Reise durch die Angst

Reise durch die Angst

Reise durch die Angst

Die Angst scheint uns mitzunehmen auf eine Reise, um die wir nicht gebeten haben. Eine Reise tief in unsere dunkelsten Abgründe hinein. Aber auch die Angst kündigt sich an. Selten kommt sie uneingeladen ins Haus gepoltert, um uns mitzureißen. Stattdessen schleicht sie sich in Form von Gedanken in unser Leben, durch die Hintertür. Durch die Tür, von der wir glauben, dass sie nur die Wahrheit zeigt.

Eine Reise zu sich selbst führt immer durch die Angst

Inhaltsverzeichnis über die Reise durch die Angst

Eine normale Reise

Die meisten Reisen plant man. Man überlegt sich, wo es hingehen soll, wie lange die Reise geht, ob man alleine reist oder mit anderen, All-Inclusive oder Individualreise, welche Ausweisdokumente man braucht…. Die Liste nimmt kein Ende. Bevor es überhaupt losgeht, gibt es schon viel zu bedenken, zu recherchieren und zu organisieren.

Nicht jedoch bei dieser ganz besonderen Reise. Die Reise durch die Angst. Selten ist es eine geplante Reise, durchorganisiert, bei der man schon vorher versucht alles zu bedenken, damit man gerüstet ist für den Fall X. Dabei fällt mir das Stichwort „Kontrolle“ ein. Das ist, was uns und unserem System Sicherheit gibt: Je mehr wir bedenken, je mehr wir planen, je mehr wir organisieren, desto mehr wiegen wir uns in einer scheinbaren Sicherheit.

Die Angst kommt jedoch selten geplant.

Die Angst scheint uns von hinten zu überfallen. Dann, wenn wir gerade nicht aufpassen, nicht achtsam sind, greift sie an und zerrt uns mit auf eine tiefe Reise in ihre dunklen Abgründe.

Meine Reise mit der Angst

Ich habe viel Zeit mit der Angst verbracht, habe mich mit ihr angefreundet, habe mit ihr gemeinsam gelebt, und nach und nach die Muster in ihrem Auftauchen erkannt. Sie kommt gerne in den stillen Momenten als leiser Gedanke, schleicht sich ein an Tagen, an denen ich sehr vulnerabel bin, besucht mich an Tagen, an denen ich mich „gestresst“ fühle. In diesen Momenten stoße ich meine emotionale Tür für die Angst auf und sie findet einen wunderbaren Nährboden in mir. Und ich höre sie an.

Wenn dieser leise Angst-Gedanke auftaucht, gerät mein Körper in Aufregung und mein ganzes System geht in Verteidigungsposition. Das ist genau das, was meine Gedanken gerade brauchen: Ganz offensichtlich hat dieser leise Gedanke der Angst Recht, mein Körper merkt es doch auch, dass etwas nicht in Ordnung ist! Mit dieser physischen Bestätigung fängt das Gedankenkreisen an. Meine Gedanken drehen sich nur noch um dieses angstauslösende Thema und darum, wie ich die Angst aufhalten kann. Nichts anderes ist mehr wichtig, der berühmte Tunnelblick. Es geht nur noch darum, die vermeintliche Bedrohung abzuwehren. Inzwischen weiß ich, dass diese Gedanken selten der Realität entsprechen.

Mein Denken ist nur so wahr, wie ich es für wahr halte.

Es liegt an mir einen STOPP in das Gedankenkreisen zu bringen. Das macht aber erstmal meine Gedanken noch lauter: Nur, weil es das letzte Mal nicht schlimm war, heißt es nicht, dass es diese mal auch so sein muss. Dieses Mal ist es bestimmt anders! Dieses Mal ist es ernsthaft! Auch das ist ein Muster, das ich inzwischen kenne.

Früher war ich mir all dessen nicht bewusst. Früher kam die Angst laut krachend in mein Leben gepoltert, alles mit sich mitreißend. Da konnte ich keine Muster erkennen, nichts ergab einen Sinn. Auf einmal war sie da und schrie mich lauthals an. Und ich konnte nur schreiend davon rennen. Mit dem einzigen kleinen Problem, dass die Angst nichts ist, wovor man wegrennen kann, weil sie IN einem ist. Wo soll man noch hin?

Wenn uns jemand eine Reise aufzwingt, auf die wir keine Lust haben, können wir davon rennen. Aber die Reise der Angst führt uns in uns selbst hinein, in die dunklen Tiefen unseres Unterbewusstseins, wo sie Zuhause ist. Dort haben wir sie selbst begraben in der Hoffnung, dass sie nie wieder den Weg ans Tageslicht findet.

Aber die Angst findet immer einen Weg! Man kann nicht vor ihr davon laufen. Und wenn sie einmal einen Fuß in der Tür hat, wird sie als uneingeladener Gast erstmal bleiben und ganz ohne unser Planen wird sie uns immer wieder mitnehmen auf die Reise durch sie hindurch.

Die eigene Wahrheit finden

Was tun, wenn die Reise durch die Angst beginnt?

Ich habe gelernt die Muster der Angst zu erkennen, habe mich mit ihr auseinandergesetzt. Ich zwinge mich zu nichts, ich habe ihr den Raum gelassen, den sie braucht. Und so habe ich Schritt für Schritt mich selbst kennen gelernt, meine Gedanken, meine körperlichen Reaktionen, meine Gefühle.

Inzwischen poltert die Angst nicht mehr so schnell einfach in mein Leben, weil ich bereits beim Denken eines angstauslösenden Gedanken mir darüber bewusst bin, dass ich gerade einen angstauslösenden Gedanken gedacht habe, der die Spirale der Angst in mir zum Laufen bringt: Mein Körper schüttet Adrenalin und Cortisol aus, deswegen pocht mein Herz schneller und lauter, Hitzewellen steigen auf und ich schwitze, mein Magen-Darm-Trakt wird unruhig, ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Und mit dem Einsetzen dieser Spirale werden auch die Gedanken lauter. Sie werden durch das Adrenalin angeheizt, was wiederum die Angst verstärkt, was die körperlichen Reaktionen verstärkt, was die Gedanken verstärkt und so weiter und so fort.

Mit dem Einsetzen der Angstspirale werden die Gedanken lauter.

In jedem Moment dieses Kreislaufs habe ich die Möglichkeit einzugreifen und mich anders zu entscheiden: Hänge ich weiter diesen angstauslösenden Gedanken nach? Will ich weiter auf der Couch sitzen bleiben, während in meinem Körper ein Sturm tobt oder gehe ich lieber raus spazieren, um die Hormone abzubauen? Es gibt Zeiten, in denen klappt das besser und es gibt Zeiten, da lasse ich mich in die Angst fallen und werde von ihr mitgerissen.

Fazit

Nur in uns selbst können wir uns selbst finden. Diese Reise durch die Angst ist eine Reise fürs Leben. Wenn man den Mut hat, diese Reise anzutreten, auch wenn man das nicht geplant hat, sich nicht darauf freut, wird man verändert davon zurückkehren. Man wird nie wieder der- oder dieselbe sein. Und das ist nichts, was uns Angst machen sollte. Im Gegenteil: Wir sollten voller Ehrfurcht und Dankbarkeit darauf blicken.

Zieht eure Sicherheitsgurte fest, das wird ein sehr ungemütlicher Ritt werden. Ein Ritt ohne Kontrolle, ohne Organisation, ohne Planen. Nur wir und das Gefühl der Angst in seiner Vollkommenheit.

Diese Reise braucht Mut, aber IN der Angst liegen unsere größten Schätze verborgen!

Die Komplexität der eigenen Gefühle kennen lernen

Keine Freude fühlen können

Keine Freude fühlen können

Keine Freude fühlen können

…nur Ablehnung.

Freude zu fühlen ist ein wunderbares Gefühl der Wärme und Entspannung, der Sicherheit und Geborgenheit. Wie fühlt es sich aber an, wenn dieses Gefühl verloren gegangen ist? Wie fühlt es sich an, wenn nur noch Ablehnung in einem selbst vorhanden ist?

Keine Freude fühlen zu können ist ok

Hier sitze ich, frisch eingezogen in diese kleine, schnuckelige Wohnung in der Natur, mit einem Bach vor der Haustür und Suffolk-Schafen als Nachbarn. Wenn ich morgens aus der Haustüre trete, begrüßen mich zwitschernd die Vögel in den Büschen und nachts kann ich die Sterne beobachten ohne die ganze Lichtverschmutzung. Nach Jahren in einer emotionalen Enge habe ich jetzt meine eigenen vier Wände und sollte Freiheit fühlen… oder mich zumindest freuen. Aber ich fühle keine Freude. Im Gegenteil: Es gibt Teile in mir, die lehnen all das ab. Die hassen die Enge in der Wohnung, die hassen alles, was nicht so ist, wie es vorher war. Diese Teile möchten hier nicht leben. Es ist, als ob diese Persönlichkeitsanteile sich nicht freuen wollen. Sie wollen einfach nicht. Sie wollen all das Schlechte sehen, all das, was nicht funktioniert.

Und je mehr ich mich in diese Ablehnung hinein fühle, desto lauter wird das Gefühl der Ablehnung.

Es breitet sich in meinen Gedanken und in meinen Emotionen aus. Ich lehne immer mehr ab und immer weniger Freude bleibt übrig. Ich lehne diesen riesigen Fernseher ab, den ich zum Geburtstag bekommen habe. Ich lehne das Umzugschaos ab, das kleine Bad, *alles*. Es ist, als würde sich die Dunkelheit immer mehr um mich herum ausbreiten, je mehr ich mich darauf konzentriere.

Keine Freude fühlen können: Ist das eine Depression?

Ärzte oder Psychotherapeuten würden das wohl eine leichte bis mittelgradige Depression nennen. Das ist schließlich ihre Aufgabe: Zu benennen, was mit einem nicht stimmt, was krank ist, was weggemacht werden muss. Und dann beginnt der Kampf. Der Kampf wieder so zu werden, wie man früher war. Als man sich über alles gefreut hat, als es noch Helligkeit gab.

Ich habe diesen Kampf geführt und musste erkennen, dass er mich innerlich zerstört. Wie jeder Krieg der zwischen Nationen und Völkern ausgetragen wird, lässt auch der innere Krieg mit mir selbst nur Verlierer zurück.

Dieser Krieg in mir nimmt mir jede Energie und führt zu nichts.

Ich glaube keiner Diagnose mehr, weil sie mich festhalten lassen. Ich habe angefangen mich mit den Diagnosen zu identifizieren, ich wurde zu diesen Diagnosen. Ich bin halt so! Ich bin halt depressiv! Ich bin halt wütend! Ich bin halt traurig! Dadurch wurde mir klar, dass das aber gar nicht stimmt. Es gibt Teile in mir, die sind so. Aber das macht mich nicht aus.

Beobachtung ist der Schlüssel

Stattdessen habe ich gelernt meine Gefühle und Emotionen zu beobachten. Durch die Beobachtung lerne ich jeden Moment jeden Tages jedes Gefühl, jeden Persönlichkeitsanteil in mir kennen, fühle in ihn hinein, zerlege und zerdenke und zerfühle ihn. Und dann treffe ich die Wahl etwas anderes zu fühlen.

Ich zwinge mich nicht dazu. Ich kämpfe nicht.

Ich schaue mir einfach meine Optionen an und treffe eine Wahl. Lasse die Ablehnung gegen die neue Wohnung los, lasse meine Ablehnung gegen den Fernseher los. Alles darf so sein. Ich zwinge mich nicht mich zu freuen. Die Freude wird sich ganz natürlich einstellen, wenn ich die Ablehnung loslassen kann. 

Dafür muss ich erkennen, dass die Ablehnung vorhanden ist, ich aber nicht diese Ablehnung bin.

Anstatt mich weiter von der Ablehnung hinunter ziehen zu lassen bis sie mein gesamtes Sein eingenommen hat, trete ich mental und emotional einen Schritt zurück, beobachte mich dabei wie ich emotional immer enger werde und dann treffe ich die Wahl, nicht so zu sein.

Das Licht in der Dunkelheit der Ablehnung

Ich atme tief ein und komme wieder im Hier und Jetzt an. Dann stehe ich auf und zünde überall in der Wohnung Kerzen an. Und mit ihrem Licht kommt auch in mir immer mehr Licht an. Die dunkle Wolke zieht weiter, so wie sie immer weiterzieht.

Keine Freude fühlen können bedeutet nicht, dass das für immer so sein muss