Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Auf ein Ende warten – Über Suizid und den Tod

Den Tod selbst wählen – Suizid begehen. Das ist doch krank, nicht wahr? Aber wer hat das Recht darüber zu entscheiden? Ist es „besser“ einfach auf das Ende, auf den eigenen Tod, zu warten, egal wie lange das noch dauern mag? Oder nimmt man es lieber selbst in die Hand? Angst und Erleichterung sind die zwei Pole, zwischen denen sich die Beschäftigung mit dem eigenen Tod bewegt.

Suizid oder auf den Tod warten?

Inhaltsverzeichnis über Suizid und den Tod

Der Tod kann auch Erleichterung hervorrufen

Irgendwann ist alles zu Ende. Das kann Angst machen. Oder Erleichterung hervorrufen. Erleichterung darüber, dass die kranke Beziehung endlich ein Ende hat. Erleichterung, dass die Krankheit, das Leid und die Schmerzen irgendwann ein Ende haben. Erleichterung, dass dieses Leben irgendwann ein Ende hat.

Dann hat man es geschafft! Dann hat man all das ertragen und dann ist es zu Ende und man muss nicht weitermachen.

Wer empfindet Unbehagen das zu lesen? Für viele Menschen ruft der Tod und das Ende Unwohlsein hervor, als ob man den Tod mit den eigenen Gedanken herbeirufen würde. Ist das eine religiöse Angst? Oder kulturell? Wohl kaum evolutionär.

Kann man mit seinen Gedanken den Tod herbeirufen?

Es gibt Momente in meinem Leben, da finde ich den Gedanken, nicht weitermachen zu müssen, als unglaublich erleichternd und befreiend! Oft habe ich das Gefühl einfach nur auf das Ende von all dem zu warten.

Ich sitze hier in meiner kleinen, oft engen, Gedankenwelt, in einem Körper, der mehr schmerzt und Unwohlsein hervorruft, als dass er sich vital anfühlt und warte einfach auf das Ende. Und das wird unweigerlich kommen. Wie alles endet. Wie die duftenden Blumen verwelken, die Bäume ihre Blätter abwerfen, die Regenwolken sich auflösen, so geht auch das menschliche Leben zu Ende.

Der unerwünschte Suidzid

Suizid ist nicht erwünscht in unserer Gesellschaft.

Woher kommt diese extreme Ablehnung gegenüber Menschen, die sich selbst das Leben nehmen, die nicht auf ein Ende warten wollen? Ärzte wehren sich mit Händen und Füßen Menschen das Leben zu nehmen und sie dadurch in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen.

Dabei gehört der Tod genauso zum Leben wie das Leben selbst. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Genauso wenig wie ein Arzt das Recht hat einem Betroffenem das Leben gegen dessen Willen zu nehmen, so hat der Arzt auch kein Recht einem Betroffenen zu zwingen weiter zu leben, wenn dieser sich den Tod wünscht!

Menschen, die sich das Leben nehmen, gelten als egoistisch. Aber sind nicht die Angehörigen egoistisch, die sich das Weiterleben des Betroffenen wünschen, egal, wieviel Leid er oder sie zu ertragen hat? „Hauptsache, du bleibst physisch hier und wir müssen nicht trauern und uns nicht mit der Schuld auseinandersetzen, die dein selbstgewählter Tod in uns hervorruft.“. Wer hat mehr Recht? Kann man hierbei von Recht sprechen?

Hat man ein Recht den eigenen Tod selbst zu bestimmen?

Nur ICH spüre das, was ich tagtäglich spüre. Wie kann jemand im Außen, ob Arzt oder Angehöriger, darüber entscheiden, ob mein Leben lebenswert ist? Sollte diese Entscheidung nicht allein bei mir liegen, mit all den Stolpersteinen, Schuldzuweisungen und Hindernissen?

Was bleibt einem anderes übrig als einfach auf das Ende zu warten? Zu wissen, mit absoluter Sicherheit, dass es ein Ende haben wird.

Meine Oma ist froh, dass sie bereits 87 Jahre alt ist, weil sie jetzt nicht mehr so lange zu leben hat. Weil sie dann ihr Grübeln und ihre emotionalen Schmerzen hinter sich lassen kann. Dann hat sie dieses Leben geschafft, bis zum Ende hat sie durchgehalten. Und ich bin stolz auf sie. Weil sie viele Schmerzen ertragen musste. Ich kann ihre Erleichterung nachfühlen. Und genauso kann ich verstehen, wenn sie nicht mehr weitermachen wollte. Wenn sie sich für einen selbstgewählten Tod entscheiden würde. Niemals käme es mir in den Sinn ihr Vorwürfe zu machen!

Wieso muss man leben wollen?

Wieso müssen wir leben wollen? Nicht leben zu wollen gilt als pathologisch.

Wer hat anderen das Recht gegeben darüber zu urteilen?

Senioren sind selten ein Teil unserer Gesellschaft, aber wir erwarten von ihnen, trotzdem am Leben bleiben zu wollen. Eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder dazu erzieht, immer fleißig und funktional zu sein und sich dann wundert, wenn Mitglieder nicht mehr leben wollen, wenn sie diese Attribute nicht erfüllen. Wie viele chronisch Kranke erfüllen diese Attribute nicht und werden fleißig mit Antidepressiva therapiert, damit sie bloß nicht auf die Idee kommen, nicht mehr leben zu wollen?

Aber IHR habt sie doch ausgeschlossen! Wie könnt ihr dann erwarten, dass sie weiterhin lustig durch ihr leben tanzen? Weil ihr ihnen Bürgergeld und Rente zu sprecht? Wie großzügig von der Solidargemeinschaft, sich um Kranke und Alte zu „kümmern„, mit einem Minimum an finanziellen und mit Wenig-Bis-Gar-Nichts an sozialen Mitteln.

Aber eigentlich empfindet ihr sie als Belastung. Das sagt natürlich keiner. Sonst würde noch das böse „D“- Wort fallen: Diskriminierung.

Auf ein Ende zu warten kann sehr zermürbend sein. Niemand sollte das müssen.

Das Leben nehmen
Wie es kommt

Suizid birgt das Gefühl der Freiheit in sich
Das Gefühl etwas zurücklassen zu müssen

Das Gefühl etwas zurücklassen zu müssen

Das Gefühl etwas zurücklassen zu müssen

Beim Gefühl etwas zurücklassen zu müssen, scheint eine unglaubliche Schwere den Körper und die Psyche zu befallen. Das Gefühl der Traurigkeit steigt in Form von Tränen auf. Einfach so, wie aus dem Nichts. Vielleicht hat man eine Gegenstand gesehen, den man mit seiner Vergangenheit verbindet? Oder es ist ganz unbewusst ein Gedanke in einem aufgepoppt: Das kommt nie wieder. Das ist jetzt vorbei.

Das Gefühl etwas zurück zu lassen

Inhaltsverzeichnis über das Gefühl etwas zurücklassen zu müssen

Der Sand der Zeit

Der Sand der Zeit fließt unaufhörlich durch die eigenen Finger, immer weiter nach vorne treibend und man weiß, man kann nicht mehr da hin zurück, wo man hergekommen ist.

Manchmal ist das ein sehr erleichternder Gedanke: Wenn man vor der eigenen grausigen Vergangenheit geflohen ist, geht das Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen eher mit der Angst einher, die Vergangenheit könnte einen wieder einholen.

Die Unausweichlichkeit der verrinnenden Zeit

Bei dem Gefühl etwas zurücklassen zu müssen geht es darum, etwas loslassen zu müssen, mit dem man so eng verbunden war, dass es einen hilflos zurücklässt, wenn es gegangen ist. Das kann ein geliebter Mensch gewesen sein oder ein geliebtes Haustier. Möglicherweise ist man umgezogen und man muss diesen alten Teil von sich in der alten Wohnung zurücklassen.

Diese Form des Verlustes, ob nun selbst herbeigeführt oder erzwungen, trägt jede Menge Trauer in sich. Man muss trauern, um jene Dinge, die man verloren hat. Trauern, um jene eigenen Anteile, zu denen man nicht mehr zurück kann. Das Leben geht unausweichlich weiter. Der Zeitpfeil, der Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet und auf den wir Menschen aktuell keinen Einfluss nehmen können, zeigt gnadenlos in die Zukunft.

Das kommt nicht wieder. Niemals mehr.

Wie unterscheidet sich das Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen von Trauer?

Trauer ist ein lautes, alles einnehmendes Gefühl. Es tritt mehr oder weniger direkt nach einem Verlust auf. Man kann nicht mehr essen, nicht mehr richtig schlafen. Man lebt wie unter einer dunklen Glocke, die Zeit bleibt für einen Moment stehen.

Im Gegensatz dazu ist das Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen, leiser. Es ist eine Art Untergefühl von Trauer. Es kann Monate, Jahre, Jahrzehnte nach dem eigentlichen Verlust auftreten und nimmt nicht ganz so viel des eigenen Organismus ein. Kleine Momente im Alltag sind es, die durch dieses Gefühl beeinflusst werden. Und so schnell wie es gekommen ist, geht es auch wieder.

Was also tun gegen das Gefühl etwas zurücklassen zu müssen?

Ihm erlauben da zu sein, so schwer das auch fallen mag.

Je mehr man sich gegen dieses Gefühl der Trauer wehrt, desto lauter wird es und desto länger hält es einen gefangen.

Man darf um all das Vergangene trauern, so lange es notwendig ist. Unsere Psyche und unsere Körper brauchen die Zeit des Trauerns, um liebevoll das Alte zu lösen und in der Gegenwart anzukommen.

Deswegen ist es notwendig wahrzunehmen, wenn das traurige Gefühl etwas zurücklassen zu müssen, auftaucht und ihm einen Moment Zeit zu schenken. Es muss mich und meinen Alltag nicht bestimmen.

Durch das Lösen von dem, was wir zurücklassen, schaffen wir Platz für neue Erfahrungen, neue Eindrücke, neue liebevolle Menschen und Tiere.

Die richtige Richtung
Die Unendlichkeit der Trauer

Die Unendlichkeit der Trauer

Die Unendlichkeit der Trauer

Das Gefühl der Trauer ist eines dieser Gefühle, die einen für den Rest des Leben begleiten. Auch wenn die Intensität und die Häufigkeit des Gefühls über die Zeit abnimmt, überfällt sie einen von hinten, wenn man es gerade am wenigsten erwartet. Worin liegt der Unterschied zu Trauer um einen Verstorbenen und Trauer bei einer Trennung?

Die Hand, die ich nach dem Verstorbenen ausstreckt

Inhaltsverzeichnis über die Unendlichkeit der Trauer

Verlust endet niemals

Das Gefühl der Trauer in Verbindung mit dem Tod eines geliebten Lebewesens scheint niemals wirklich zu vergehen. Während andere Gefühle, wie Angst oder Wut, weiterziehen, begleitet einen die Trauer für den Rest des Lebens, da der Verlust niemals beendet werden kann.

Es ist das Gefühl der Unendlichkeit, das mit dem Tod einher geht.

Wenn man sich von einem Partner oder einer Partnerin trennt, geht auch das mit dem Gefühl des Verlustes und der Trauer einher. Trotzdem scheint sich diese Art der Trauer schneller zu regenerieren, der eigene Organismus überwindet diese Form des Verlustes rascher, als es der Tod mit sich bringt. Vielleicht liegt das daran, dass der Tod endgültig ist.

Die Zeiten, die man gemeinsam mit dem geliebten Menschen oder Lebewesen verbracht hat, werden unumstößlich nie mehr wiederkehren. Bei der Trennung eines Partners ist immer ein Hintertürchen offen. Der Partner ist irgendwo immer noch in der physischen Realität vorhanden, selbst wenn er oder sie ans andere Ende der Welt gezogen und verheiratet ist, das Hintertürchen, dass die alten Zeiten wiederkehren könnten, bleibt. Hilft das, den Verlust einer Partnerschaft schnell zu überwinden? „Schnell“ ist selbstverständlich relativ, das kann auch Jahre bedeuten, aber irgendwann kommt bei den meisten Menschen der Moment, an dem sie ein Bild des verlorenen Partners sehen und nichts mehr fühlen. Manchmal fragt man sich auch, wie man überhaupt etwas für diese Person empfinden konnte.

Die Trauer bei Tod jedoch ist anders. Da gibt es kein Hintertürchen, da gibt es kein hin und her und vielleicht doch nochmal: Es gibt nur den endgültigen Verlust, ein Für-Immer. Der Sand der Zeit rinnt einem unaufhaltsam durch die Finger, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Wünsche.

Der Prozess der Trauer

Direkt nach dem Tod kommt eine Zeit des Erstarrens, als würde die Zeit stillstehen, nichts geht mehr vorwärts. Wie soll das Leben auch vorwärts gehen ohne diese geliebte Präsenz um einen? Ein dicker Nebel scheint einen einzuhüllen, dämpft alle Sinneseindrücke, macht einen taub für die Außenwelt. Aber wir wissen, das Leben geht weiter. Unaufhaltsam rinnt die Zeit weiter, während man sich selbst fragt, wie das denn gehen soll. Und all die Erlebnisse, all die geteilte Zeit mit dem geliebten Lebewesen sind unausweichlich beendet.

Es gibt kein Zurück mehr, nur ein Vorwärts.

Die Zeit heilt alle Wunden … Ist das so? Die Unendlichkeit der Trauer ist so unendlich, dass sie nie mehr zu verschwinden scheint. Die Trauer tritt in den Hintergrund, man schafft neue Erlebnisse, neue Erinnerungen, aber dann überfällt sie einen rücklings von hinten, wenn man es am wenigsten erwartet.

Vielleicht hat man einen kurzen Blick auf ein Bild geworfen oder die eigenen Gedanken haben einen zu der liebevollen, vergangenen Präsenz getragen und da ist er wieder: Dieser tiefe Schmerz um den Verlust und das Gefühl, nichts ändern zu können, für immer das Gefühl des Vermissens in sich tragend. Und egal, wie lange der Verlust her ist, wenn man in die Trauer eintaucht, spült sie einen mit sich hinfort und lässt einen einsam zurück.

Das Gefühl der Trauer: Was am Ende bleibt

Das Gefühl der Trauer wird leiser werden, es wird nicht mehr laut polternd über einen herfallen, es wird seltener kommen. Es wird zu dem Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen. Es wird einen aber für den Rest des Lebens begleiten, vielleicht nur als kleiner Stich in der Herzgegend, aber es wird einen daran erinnern, dass man mal mehr war.

Deswegen lade ich die Trauer ein, mit mir hier sein zu dürfen. Sie wird mich für immer begleiten, es wäre ein sinnloser Kampf gegen sie. Sie ist jetzt ein Teil meines Lebens und es werden mit Sicherheit noch mehr Trauergefühle im Laufe meines Lebens hinzukommen.

Sei mir willkommen.

Nun begleitet uns das Gefühl der Trauer, anstatt das geliebte Lebewesen.

Ich vermisse dich

Für meinen kleinen Mann Trosky