Und ich erkenne, dass mich das Meer der Emotionen viel weiter getragen hat, als ich zu Fuß in so kurzer Zeit hätte bewältigen können.

Entschlüsselung dieser Metapher

Wenn mich etwas emotional aufwühlt, ist es wie das Meer aus Emotionen. Es brodelt, die Wasseroberfläche kräuselt sich unruhig, Schaum bildet sich und mein ganzer Körper ist in Aufregung. Durch Atmen und das bewusste Im-Hier-Und-Jetzt-Sein teile ich dieses brodelnde Meer, so dass es meinem Körper nichts mehr anhaben kann. Es ist weiterhin in mir vorhanden, aber ich lasse es nicht die Herrschaft über mich erlangen, kontrolliere es durch mein Bewusstsein.

Wenn dann jedoch etwas Unvorhergesehenes geschieht und meine Konzentration abgelenkt wird, brechen die Wassermassen über mir zusammen und reißen mich mit. Erst wehre ich mich dagegen, empfinde Widerstand, kämpfe dagegen an. Ich möchte all das nicht fühlen müssen. Ich möchte nicht, dass das Meer der Emotionen die Gewalt über mich und mein Leben übernimmt. Viel zu oft ist das schon passiert und dieses ungezügelte Meer lässt keinen Stein auf dem anderen.

Aber früher oder später erkenne ich im Meer meinen alten guten Freund, der mich ein Stück mitnimmt auf dem Weg der Erkenntnis, um mir diesen langen und beschwerlichen Weg etwas zu erleichtern.

Das Meer der Emotionen ist nicht mein Feind, den ich bekämpfen muss.

Das Meer der Emotionen ist mein Begleiter in diesem Leben, und es unterstützt mich darin meinen Weg zu finden.

Das Meer der Emotionen ist mein Begleiter
Mitleid vs. mitfühlen

Mitleid vs. mitfühlen

Mitleid vs. mitfühlen

Worin liegt der Unterschied zwischen Mitleid und mitfühlen? Besonders für die Betroffenen, die bemitleidet werden … oder mit denen man mitfühlt? Wer entscheidet darüber, dass der andere Leid empfindet? Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass der andere Leid empfindet oder interpretiere ich da nicht etwas hinein, was der andere vielleicht gar nicht selbst so sieht? Ist Mitleid also überhaupt angebracht?

Mitleid oder mitfühlen?

Inhaltsverzeichnis über Mitleid vs. mitfühlen

Perspektive einer Betroffenen – Ich

Mitleid empfinde ich als arrogant und herablassend. Das liegt daran, dass Mitleid bedeutet, jemand anderes bewertet mein Leben und urteilt, dass mit meinem Leben etwas nicht stimmt, was es zu bemitleiden gibt.

Dabei ist es MEIN Leben. Da gibt es kein Urteil darüber, weder von mir noch von anderen. Es gibt kein „richtiges“ Leben auf diesem Planeten. Jeder führt sein eigenes Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen, mit seinen körperlichen und emotionalen Schmerzen.

Niemand hat das Recht darüber zu urteilen, wie ein Leben auszusehen hat. Und deswegen empfinde ich es als unangenehm, wenn Leute mir gegenüber Mitleid zeigen: Teilnahmsvoll meine Hand nehmen und mir sagen, wie stark ich bin.

Mitfühlen ist toll

Ich weiß, dass es nicht die Absicht der Leute ist, arrogant und herablassend zu sein. Eigentlich möchten sie mitfühlen. Aber hinein zu interpretieren, dass jemand leidet, nur weil er Schmerzen hat oder 20 „Krankheiten“, ist nicht mitfühlen.

Mitfühlen bedeutet, ich spüre in den anderen hinein

Mitfühlen bedeutet, ich spüre in den anderen hinein und sehe, wie diese Person mit der Situation umgeht. Nicht, ich interpretiere, dass diese Person leiden muss, weil ich in solch einer Situation leiden würde.

Ihr könnt nicht wissen, wie ihr in solch einer Situation empfinden würdet, solange ihr nicht selbst in dieser Situation seid.

Alltagsbeispiel für Mitleid

Ihr erfahrt durch gemeinsame Freunde, dass eine Bekannte von euch ihren hochrangigen, gut bezahlten Job in einer großen Firma aufgrund von Stellenkürzungen verloren hat.

Als ihr sie das nächste Mal trefft, nehmt ihr ganz mitfühlend ihre Hand und sagt: „Lisa, ich hab das mit deinem Job gehört. Das tut mir ja so leid! [Mitleid!] Gerade jetzt, da ihr den Kredit für euer neues Haus abbezahlen müsst und grade euer zweites Kind auf die Welt kam!“.

Die Bekannte schaut euch ganz irritiert an: „Da gibt es nichts zu bemitleiden! Ich bin sooo froh, dass ich da nicht mehr arbeiten muss! Ich hatte einen narzisstischen Chef, der hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Und durch die Kündigung von Seiten der Firma hab ich sogar noch ne Abfindung ausbezahlt bekommen!“.

Analyse Mitleid-Beispiel

Lisa ist erleichtert darüber, dass sie diesen Job nicht mehr machen muss.

Statt jedoch offen in das Gespräch hinein zu gehen und zu fühlen, was Lisa eigentlich selbst über diese Situation empfindet, geht ihr voreingenommen in das Gespräch mit dem Gedanken: Oh Gott, Lisa wird am Boden zerstört sein, hat bestimmt Angst, leidet und ich sichere ihr meine Unterstützung zu, indem ich ihr mitteile, wie leid mir das tut.

Selbst wenn Lisa unglücklich mit der Situation wäre, bräuchte sie euer Mitleid nicht.

Sie mag Unterstützung brauchen, emotionale, finanzielle, materielle Unterstützung. Aber mit eurem Mitleid packt ihr noch ein schweres Gefühlspäckchen mit hinzu.

Mitleid projizieren

Wenn ihr Leid auf andere projiziert, schafft ihr ein emotionales Gefälle zwischen euch, dem Interpretierer, und dem anderen, dem Leidenden.

Zwischen den Zeilen sagt ihr: „Ich, aus meiner gehobenen (gesünderen, reicheren, schlaueren, machtvolleren…) Position sehe auf dich hinab und erkenne aus dieser Metaperspektive, dass du kein gutes (gesundes, reiches, unabhängiges….) Leben führen kannst, so wie du lebst. Dein Leben müsste anders sein! Und durch mein Mitleid tue ich so, als ob ich mitfühlen würde.“

Dabei agiert der Mitleider aus einer egozentrischen Perspektive ohne in Betracht zu ziehen, dass die andere Person es anders empfinden könnte.

Mitfühlen ist ein empathischer Akt, in dem ich anerkenne, dass meine Perspektive nicht die einzige Wahrheit ist, sondern dass jeder seine eigene Wahrheit im Bezug auf sein eigenes Leben hat.

Leiden heißt, das abzulehnen, was sich gerade in diesem Moment präsentiert. Diese Ablehnung führt zu Leid.

Müsst ihr Mitleid mit mir haben oder könnt ihr mit mir mitfühlen?

Ich leide nicht.

Es gibt Momente in meinem Leben, in denen ich Leid empfinde und das sind die Momente, in denen ich mein Leben, so wie es ist, ablehne. Ablehnung führt zu Leid.

Aber selbst in diesen Momenten brauche ich nicht das Leid von anderen.

Das ist euer Leid, bitte behaltet es bei euch und stülpt es mir nicht über. Dieses Kostüm ist mir einfach zu eng.

Ich würde mich freuen, wenn ihr mit mir mitfühlt. Aber das ist kein mentaler Akt, sondern ein Akt aus einem tiefen Gefühl heraus. Dann spürt ihr einfach, wie es mir geht.

Wenn ihr mitfühlt, werdet ihr sehen, dass es nichts zu leiden gibt, auch wenn ich viele Diagnosen mit physischen und psychischen Schmerzen habe.

Mitleid ist nicht dasselbe wie mitfühlen
Wie sich Hass entwickelt

Wie sich Hass entwickelt

Wie sich Hass entwickelt

Wie entwickelt sich das Gefühl von Hass? Ist es auf einmal da und möchte raus oder sind es vielleicht eher viele kleine Wutmomente, die irgendwann zum Ausbruch kommen? Letzte Nacht konnte ich das Gefühl des Hass deutlich in meinem Körper spüren und konnte beobachten, wie es sich in meinem Organismus ausbreitet. Dieser Hass ist diskriminierend, er will physisch ausgelebt werden und er ist extrem laut.

Hass entwickelt sich schleichend

Inhaltsverzeichnis über „Wie sich Hass entwickelt“

Die letzte Nacht

Das Geräusch von Schritten dringt langsam in mein Bewusstsein. Sie stampfen durch’s Haus. Ein Rollladen wird bewegt. Dann unterhalten sich Menschen.

„Meine Nachbarn sind heute aber früh wach!“, schießt mir durch meine noch schlaftrunkenen Gedanken. Ich taste nach meinem Handy, um nach der Uhrzeit zu schauen. 3:47 Uhr...

DAS IST NICHT IHR ERNST!!!

Wut kriecht in mir hoch. Wieder die Schritte. Gestern Nacht war es bereits dasselbe. Ich habe es satt, immer Ohrstöpsel benutzen zu müssen. Ich wollte meine Ohrstöpselzeit hinter mir lassen. Aber hier geht es gerade weiter.

Ich wälze mich auf meine linke Seite, während mein System in Hab-Acht-Stellung ist. Das passiert immer bei solchen stampfenden Schritten. Mein Nervensystem wurde seit Säuglingsalter darauf konditioniert, diese Schritte zu fürchten. Deswegen wecken sie mich auch mitten in der Nacht. In meiner Kindheit war es lebensnotwendig zu wissen, wo sich die Schritte gerade aufhalten und wo sie sich hinbewegen. Ich brauche dann Stunden bis mein System wieder soweit heruntergefahren ist, dass ich einschlafen kann.

Ich spüre körperlich, wo der Hass sitzt

Auf meinem Brustbein spüre ich einen heißen Druck, der sich immer mehr verdichtet.

HASS!

Ich weiß nicht, woher ich das weiß, aber ich weiß, dass es der pure Hass ist. Hass auf meine Nachbarn, dass sie so sind wie sie sind. Hass darauf, dass sie ohne Bewusstsein durch ihr Leben stampfen, ohne Rücksicht auf andere. Hass darauf, dass sie auf ihrem beschissenen Balkon rauchen und der Rauch zu mir in die Wohnung zieht. Hass darauf, dass sie sich beim Sex immer gleich anhört.

Der hasserfüllte Druck in mir breitet sich weiter aus, er sucht sich seinen Weg durch meine Kehle über meinen Mund und möchte rausgelassen werden.

Ich spüre den Drang gegen die Wand zu treten und zu brüllen: „HALTET EURE VERDAMMTE FRESSE!„.

Hass und die Gedanken

Während ich mich von einer Seite auf die andere drehe in der Hoffnung, doch möglichst bald einzuschlafen, beobachte ich wie sich der Hass weiter ausbreitet.

Er übernimmt meine Gedanken. Ich denke darüber nach, was ich ihnen alles zubrüllen könnte und darüber, was sie mir alles antun.

Sie dringen ungebeten in mein Leben und ICH bin diejenige, die sich selbst einschränken muss, damit sie ihr beschissenes unbewusstes Leben leben können. ICH muss meine Balkontür zumachen, damit sie rauchen können. ICH muss Ohrstöpsel tragen, damit ich wenigstens noch ein bisschen Schlaf bekomme. Nur damit SIE all den Scheiß tun können, der sie und die Gesellschaft nur weiter krank macht.

Am liebsten würde ich aus der Haut fahren. Dieses Gefühl ist so unangenehm und es möchte unbedingt nach draußen. Es möchte ausgelebt werden.

Auf einmal verstehe ich die vielen Menschen da draußen, die mit Hass durch ihr Leben laufen.

Wie entwickelt sich Hass?

Hass ist nicht auf einmal da. Hass setzt sich aus vielen kleinen Wutmomenten zusammen, die zusammengenommen eine explosive Wirkung haben. Schritt für Schritt kommen mehr Sachen hinzu. Und so baut sich der Hass weiter auf, fängt an zu schwelen, glimmt in einem bis ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt und der Vulkan aus Wut und Hass und Abhängigkeit und Eingeschränktheit explodiert.

Ich kenne meine Nachbarn nicht persönlich. Ich kenne nur ihre Geräusche. Es fing an mit ihrem Husten. Ständig waren sie am Husten und wenn sie niest, macht sie dieses bescheuerte Geräusch dabei, voll künstlich! Dann ging es weiter mit dem Rauchen auf dem Balkon. Dann waren Freunde bis mitten in der Nacht zu Besuch. Dann ihre echt nervenden Schritte.

Und so kam immer mehr hinzu, bis sich dieser Hassball auf meinem Brustbein so verdichtet hatte, dass ich daran zu ersticken schien, wenn ich ihm nicht Luft geben würde.

Perspektivwechsel

Ich weiß, dass ich anders darüber empfinden würde, wenn ich sie kenne. Dann wären sie für mich Menschen, die eben das tun, was Menschen tun. Aber der Hass in mir verhindert, dass ich sie kennen lerne. Ich MÖCHTE sie gar nicht kennenlernen. Mit so jemandem möchte ich nichts zu tun haben! DIE sind doch alle gleich!

Ich stelle mir vor, wie es wäre Inder als Nachbarn zu haben und ständig röche das ganze Haus nach diesen kräftigen indischen Gewürzen. Oder es wäre eine russische Großfamilie, die sich immer extrem laut und aggressiv unterhält. Und schon sind wir bei Diskriminierung angelangt. Man wird immer wütender darüber, dass jemand anderes in den eigenen Bereich eindringt. Und wenn es dann noch „offensichtliche“ Gründe gibt, warum man DIE jetzt überhaupt nicht leiden kann, ist der diskriminierende Hass geboren.

Ein Leben in Hass

Wie schrecklich es sein muss, sein ganzes Leben mit diesem Hass zu leben. Und dieser Hass kommt bei jedem Überschreiten der eigenen Grenzen zum Vorschein.

Er ist eng. Er erstickt einen.

Hass führt zu Konflikten bis hin zu Krieg.

Kann man Hass, wenn er sich entwickelt, aufhalten?

Was tun gegen diesen Hass? Wie soll man sich verhalten? Soll ich gegen die Wand treten und sie anbrüllen? Soll ich ein klärendes Gespräch mit meinen Nachbarn suchen? Was würde ich sagen?

„Also, eure Schritte machen mich echt wahnsinnig, bitte lauft achtsamer!“ Das ist bescheuert.

Nimm die Menschen, wie wie sind. Andere gibt es nicht.

Diese Menschen sind so wie sie sind. Mein Druck würde nur zu Gegendruck führen und am Ende gäbe es einen Jahrzehnte andauernden Nachbarschaftskrieg.

Im Krieg gibt es nur Verlierer.

Das sagen mir meine rationalen Gedanken.

Aber was ist mit meinem Gefühl? Der Hass wird dadurch nicht weniger. Er schwelt weiter in mir bis die nächste Situation das Hassfeuer in mir wieder entfacht.

Was tun?

Immer wieder bei mir ankommen. Meine Aufmerksamkeit vom Außen weglenken und in mich hinein. Die emotionalen Fühler, die ich immer und überall aktiv am Laufen habe, einziehen und stilllegen.

Und vor allem: Mich von dem Gefühl der Abhängigkeit und des Ausgeliefertseins lösen und meine Selbstwirksamkeit spüren. Ich lebe mein Leben weiter ungeachtet von Dingen im Außen!

 

Ich werde weiter beobachten und mich daran erinnern,

dass ich nicht der Hass bin.

Nachtrag selber Tag abends

Meine früheren Nachbarn hätten darüber gelacht, wenn ich nachts an ihre Wand getreten und gebrüllt hätte. Nett hätten sie gelacht. Mitfühlend hätten sie gelacht. Und das hätte die ganze Situation entschärft.

Aber ich kannte sie und sie kannten mich und wir mochten uns, auch wenn wir aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten und Ländern kamen.

 

Aber wenn der Hass erstmal da ist, ist es schwierig mit ihm umzugehen, weil er alles blockiert, was seine Existenz gefährdet.

Wut muss jedoch nicht zu Hass werden.

Die vielen kleinen Wutmomente werden erst dann zu Hass, wenn es zu den Personen, die die Wut in mir auslösen, keine soziale Verbindung gibt.

Ich kenne meine aktuellen Nachbarn nicht. Wenn ich sie kennen würde, und vielleicht sogar nett fände, würde ich mich trotzdem über ihr Verhalten ärgern, aber daraus würde kein Hass entstehen, weil ich mehr Verständnis hätte. Vielleicht würde ich dann sogar gezielt auf meinen Balkon gehen, wenn sie rauchen, um mich mit ihnen zu unterhalten.

Das „positive“ Gefühl der Unterhaltung würde dann mein empfundenes Ärgernis überdecken, dass meine Wohnung nach Rauch riecht.

Und wenn wir uns richtig gut verstünden, könnte ich dann vielleicht tatsächlich an die Wand treten und „RUHE!“ brüllen und sie wüssten, dass ich keine nörgelnde Tussi bin, die ihnen jeden Spaß verdirbt und gegen die sie sich zur Wehr setzen müssen.

Sie wüssten, dass ich einfach

ein anderer Mensch bin, der auch nur versucht sein Leben zu leben.

Wenn. Hass sich entwickelt, kann man nur Frieden in seine Gedanken birngen
Das F-Wort unserer Gesellschaft

Das F-Wort unserer Gesellschaft

Das F-Wort unserer Gesellschaft

Diskriminierung ist theoretisch in unserer Gesellschaft kein Thema. Alle sind furchtbar tolerant. Außer man kann nicht (mehr) so, wie die Gesellschaft das gerne hätte. Und nach und nach spürt man, dass man irgendwie nicht mehr dazu gehört, auch wenn es (vor allem in intellektuelleren Kreisen) wohl kaum einer direkt anspricht. In unserer Gesellschaft gibt es ein großes Unwort, was indirekt jeder erfüllen muss, der dazu gehören möchte.

Unangenehme Gefühle verbergen sich im Minenfeld

Inhaltsverzeichnis über Diskriminierung in unserer Gesellschaft

Recht und Ordnung durch Regeln

In unserer Gesellschaft gibt es viele Regeln, an die sich jeder Beteiligte halten muss, wenn er Teil dieser Gemeinschaft sein will. Das ist notwendig, um Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten, nicht wahr?

Nur scheinen die Regeln immer umfangreicher zu werden, immer enger wird der Rahmen, in dem wir unsere Leben leben. Individualität ist nicht gewünscht, erst recht nicht, wenn sie nicht den Regeln der Gesellschaft entsprechen.

Richtig schwierig wird es aber, wenn das F-Wort ins Spiel kommt. Es ist das Unwort unserer Gesellschaft, nie ausgesprochen, aber von denjenigen, gegen die es verwendet wird, immer präsent, immer spürbar.

F wie Funktionieren.

Die oberste Regel in unserer Gesellschaft ist es zu funktionieren, so wie das die Gruppe möchte. Wer nicht funktioniert, kann kein Teil dieser Gruppierung mehr sein. Wer nicht funktioniert, ist auf sich allein gestellt.

Was ist mit unserer Solidargemeinschaft?

Halt, stopp! Wir haben doch eine Solidargemeinschaft! Die Arbeitenden zahlen Geld in Form von Steuern für diejenigen, die nicht mehr arbeiten können! Richtig, wir nennen das in Deutschland Bürgergeld. Der Abschaum des Abschaums bekommt Bürgergeld (so Leute wie ich). Mal ehrlich, das sind doch alles Schmarotzer. Tun so als wären sie zu krank zu arbeiten und machen sich nen faulen Lenz während sich der Rest abrackert!

Dieses Gefühl ist es, was viele „Kranke“ davor zurückschrecken lässt, längere Zeit krankgeschrieben zu sein. Sie werden zum Abschaum, abgestempelt, dürfen kein Teil dieser Gemeinschaft mehr sein.

Mir geht es hierbei nicht um das Geld, was um einiges geringer ausfällt, als bei Normalverdienern. Es geht mir um das Gefühl, was mir die Welt gibt, wenn ich nicht (mehr) arbeiten kann.

Das Gefühl ausgeschlossen zu sein

Keiner sagt das natürlich direkt. Das wäre Diskriminierung. Aber ich spüre es. Ich spüre ihre Ablehnung, ich spüre den Widerwillen, der aus jeder Pore ihres Wesens austritt. Und dabei ist das große Thema: Will ich nicht arbeiten oder kann ich nicht arbeiten?

Kann ich nicht oder will ich nicht?

Worin genau liegt bei psychischen Herausforderungen der Unterschied? Kann ich nicht Busfahren oder will ich nicht Busfahren? Ich habe zwei Beine, die beweglich sind, ein paar Straßen weiter ist eine Bushaltestelle. Physisch bin ich in der Lage Bus zu fahren. Also scheine ich nicht zu wollen.

So ist es auch mit der Arbeit. Ich habe bewegliche Finger und die meiste Zeit ein funktionierendes Gehirn (ganz wichtig: Funktionieren!), ich könnte also als Texterin arbeiten. Warum tue ich es nicht? Weil ich lieber mein Leben als Hartzerin genieße (ja, Hartzerin, Bürgergeldempfänger*innen werden Hartzer bleiben, ausgespuckt und abfällig)?

Funktionierende Physis

Also, mein Körper scheint funktional, die meiste Zeit jedenfalls. Trotzdem funktioniere ich für die Gesellschaft nicht richtig. Dabei ist es wichtig zu funktionieren.

Als das alles anfing lauter zu werden, wollte ich um jeden Preis funktionieren. Damals bedeutete das für mich, zu Ende zu studieren, arbeiten zu gehen und ein lebhaftes Privatleben zu haben. Ich habe brav die Pillen genommen, die mir verschrieben wurden, war in Kliniken, habe mir einen Skill-Koffer zugelegt, habe mich bewegt und Entspannungsübungen gemacht.

Ich war eine brave Patientin. Und all das hat mich kurzfristig wieder zum Funktionieren gebracht.

Wie ein Motor, den man mit Benzin befüllt ohne zu merken, dass der Tank ein Leck hat.

Der Motor wird für kurze Zeit wieder anspringen, wird funktionieren, wenn er mit Benzin gefüllt wird. Bis das Benzin verbraucht und ausgelaufen ist. Besonders lange hält dieser Motor nicht durch.

Und so habe auch ich nicht lange durchgehalten bis der nächste Zusammenbruch kam. Und je länger ich nicht funktionierte, desto weniger Menschen blieben in meinem Leben übrig. Keine Freunde mehr, die mich in Kliniken besuchten. Keine Arbeitskollegen, die mir Nachrichten schrieben.

Da war nur ich und meine nicht funktionierende Psyche.

Ein Heilerziehungspfleger hat mal im Bezug zu Behinderung und Arbeit zu mir gesagt, dass er sich ärgere, wenn andere genauso viel Geld kriegen wie er, obwohl sie wesentlich weniger Leistung erbringen.

Schließlich leisten Nicht-Funktionierende nichts. Sie tragen nichts bei. Sie sind ein Klotz am Bein, der den anderen die Arbeit noch erschwert.

Wer nicht funktioniert hat kein Recht auf einen „normalen“ Lebensstandard.

Diskriminierung von einigen aus unserer Gesellschaft

Denken alle so? Eher nicht.

Trotzdem bleibt das Gefühl bei mir, dass wesentlich mehr Menschen in Deutschland so denken und es nur nicht aussprechen.

Aber in all den Nicht-Funktionierenden bleibt das schale Gefühl zurück, kein Teil mehr zu sein. Keine Leistung zu erbringen bedeutet eben kein vollwertiges Mitglied der Solidargemeinschaft zu sein. Das wurde von klein auf in uns alle eingeimpft. In die Funktionierenden und die Nicht-Funktionierenden.

Das sitzt so tief, dass es nur als laues Gefühl an die Oberfläche kommt. Ein Gefühl, das sich schwer beschreiben lässt. 

Das Gefühl, nicht vollwertig zu sein, weil ich nicht funktioniere.

Ein funktionierendes Mitglied der Gesellschaft
Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Den Tod selbst wählen – Suizid begehen. Das ist doch krank, nicht wahr? Aber wer hat das Recht darüber zu entscheiden? Ist es „besser“ einfach auf das Ende, auf den eigenen Tod, zu warten, egal wie lange das noch dauern mag? Oder nimmt man es lieber selbst in die Hand? Angst und Erleichterung sind die zwei Pole, zwischen denen sich die Beschäftigung mit dem eigenen Tod bewegt.

Suizid oder auf den Tod warten?

Inhaltsverzeichnis über Suizid und den Tod

Der Tod kann auch Erleichterung hervorrufen

Irgendwann ist alles zu Ende. Das kann Angst machen. Oder Erleichterung hervorrufen. Erleichterung darüber, dass die kranke Beziehung endlich ein Ende hat. Erleichterung, dass die Krankheit, das Leid und die Schmerzen irgendwann ein Ende haben. Erleichterung, dass dieses Leben irgendwann ein Ende hat.

Dann hat man es geschafft! Dann hat man all das ertragen und dann ist es zu Ende und man muss nicht weitermachen.

Wer empfindet Unbehagen das zu lesen? Für viele Menschen ruft der Tod und das Ende Unwohlsein hervor, als ob man den Tod mit den eigenen Gedanken herbeirufen würde. Ist das eine religiöse Angst? Oder kulturell? Wohl kaum evolutionär.

Kann man mit seinen Gedanken den Tod herbeirufen?

Es gibt Momente in meinem Leben, da finde ich den Gedanken, nicht weitermachen zu müssen, als unglaublich erleichternd und befreiend! Oft habe ich das Gefühl einfach nur auf das Ende von all dem zu warten.

Ich sitze hier in meiner kleinen, oft engen, Gedankenwelt, in einem Körper, der mehr schmerzt und Unwohlsein hervorruft, als dass er sich vital anfühlt und warte einfach auf das Ende. Und das wird unweigerlich kommen. Wie alles endet. Wie die duftenden Blumen verwelken, die Bäume ihre Blätter abwerfen, die Regenwolken sich auflösen, so geht auch das menschliche Leben zu Ende.

Der unerwünschte Suidzid

Suizid ist nicht erwünscht in unserer Gesellschaft.

Woher kommt diese extreme Ablehnung gegenüber Menschen, die sich selbst das Leben nehmen, die nicht auf ein Ende warten wollen? Ärzte wehren sich mit Händen und Füßen Menschen das Leben zu nehmen und sie dadurch in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen.

Dabei gehört der Tod genauso zum Leben wie das Leben selbst. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Genauso wenig wie ein Arzt das Recht hat einem Betroffenem das Leben gegen dessen Willen zu nehmen, so hat der Arzt auch kein Recht einem Betroffenen zu zwingen weiter zu leben, wenn dieser sich den Tod wünscht!

Menschen, die sich das Leben nehmen, gelten als egoistisch. Aber sind nicht die Angehörigen egoistisch, die sich das Weiterleben des Betroffenen wünschen, egal, wieviel Leid er oder sie zu ertragen hat? „Hauptsache, du bleibst physisch hier und wir müssen nicht trauern und uns nicht mit der Schuld auseinandersetzen, die dein selbstgewählter Tod in uns hervorruft.“. Wer hat mehr Recht? Kann man hierbei von Recht sprechen?

Hat man ein Recht den eigenen Tod selbst zu bestimmen?

Nur ICH spüre das, was ich tagtäglich spüre. Wie kann jemand im Außen, ob Arzt oder Angehöriger, darüber entscheiden, ob mein Leben lebenswert ist? Sollte diese Entscheidung nicht allein bei mir liegen, mit all den Stolpersteinen, Schuldzuweisungen und Hindernissen?

Was bleibt einem anderes übrig als einfach auf das Ende zu warten? Zu wissen, mit absoluter Sicherheit, dass es ein Ende haben wird.

Meine Oma ist froh, dass sie bereits 87 Jahre alt ist, weil sie jetzt nicht mehr so lange zu leben hat. Weil sie dann ihr Grübeln und ihre emotionalen Schmerzen hinter sich lassen kann. Dann hat sie dieses Leben geschafft, bis zum Ende hat sie durchgehalten. Und ich bin stolz auf sie. Weil sie viele Schmerzen ertragen musste. Ich kann ihre Erleichterung nachfühlen. Und genauso kann ich verstehen, wenn sie nicht mehr weitermachen wollte. Wenn sie sich für einen selbstgewählten Tod entscheiden würde. Niemals käme es mir in den Sinn ihr Vorwürfe zu machen!

Wieso muss man leben wollen?

Wieso müssen wir leben wollen? Nicht leben zu wollen gilt als pathologisch.

Wer hat anderen das Recht gegeben darüber zu urteilen?

Senioren sind selten ein Teil unserer Gesellschaft, aber wir erwarten von ihnen, trotzdem am Leben bleiben zu wollen. Eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder dazu erzieht, immer fleißig und funktional zu sein und sich dann wundert, wenn Mitglieder nicht mehr leben wollen, wenn sie diese Attribute nicht erfüllen. Wie viele chronisch Kranke erfüllen diese Attribute nicht und werden fleißig mit Antidepressiva therapiert, damit sie bloß nicht auf die Idee kommen, nicht mehr leben zu wollen?

Aber IHR habt sie doch ausgeschlossen! Wie könnt ihr dann erwarten, dass sie weiterhin lustig durch ihr leben tanzen? Weil ihr ihnen Bürgergeld und Rente zu sprecht? Wie großzügig von der Solidargemeinschaft, sich um Kranke und Alte zu „kümmern„, mit einem Minimum an finanziellen und mit Wenig-Bis-Gar-Nichts an sozialen Mitteln.

Aber eigentlich empfindet ihr sie als Belastung. Das sagt natürlich keiner. Sonst würde noch das böse „D“- Wort fallen: Diskriminierung.

Auf ein Ende zu warten kann sehr zermürbend sein. Niemand sollte das müssen.

Das Leben nehmen
Wie es kommt

Suizid birgt das Gefühl der Freiheit in sich