Die Unendlichkeit der Trauer

von | 13 Feb 2024 | Emotionen erleben

Das Gefühl der Trauer ist eines dieser Gefühle, die einen für den Rest des Leben begleiten. Auch wenn die Intensität und die Häufigkeit des Gefühls über die Zeit abnimmt, überfällt sie einen von hinten, wenn man es gerade am wenigsten erwartet. Worin liegt der Unterschied zu Trauer um einen Verstorbenen und Trauer bei einer Trennung?

Die Hand, die ich nach dem Verstorbenen ausstreckt

Inhaltsverzeichnis über die Unendlichkeit der Trauer

Verlust endet niemals

Das Gefühl der Trauer in Verbindung mit dem Tod eines geliebten Lebewesens scheint niemals wirklich zu vergehen. Während andere Gefühle, wie Angst oder Wut, weiterziehen, begleitet einen die Trauer für den Rest des Lebens, da der Verlust niemals beendet werden kann.

Es ist das Gefühl der Unendlichkeit, das mit dem Tod einher geht.

Wenn man sich von einem Partner oder einer Partnerin trennt, geht auch das mit dem Gefühl des Verlustes und der Trauer einher. Trotzdem scheint sich diese Art der Trauer schneller zu regenerieren, der eigene Organismus überwindet diese Form des Verlustes rascher, als es der Tod mit sich bringt. Vielleicht liegt das daran, dass der Tod endgültig ist.

Die Zeiten, die man gemeinsam mit dem geliebten Menschen oder Lebewesen verbracht hat, werden unumstößlich nie mehr wiederkehren. Bei der Trennung eines Partners ist immer ein Hintertürchen offen. Der Partner ist irgendwo immer noch in der physischen Realität vorhanden, selbst wenn er oder sie ans andere Ende der Welt gezogen und verheiratet ist, das Hintertürchen, dass die alten Zeiten wiederkehren könnten, bleibt. Hilft das, den Verlust einer Partnerschaft schnell zu überwinden? „Schnell“ ist selbstverständlich relativ, das kann auch Jahre bedeuten, aber irgendwann kommt bei den meisten Menschen der Moment, an dem sie ein Bild des verlorenen Partners sehen und nichts mehr fühlen. Manchmal fragt man sich auch, wie man überhaupt etwas für diese Person empfinden konnte.

Die Trauer bei Tod jedoch ist anders. Da gibt es kein Hintertürchen, da gibt es kein hin und her und vielleicht doch nochmal: Es gibt nur den endgültigen Verlust, ein Für-Immer. Der Sand der Zeit rinnt einem unaufhaltsam durch die Finger, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Wünsche.

Der Prozess der Trauer

Direkt nach dem Tod kommt eine Zeit des Erstarrens, als würde die Zeit stillstehen, nichts geht mehr vorwärts. Wie soll das Leben auch vorwärts gehen ohne diese geliebte Präsenz um einen? Ein dicker Nebel scheint einen einzuhüllen, dämpft alle Sinneseindrücke, macht einen taub für die Außenwelt. Aber wir wissen, das Leben geht weiter. Unaufhaltsam rinnt die Zeit weiter, während man sich selbst fragt, wie das denn gehen soll. Und all die Erlebnisse, all die geteilte Zeit mit dem geliebten Lebewesen sind unausweichlich beendet.

Es gibt kein Zurück mehr, nur ein Vorwärts.

Die Zeit heilt alle Wunden … Ist das so? Die Unendlichkeit der Trauer ist so unendlich, dass sie nie mehr zu verschwinden scheint. Die Trauer tritt in den Hintergrund, man schafft neue Erlebnisse, neue Erinnerungen, aber dann überfällt sie einen rücklings von hinten, wenn man es am wenigsten erwartet.

Vielleicht hat man einen kurzen Blick auf ein Bild geworfen oder die eigenen Gedanken haben einen zu der liebevollen, vergangenen Präsenz getragen und da ist er wieder: Dieser tiefe Schmerz um den Verlust und das Gefühl, nichts ändern zu können, für immer das Gefühl des Vermissens in sich tragend. Und egal, wie lange der Verlust her ist, wenn man in die Trauer eintaucht, spült sie einen mit sich hinfort und lässt einen einsam zurück.

Das Gefühl der Trauer: Was am Ende bleibt

Das Gefühl der Trauer wird leiser werden, es wird nicht mehr laut polternd über einen herfallen, es wird seltener kommen. Es wird zu dem Gefühl, etwas zurücklassen zu müssen. Es wird einen aber für den Rest des Lebens begleiten, vielleicht nur als kleiner Stich in der Herzgegend, aber es wird einen daran erinnern, dass man mal mehr war.

Deswegen lade ich die Trauer ein, mit mir hier sein zu dürfen. Sie wird mich für immer begleiten, es wäre ein sinnloser Kampf gegen sie. Sie ist jetzt ein Teil meines Lebens und es werden mit Sicherheit noch mehr Trauergefühle im Laufe meines Lebens hinzukommen.

Sei mir willkommen.

Nun begleitet uns das Gefühl der Trauer, anstatt das geliebte Lebewesen.

Ich vermisse dich

Für meinen kleinen Mann Trosky

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Blog

Das könnte dich auch interessieren

Helden-Geschichte
Helden-Geschichte

Wir alle schreiben unsere eigene Helden-Geschichte. Eine Geschichte über Verrat und Liebe, über Enttäuschung und Hoffnung, über Verletzung und Heilung. Wir sind die Helden und Heldinnen unseres eigenen Universums und am Ende der Reise wird es MEHR von uns geben, als wir je geglaubt haben, dass es möglich ist. Wir müssen nur den Mut haben voran zu schreiten und die Stärke in uns sehen. Und das bedeutet machmal, dem Außen nicht zu glauben.

mehr lesen
Geiz und Gier
Geiz und Gier

Geiz und Gier gehören sicherlich zu den Gefühlen, die wir uns lieber nicht anschauen wollen. Und schon gar nicht darüber sprechen! Dabei tragen wir alle diese Form der dunklen Gefühle in uns, weil sie der Spezies „Mensch“ vor Jahrtausenden das Überleben gesichert haben. Die Frage ist nur, ob sie heute in unserer Überflussgesellschaft überhaupt noch notwendig sind? Wollen wir überhaupt wissen, dass wir selbst diese Gefühle in uns tragen?

mehr lesen
Die weggeschlossene Vergangenheit – Trauma neu gedacht
Die weggeschlossene Vergangenheit – Trauma neu gedacht

„Trauma“ kann viele Bedeutungen haben. Menschen, die an Flashbacks und körperlichen Einschränkungen leiden, haben einen anderen Blick auf dieses Wort (und vor allem ein anderes Gefühl in Verbindung mit diesem Wort), als Professionelle das tun. Ich glaube, wir alle tragen traumatische Erlebnisse in unseren Körpern. Diese weggeschlossene Vergangenheit beeinflusst unser aller Leben positiv und negativ, in den meisten Fällen völlig unbewusst. Aber vielleicht ist es Zeit, ein bewusstes Leben zu führen?

mehr lesen
Daran erkennt man emotional unreife Menschen
Daran erkennt man emotional unreife Menschen

Emotional unreife Menschen geben anderen die Schuld an den eigenen emotionalen Zuständen, leben Emotionen ungefiltert aus oder sind überhaupt nicht in der Lage Emotionen zu zeigen. Das Spektrum ist breit gefächert und in der folgenden Liste sollen Verhaltensweisen aufgezeigt werden, die typisch sind für emotional unreife Menschen. Dabei soll die Liste nicht verurteilen und mit dem Finger auf andere zeigen. Stattdessen soll sie erhellen.

mehr lesen
Mein kleines Mädchen
Mein kleines Mädchen

Traumatisierte Persönlichkeitsanteile existieren in jedem von uns, auch wenn die meisten sie nicht sehen können oder wollen. Ich wusste die meiste Zeit meines Lebens nichts über meine verschiedenen Persönlichkeitsanteile und wie sie unbewusst mein Leben bestimmen. Inzwischen lebe ich mit meinen inneren Kindern und, wie mit physischen Kindern auch, birgt das einiges an Herausforderungen und ich musste lernen, mein eigenes Ego zurückzunehmen.

mehr lesen
Der Drang, immer etwas leisten zu müssen
Der Drang, immer etwas leisten zu müssen

Der Drang, immer etwas leisten zu müssen, ist tief in mich eingebrannt. Selbst bei Dingen, die mir Spaß bringen sollten, wie mein YouTube-Kanal oder dieser Blog hier, kommt immer wieder der Druck auf, mehr zu machen, gepaart mit dem Gefühl, nicht genug gemacht zu haben. Dabei gibt es in meinem Leben niemand, der mir irgendeinen Druck macht, es gibt nur mich selbst. Und dieser Drang scheint jegliche Aufgaben in meinem Leben zu vergiften.

mehr lesen
Über gute und böse Menschen
Über gute und böse Menschen

Sind die eigenen Eltern gute oder böse Menschen? Die Frage ist berechtigt, wenn das genau die Menschen waren, die durch ihre dysfunktionalen Verhaltensweisen die eigene Kindheit zu einem Horror gemacht haben, an dem man sein gesamtes restliches Leben knabbert. Gibt es überhaupt böse Menschen? Gerne würde ich dieses Schwarz-Weiß-Denken anwenden, weil es die Welt einfacher macht, vorhersagbarer. Aber in Wirklichkeit sind meine Eltern weder gute noch böse Menschen, sie sind einfach menschliche Wesen. Und das macht es so schwierig mit ihnen.

mehr lesen
Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen
Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen

Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen, ist mein familiäres Umfeld. Dort wurden all die emotionalen Wunden angelegt, die ich bis heute in mir trage und mit denen ich mein erwachsenes Leben teile. Vor allem meine Eltern sind dafür verantwortlich, dass ich allein bei dem Gedanken daran Emotionen zu zeigen, Scham und Angst empfinde. Und dann darf ich erkennen, dass ich aber nicht mehr die Scham und die Angst bin. Ich bin Ich. Und ich bin erwachsen.

mehr lesen
Das Gefühl der Sehnsucht
Das Gefühl der Sehnsucht

Aktuell fühle ich das Gefühl der Sehnsucht in mir. Sehnsucht nach anderen Menschen, nach anderen Lebensumständen, nach anderen Erfahrungen. Und dieses Gefühl geht mit einem Gefühl der Hilflosigkeit einher, weil ich aktuell nichts daran ändern kann. Sehnsucht kommt dann auf, wenn ich die Umstände nicht kontrollieren kann, die dazu führen würden, dass ich keine Sehnsucht mehr empfinden würde. Stattdessen ist mein Leben wie es ist und ich bin, wie ich bin.

mehr lesen
Die YouTube-Prostitution
Die YouTube-Prostitution

YouTube-Prostitution… Harte Worte, aber manchmal empfinde ich es genau so, wenn ich Videos bei YouTube hochlade: Als ob ich mich prostituieren würde für ein paar Likes und für mehr Follower. Die Plattform bietet die Möglichkeit einer schnellen Ablenkung vom Alltag. Aber ich möchte keine Ablenkung sein. Ich möchte etwas verändern. Ich möchte den Menschen helfen ihre eigenen Stärken wiederzufinden. Ist das vielleicht zu viel verlangt? Oder muss ich einfach lernen, wie ich den Umgang mit YouTube emotional besser verarbeite?

mehr lesen