Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Wie würde ein Brief an die eigenen Eltern aussehen, wenn man eine traumatische Kindheit hatte? Was würde die Erwachsene in mir gerne ihren Eltern sagen, nachdem sie sich durch Jahre der Traumaarbeit hat kämpfen müssen, ausgelöst durch den Umgang von überforderten Erwachsenen mit ihrem sensitiven Kind? Nichts davon könnte ich ihnen ins Gesicht sagen. Ich habe gelernt zu schweigen und alles hinunter zu schlucken….bis ich fast daran erstickt wäre…

Verarbeitung von Emotionen

Liebe Mama, lieber Papa!

Mit Sicherheit war ich kein einfaches Kind. Ich war laut und energetisch, emotional und chaotisch, trotzig und erfinderisch, wütend und lachend.

Ich war einfach Ich.

Ihr habt mich als anders wahrgenommen. Und ihr habt gegen mich und meine Andersartigkeit gekämpft. Durchgehend habt ihr versucht mich in eure Box zu quetschen, aber da habe ich nie hineingehört.

Ihr habt mich gelehrt, dass das Leben Kampf bedeutet. Und Angst. Die Erde ist ein gefährlicher Ort, vor dem man sich schützen muss. Und man ist nur willkommen, wenn man sich in die Box begibt, wenn man sich anpasst.

Anpassung ist wichtig.

Ihr habt mich gelehrt, was ihr von euren Eltern gelernt habt. Zeig bloß nicht dein wahres Ich, verstelle dich, passe dich an. Du wirst es bereuen, wenn du dich nicht so verhältst, wie wir das wollen. Niemand wird dich so lieben, wie du bist. Niemand kann dich so lieben, wie du bist.

Und ich habe versucht mich anzupassen. Habe das gemacht, was von mir erwartet wurde. Habe eine Ausbildung gemacht, war im Ausland, Studium.

Aber dabei sind Teile von mir abgestorben. Teile, vor denen ich jetzt Angst habe, weil sie anders und anscheinend nicht liebenswert sind. Teile, von denen ich nicht mal wusste, dass sie zu mir gehören, weil ich sie vor lauter Angst abgespalten hatte.

Ich weiß, dass ihr das gemacht habt, was ihr von euren Eltern gelernt habt.

Und eure Eltern haben dasselbe von ihren Eltern gelernt. So wird es von einer Generation an die nächste weitergegeben.

Jetzt zeige ich mit dem Finger auf euch und klage euch an. Klage euch an, weil ihr selbst solche Angst vor euren eigenen nicht-liebenswerten Anteilen in euch habt, dass ihr nicht sehen konntet, welche Konsequenzen euer Verhalten hat. Wahrscheinlich wolltet ihr auch nicht sehen, welche Konsequenzen euer Verhalten auf ein abhängiges Lebewesen hat.

Ihr könnt nicht aus eurer Haut, seid gefangen in eurer eigenen Box, in die ihr als Kleinkinder gesteckt wurdet. Diese Box gibt euch Sicherheit, egal, wie eng es darin auch sein mag.

Wir alle leben in unserer eigenen Box, in unserer eigenen Büchse der Pandora. Und wir alle haben Angst vor der Büchse und können nicht erkennen, dass wir tatsächlich in der Büchse leben. Und um da raus zu kommen, muss man die Büchse öffnen und all die unangenehmen Anteile müssen angeschaut werden.

Wir können die Vergangenheit nicht ändern.

Die Vergangenheit war wie sie war und wir alle haben unsere Erfahrungen gemacht. Bis heute hallen die Erinnerungen an damals durch unsere Körper. Sie gehen nicht weg bis wir sie uns mutig angeschaut haben.

Ich lade euch heute ein, sie euch anzuschauen. Ihr müsst keine Angst davor haben. Seid mutig. Diese Anteile sind liebenswert und sie dürfen einen Platz in eurem Leben einnehmen.

Ihr habt Verhaltensweisen gezeigt, deren Konsequenzen bis heute reichen. Aber ihr habt jetzt die Wahl diese Verhaltensweisen zu betrachten und euch anders zu entscheiden. Ihr könnt euch jeden Moment eures Lebens anders entscheiden.

Jede neue Entscheidung birgt eine neue Zukunft mit anderen Konsequenzen.

Seid mutig! Trefft eine neue Wahl. Für uns alle und alle folgenden Generationen.

Kontakt mit sich selbst und mit anderen
Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Beobachtung einer Erwachsenen

Emotionsunterdrückung im Kindesalter hat enorme Auswirkungen auf die späteren Erwachsenen! Kinder sind verletzliche Lebewesen, deren physisches Überleben vom Rudel, in dem sie leben, abhängt. Wie fühlt es sich an, wenn man als Kind immer wieder zu spüren bekommt, dass die eigenen Gefühle nicht der Wahrheit entsprechen und man für Emotionsäußerungen entweder direkt bestraft oder lächerlich gemacht wird? Was bedeutet es, wenn man als Kind mit seinen Emotionen alleine gelassen wird?

Wie sich Emotionsunterdrückung auf Kinder auswirkt

Inhaltsverzeichnis Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Die eigene Kindheit nochmal erleben

Mit Anfang 30 zog ich wieder bei meinen Eltern ein. Ich galt als selbstgefährdend, ein distanziertes Wort der Psychiatrie um ausdrücken, dass ich dieses Leben nicht weiterführen wollte. Also kündigte ich meinen Mietvertrag, packte alle meine Habseligkeiten ein und zog nach zehn Jahren Eigenständigkeit wieder zurück in ein Zimmer im Haus meiner Eltern. Tief in mir spürte ich, dass ich sobald nicht mehr ausziehen würde. Fast zehn weitere Jahre sollten ins Land gehen, bevor es soweit war.

In diesen letzten zehn Jahren erlebte ich meine Kindheit erneut. Mit allen Emotionen, die in meinen Kindertagen so schlimm waren, dass ich sie nicht ertragen konnte und tief in mir weggeschlossen habe. Alle Gefühle kamen ans Licht und ich verstehe, warum ich sie als Kind nicht fühlen konnte.

Ich frage mich oft, wie ich das überlebt habe.

So hatte ich jedoch die Möglichkeit mir als Erwachsene anzuschauen, wie es sich als abhängiges Kind anfühlt, wenn man immer und immer und immer wieder zu hören bekommt, dass das, was man fühlt, nicht wahr ist. Und während ich keine Wut zeigen durfte, weil es von Seiten meiner Mutter sofort mit Wut bestraft wurde und mein Vater sich von mir distanzierte, waren auch kaum andere Emotionen erwünscht. Ich durfte mich nicht zu laut freuen, das störte. Weinen führte zu einer Genervtheit. Meine Ängste wurden als Waffe gegen mich eingesetzt, wenn ich unter Kontrolle gebracht werden musste.

Ich weiß jetzt, wie es sich als Kind angefühlt hat, wenn Erwachsene meine Grenzen überschritten und ich mich nicht wehren durfte. Aber Erwachsene sind immer am längeren Hebel. Als Kind ist das eigene Überleben abhängig von der Kernfamilie. Wenn diese einen ablehnt, kann man sich gleich das Leben nehmen. Oder man passt sich an. Das ist, was alle Kinder tun müssen und Erwachsene erwarten das auch. So, wie die Erwachsene sich selbst als Kinder anpassen mussten.

Die Aufgabe von Wut: Unsere Grenzen zu schützen, damit sie niemand überschreitet.

Kinder haben ein Recht auf ihre Emotionen!

Emotionsunterdrückung im Kindesalter führt zu nichts!

Es gibt einen Grund, warum Kinder wütend sind! Und sie mit der Wut alleine zu lassen, ist nicht besser als sie dafür zu bestrafen. „Die stille Treppe“ oder „der stille Stuhl“ sind für ein Rudeltier, wie der Mensch eins ist, das Todesurteil. „Du zeigst eine unerwünschte Emotion? Dann hast du in unserem Rudel nichts mehr verloren!“, das ist, was die Kinder indirekt gesagt bekommen. Stattdessen sollte es Aufgabe des Caretakers sein, das Kind anzuleiten, wie man Emotionen erleben kann ohne sie an anderen auszulassen. Wie soll das Kind lernen, wie es mit Emotionen umgehen soll, wenn die Erwachsenen in seinem Leben ihm nicht zeigen, wie das geht?

Hier liegt natürlich der Hase im Pfeffer: Die Erwachsenen wissen meist selbst nicht, wie das geht. Auch sie haben nur gelernt, Emotionen zu unterdrücken, anstatt sie zu verarbeiten.

Mit den eigenen Emotionen allein gelassen werden

Das empfand ich am allerschlimmsten: Alleingelassen zu werden mit all der Wut und der Verzweiflung. Abends ins Bett zu müssen in ein dunkles Zimmer, kein Spielen oder Lesen war erwünscht, ich musste ja bestraft werden. Welcher Erwachsene würde das aushalten? Wir würden sofort zu unseren Handys greifen und uns bei YouTube oder TikTok berieseln lassen, um diese schlimmen Emotionen nicht spüren zu müssen. Aber Kinder lassen wir damit allein! Gerne werden dann auch Sachen gesagt wie: „Denk darüber nach, was du getan hast!“. Und dann werden sie mit all diesen unangenehmen, schrecklichen Gefühlen allein gelassen und sollen in der Lage sein, das, was Erwachsene noch nicht mal ertragen können, auszuhalten oder besser noch, zu verarbeiten?

Wenn der Erwachsene zum Kind werden würde:

Der Chef hat einen so wütend gemacht heute auf der Arbeit, aber man darf das ja nicht am Chef auslassen, weil man von der Anstellung und somit vom Chef abhängig ist. Also schluckt man seine Wut herunter bis man Zuhause ist und sich beim Partner oder der Partnerin richtig über den Chef auslassen kann. Vielleicht haut man auch irgendwo dagegen. Oder man schaut Fernsehen, um nicht mehr darüber nachdenken zu müssen.

Was wäre, wenn man stattdessen gezwungen wird, sich ruhig hinzusetzen in eine dunkle Ecke, ohne Ablenkung oder einen sozialen Kontakt und einfach mit der Wut zu sein? „Nein, du darfst dich nicht bewegen, um die sich anstauende Energie rauszulassen. Du sollst auch nicht weinen oder schreien, das will keiner hören. Ach, diese Unruhe in dir macht dir Angst? Ja, mir auch, deswegen will ich nicht, dass du sie raus lässt.“, „Aber was soll ich denn dann damit machen?“, „Denke darüber nach!“.

Irgendetwas läuft hier ziemlich schief.

An alle Mamas, Papas und Caretaker:

Viele von euch haben es selbst nicht anders gelernt, als die eigenen Gefühle zu unterdrücken, zu ignorieren und gegen sie zu kämpfen. Aber ihr könnt jetzt etwas ändern. Setzt euch mit den Emotionen eurer Kinder auseinander. Dafür müsst ihr selbst lernen, wie sich diese Gefühle anfühlen und wie man sie verarbeiten kann. Ihr müsst zu euren Experten werden, um für eure Kinder die Experten im Fühlen zu werden! Emotionen können enorm unangenehm sein. Stellt euch vor, wie das für unschuldige, abhängige Kinder ist. Nur durch euch können sie sehen, dass es ok ist zu fühlen.

Kinder brauchen Erwachsene, um ihnen zu helfen, Gefühle zu spüren

Ihr seid die Veränderung, die diese Welt braucht!

Fazit zur Emotionsunterdrückung im Kindesalter

Wir alle tragen unzählige unterdrückte Emotionen und Gefühle aus unserer Kindheit mit uns. Aber das müssen wir so nicht weitergeben. Kinder haben ein Recht darauf zu lernen, wie sie ihre Gefühle und Emotionen spüren und erleben können, ohne gegen sie zu kämpfen. Gerade weil sie von den Erwachsenen abhängig sind!