Die Sache mit der Kreativität
Wie ich gelernt habe, NICHT kreativ zu sein
Ist Kreativität angeboren? Mein gesamtes Erwachsenenleben über war ich der Überzeugung, ich wäre nicht kreativ. Kein bisschen. Rationales Denken und Auswendiglernen gaben mir Sicherheit, aber bloß nicht mich selbst einbringen! Bis ich mich mit meiner Kindheit auseinandersetzen musste und erkannte, dass ich gelernt hatte, nicht kreativ zu sein. Aber dass in mir ganz viel Kreativität vorhanden ist, die irgendwo hin möchte. Aber mit dieser Kreativität an die Öffentlichkeit zu gehen, brauchte seine Zeit.
Inhaltsverzeichnis über „Kreativität“
Ich bin nicht kreativ
Mein gesamtes Erwachsenenleben über war ich der Meinung nicht kreativ zu sein. Ich war gut im kopieren. Perfektionistisch gut.
Ich wäre eher Kunstfälscherin geworden als selbst Kunst zu kreieren.
Also habe ich Ausbildungen und Berufe gewählt, die mir Sicherheit gaben: Erzieherin, Studium der Linguistik und der Psychologie. Ich habe mich unglaublich wohl gefühlt in Berufen, in denen ich eine klar formulierte Aufgabe hatte, die es zu erfüllen galt. Bloß nicht selbst denken und kreativ werden müssen.
Ich war gerne analytisch und rational. Das hatte eine feste Struktur, ich musste mich nicht selbst einbringen. Quasi das Auswendiglernen des Lebens.
Es gibt eben kreative Menschen auf diesem Planeten und es gibt die, die es nicht sind
Ich gehörte zu den Letzteren. So war das halt.
Es gab auch einfach keinerlei Ideen in mir, die ich hätte umsetzen können.
Erst in der Auseinandersetzung mit mir selbst und meiner Vergangenheit habe ich verstanden, woher dieses Fehlen an Kreativität kam.
Was bedeutet Kreativität für mich?
Für mich bedeutet Kreativität etwas Neues aus dem eigenen Wesen heraus zu erschaffen. Dabei kann man sich Bausteine von anderen nehmen, sich inspirieren lassen und all diese Bausteine nimmt man dann, um etwas Einzigartiges in die Welt zu gebären.
Und dieses Einzigartige muss keinerlei „Wert“ haben, außer dem, dass es hier ist und aus mir selbst heraus geboren wurde. Ich muss es nicht verkaufen können, oder brauche jemand anderen, der dieses Neue für gut befindet. Es muss keinerlei Zweck oder Sinn dienen.
Die schlichte Tatsache, dass es existiert, gibt diesem Neuen seinen Wert.
Begriffe wie „gut“ und „schlecht“ oder „richtig“ und „falsch“ können niemals im Bezug auf Kreativität angewandt werden, weil dieses einzigartige Ding, das aus meinem Wesen kommt, unique ist und somit keinerlei Vergleiche herangezogen werden können, die dieses Ding in der Polarität von „gut“ und „schlecht“ hält.
Bei Kreativität geht es weniger um das Endprodukt, als viel mehr um den Prozess des Kreierens an sich
Ich habe gelernt NICHT kreativ zu sein
In meiner Kindheit wurde sich über meine Kreativität lustig gemacht. Egal, was ich getan habe, es wurden Witze gerissen oder es wurde bemängelt, dass ich es nicht richtig gemacht habe. Es gab immer etwas zu kritisieren.
Ich glaube tatsächlich, dass es in den meisten Fällen gut gemeint war: Nur, wenn ich Dinge perfekt ausführe, werde ich in dieser Gesellschaft anerkannt, also schütze ich das kleine Mädchen namens Johanna dadurch, dass ich sie darauf hinweise, dass es die Dinge perfekter machen muss.
Das rechtfertigt in keinster Weise das tiefe Gefühl der Scham, das in mir ausgelöst wurde durch ihre Witze und Frotzeleien
Etwas, das ein Teil von mir ist, weil es aus mir heraus geboren wurde, ist nicht richtig so, wie es ist. Es muss geändert werden.
Die Story meines Lebens.
Somit wurde etwas, was mir Spaß machte, zu einem Objekt der Scham, das mir immer wieder bestätigte, dass ICH nicht richtig so bin wie ich bin.
Ich wurde nur anerkannt, wenn ich die Dinge so gemacht habe, wie sie von mir erwartet wurden. NIEMALS ANDERS! Das konnte sogar bestraft werden, mindestens mit Nichtachtung! Es war enorm wichtig, die Aufgaben exakt so auszuführen, wie die Erwachsenen es vorgaben!
Also habe ich die Kreativität abgespalten.
Keine Kreativität mehr
✅ CHECK
Mein Erwachen
Indem ich mit Ende 30 immer wieder mit diesen dysfunktionalen Verhaltensweisen meiner Eltern konfrontiert wurde, konnte ich die Struktur dahinter erkennen:
Kind ist kreativ –> wird dafür lächerlich gemacht oder ermahnt –> Kind ist nicht mehr kreativ
Dafür musste ich durch all den emotionalen Schmerz hindurch, den diese Verhaltensweisen in mir verursachten. Ich musste in die erneute Konfrontation mit meiner Mutter: Dass sie sich etwas von mir wünscht und ich es gerne so machen würde, wie ICH es für richtig halte. Um dann ihre Ablehnung zu spüren, ihre Verachtung für das Objekt, das nicht ihren Vorstellungen entspricht.
Sie wollte es auf eine bestimmte Art und Weise haben und meine Aufgabe als Kind war es, diese Aufgabe perfekt zu erfüllen, um sie glücklich zu machen.
Mein heutiges Selbst und die Kreativität
Tja, und wie sich herausstellte, schreibe ich gerne und habe Spaß daran, YouTube-Shorts zu erstellen 😁
Also fing ich mit diesem Blog an und schreibe jetzt Beiträge aus mir selbst heraus. Und ganz absichtlich weiß ich nichts über andere Blogs, wie sie aussehen, wie sie schreiben, wie ein Blog sein muss, damit andere ihn lesen.
Ich habe bereits für Webseiten getextet. Mein letzter Job war im e-Commerce. Aber das Texten von Produktbeschreibungen für einen Online-Shop hatte wenig mit meinem Verständnis von Kreativität zu tun.
Ich möchte mich nicht mehr an Vorgaben halten, die mir erzählen, wie ich Dinge zu tun habe. Stattdessen möchte ich kreativ sein. Ich möchte die Dinge so machen, wie ICH sie machen möchte.
Immer mit der Sorge, es könnte anderen nicht gefallen. Dass ich es nicht richtig mache. Dass ich es anders machen müsste, damit andere das mögen, was ich kreiere.
Und mich dann von diesem Gefühl der Sorge und der Scham zu lösen, denn nur dann entsteht Kreativität in mir:
Losgelöst von den Erwartungen der anderen
Fazit
Ich bin überzeugt davon, dass JEDER Kreativität in sich trägt. Diesen Funke bringt jeder Mensch bei der Geburt mit. Nur wird dieser Funke relativ schnell vom Umfeld ausgetreten, so dass es keinerlei Möglichkeit gibt, daraus ein Feuer zu entwickeln.
Wir sind nicht alle Maler oder Sänger oder Tänzer. Selbst der theoretische Physiker, der mit der Theorie eines Kollegen eine neue Theorie entwickelt und damit unser Weltbild revolutioniert, ist kreativ. Oder jemand, der den Raketenantrieb neu erfindet. Oder schlicht jemand, der das Büro neu strukturiert.
Wir müssen es unserem erwachsenen Ich nur erlauben, diesen Funken wieder in sich selbst zu finden.
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