Das Gefühl der Überforderung – Anzeichen und Hilfen

von | 19 Jan 2024 | Emotionen erleben

Wie fühlt sich das Gefühl der Überforderung an? Kann man das überhaupt genau benennen? Ist es eine Emotion oder passiert Überforderung rein auf physischer Ebene? In diesem Beitrag lernst du die Anzeichen für eine akute Überforderung kennen und bekommst Vorschläge, wie du dir selbst helfen kannst.

Das Gefühl der Überforderung - Anzeichen und Hilfen

Inhaltsverzeichnis über das Gefühl der Überforderung

Ich kann einfach nicht mehr!

Mein Lieblingssatz während der Überforderung

Ein Leben in ständiger Überforderung zu führen ist eine große Herausforderung, weil man ganz alltägliche Dinge kaum noch oder gar nicht mehr erledigen kann. Auf einmal muss man lernen, auf seinen Körper zu hören und ihm das zu geben, was er in diesem Moment braucht. Und das unterscheidet sich oft von dem, was die eigenen Gedanken in dem Moment gerade wollen. Ein Bewusstsein für dieses Gefühl zu entwickeln ist das A und O, um weiterhin ein Leben in Balance leben zu können. Aber auch das ist möglich!

Wie das Gefühl der Überforderung meinen Alltag beeinflusst

Momentan bin ich mit allem überfordert. Die kleinsten Kleinigkeiten stürzen mich in eine tiefe Verzweiflung, lassen mich in Tränen ausbrechen, lassen mich klein und hilflos werden. Ich möchte mich in einer Ecke zusammenrollen, die Ohren zuhalten und von der Außenwelt nichts mehr mitbekommen, weil alles zu viel ist. Hier hat der neue Teppich Fusseln in der Waschmaschine hinterlassen, dort ist die Duschhalterung runtergefallen. Kleinigkeiten, über die ich mir in stabilen Zeiten keinen Kopf zerbreche. Die Fusseln sammle ich wieder aus der Waschmaschine raus und die Halterung braucht nur neues Klebeband. Viele Sachen würde ich in normalen Zeiten als Herausforderung sehen: Wie kann ich selbst eine Lösung für das Problem finden und das dann umsetzen. Eine Lösung für ein Problem zu haben gibt mir ein gutes Gefühl, lässt mich entspannen.

Aber nicht momentan. Momentan gibt es keine Herausforderungen, es gibt nur Probleme! Denn momentan schreit mich die Überforderung an!

Überfordert sein mit dem Leben

Das Gefühl der Überforderung lässt einen hilflos zurück, lässt einen klein werden.

Anzeichen für eine akute Überforderung

Ich bin nicht in der Lage Entscheidungen zu treffen

Jede Entscheidung geht mit dem Gefühl einher, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Ich kann mich niemals richtig entscheiden. Und diese Entscheidung, und sei sie auch noch so klein, wird schreckliche Konsequenzen nach sich ziehen. Alles wird ganz schrecklich werden. Das erzählen mir nicht nur meine Gedanken, sondern auch meine Gefühle.

Ich schlafe unruhig.

Nachts werde ich denkend wach. Meine Gedanken laufen einfach durch, scheinen nie eine Pause zu machen. Und je mehr ich nachts denke, desto wacher werde ich.

Es gibt keine Freude.

Nichts bereitet mir Freude. Alles ist zur Bürde geworden: Die Menschen um mich herum, die neuen Sachen für meine Wohnung, der Haushalt.

Planen fällt mir schwer

Planen bedeutet über eine mögliche Zukunft nachzudenken und jetzt eine Entscheidung darüber zu treffen, was in dieser möglichen Zukunft passiert.

Ich kann mich kaum konzentrieren

Besonders beim Einkaufen ist das sehr anstrengend. Ich habe einen Einkaufszettel in meiner Hand, ich schaue darauf und lese „Shampoo“. Dann schaue ich auf und sehe im Drogeriemarkt drei Gänge vor mir. In dem Moment weiß ich schon nicht mehr, was ich holen wollte. Also wieder auf den Zettel sehen: Shampoo. Ok, Johanna, wo ist der Shampoogang? Ah, da… Vor mir eine Reihe mit lauter bunten Tuben und ich fange an „Shampoo“ vor mich hinzumurmeln, weil ich merke, wie ich den Faden wieder verliere. So ein Einkauf kann sich ziemlich ziehen.

Ich bin durchgehend angespannt

Mein System ist in Alarmbereitschaft, wartet regelrecht auf die nächste Bedrohung. Besonders meine Rückenmuskulatur ist ständig verkrampft.

Ich bin erschöpft

Einfach so. Und obwohl ich froh bin, wenn ich einen weiteren Tag geschafft habe, möchte ich abends nicht einschlafen, weil die lange Nacht vor mir liegt.

Angst ist eine ständige Begleiterin

Die Angst wartet nur darauf, dass ich unachtsam bin, um mich von hinten zu überfallen und mich in ihre Tiefen zu reißen.

Ich kann mich nur um überlebenswichtige Funktionen kümmern

Essen und ruhen. Fertig. Und selbst die Sachen funktionieren nicht besonders gut.

Ich bin gereizt und bin schnell genervt

Jeder Blick, jeder Kommentar, jeder Handlung von jemand anderem lässt mich aus der Haut fahren. Und obwohl ich den Grund für meine Genervtheit kenne, fällt es mir extrem schwer, diese Genervtheit nicht einfach an dem anderen auszulassen.

Ich weine ständig

und meine Gefühle und Gedanken erzählen mir, wie schlimm und schrecklich mein Leben ist.

Was passiert im Körper beim Gefühl der Überforderung?

Mein autonomes Nervensystem ist übererregt, in Alarmbereitschaft. Mein System glaubt also, dass es eine Bedrohung gibt, auf die mein Körper schnell reagieren muss. Fight, flight, freeze. Diese drei möglichen Reaktionsmöglichkeiten stehen meinem System zur Verfügung. Also entweder gehe ich in den Kampf (ich bin genervt, werde schnell wütend), ich laufe davon (besonders aus sozialen Situationen, deswegen gehe ich am liebsten direkt morgens einkaufen) oder ich erstarre (ich kuschel mich auf meine Couch).

Warum weine ich so viel?

Weinen bringt dem Körper Erleichterung und bringt das Nervensystem ganz natürlich wieder in die Balance. Durch das Weinen wird all die Anspannung abgelassen und mein System reguliert sich wieder. Mein Körper heilt sich selbst. Gähnen hat den selben Effekt.

Hab keine Panik!

Du kannst dir immer selbst helfen, wenn das Gefühl der Überforderung dich zu überwältigen scheint.

Hilfsmaßnahmen beim Gefühl akuter Überforderung

1. Erkennen, dass ich überfordert bin und mir erlauben überfordert zu sein.

2. Die Ursache finden. Die Fusseln in der Waschmaschine und die Halterung sind nicht das Problem. Sie sind nur die Tropfen, die das Faß zum Überlaufen bringen. Habe ich einen Termin, vor dem ich unbewusst Angst habe? Gibt es einen Konflikt mit jemandem und ich habe Angst mich damit auseinanderzusetzen? Schon die Erkenntnis bringt Erleichterung!

3. Mir bewusst werden, dass die Überforderung wieder vorbeigeht, auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt.

4. Langsam machen. Den Druck komplett rausnehmen. Meistens ist es der eigene Druck, der einen verrückt macht und die Überforderung noch verschlimmert.

5. Die Situation, die mich überfordert, verlassen. Ja, gerade mit anderen Menschen kann das merkwürdig sein, aber ich helfe niemandem, wenn ich dabei bleibe.

6. Draußen spazieren gehen. Und dabei ganz bewusst *nicht* über die Probleme nachdenken, die mich überfordern. Ich konzentriere mich auf den Wind, der mein Gesicht streift. Dabei höre ich den Vögeln beim Zwitschern zu und nehme das Knirschen unter meinen Füßen wahr.

7. Laut weinen. Alles richtig rauslassen.

8. Kopfhörer auf, Lieblingsmusik im Stream und tanzen.

9. *Niemals* über das Problem, das mich überfordert, nachdenken. Ich kehre dorthin zurück, wenn ich mich stabilisiert habe und sehe dann alles in einem neuen Licht.

10. Eine Balance finden zwischen Entspannung und Bewegung.

11. Ich habe einen Ort in meiner Wohnung, in der ich mich so wohl fühle, dass mein System sich regulieren kann.

In der Ruhe liegt die Kraft

Es gibt einen Weg aus der Überforderung heraus. Du musst dir nur bewusst darüber werden, dass du überfordert bist.

Fazit zum Gefühl der Überforderung

Ich weiß, dass das Gefühl der Überforderung wieder vorbeigehen wird, so wie es alle Gefühle tun. Meine Hauptaufgabe besteht darin, dieses Gefühl vorbeiziehen zu lassen. Je weniger ich mich wehre, je weniger Druck ich auf mich selbst ausübe, desto schneller geht es vorbei und ich kann die Arbeiten, die liegen bleiben mussten, in voller Leistung erledigen. Aber dafür ist es notwendig, all die unerledigten Aufgaben für einen Moment ruhen zu lassen bis mein System wieder in der Balance ist.

Affirmation

Ich lebe jetzt gemeinsam mit meinem Körper, meinen Gedanken und meinen Emotionen. Und es ist meine Aufgabe jedem Teil des Systems, das mich ausmacht, das zu geben, was es gerade braucht.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Blog

Das könnte dich auch interessieren

Helden-Geschichte
Helden-Geschichte

Wir alle schreiben unsere eigene Helden-Geschichte. Eine Geschichte über Verrat und Liebe, über Enttäuschung und Hoffnung, über Verletzung und Heilung. Wir sind die Helden und Heldinnen unseres eigenen Universums und am Ende der Reise wird es MEHR von uns geben, als wir je geglaubt haben, dass es möglich ist. Wir müssen nur den Mut haben voran zu schreiten und die Stärke in uns sehen. Und das bedeutet machmal, dem Außen nicht zu glauben.

mehr lesen
Geiz und Gier
Geiz und Gier

Geiz und Gier gehören sicherlich zu den Gefühlen, die wir uns lieber nicht anschauen wollen. Und schon gar nicht darüber sprechen! Dabei tragen wir alle diese Form der dunklen Gefühle in uns, weil sie der Spezies „Mensch“ vor Jahrtausenden das Überleben gesichert haben. Die Frage ist nur, ob sie heute in unserer Überflussgesellschaft überhaupt noch notwendig sind? Wollen wir überhaupt wissen, dass wir selbst diese Gefühle in uns tragen?

mehr lesen
Die weggeschlossene Vergangenheit – Trauma neu gedacht
Die weggeschlossene Vergangenheit – Trauma neu gedacht

„Trauma“ kann viele Bedeutungen haben. Menschen, die an Flashbacks und körperlichen Einschränkungen leiden, haben einen anderen Blick auf dieses Wort (und vor allem ein anderes Gefühl in Verbindung mit diesem Wort), als Professionelle das tun. Ich glaube, wir alle tragen traumatische Erlebnisse in unseren Körpern. Diese weggeschlossene Vergangenheit beeinflusst unser aller Leben positiv und negativ, in den meisten Fällen völlig unbewusst. Aber vielleicht ist es Zeit, ein bewusstes Leben zu führen?

mehr lesen
Daran erkennt man emotional unreife Menschen
Daran erkennt man emotional unreife Menschen

Emotional unreife Menschen geben anderen die Schuld an den eigenen emotionalen Zuständen, leben Emotionen ungefiltert aus oder sind überhaupt nicht in der Lage Emotionen zu zeigen. Das Spektrum ist breit gefächert und in der folgenden Liste sollen Verhaltensweisen aufgezeigt werden, die typisch sind für emotional unreife Menschen. Dabei soll die Liste nicht verurteilen und mit dem Finger auf andere zeigen. Stattdessen soll sie erhellen.

mehr lesen
Mein kleines Mädchen
Mein kleines Mädchen

Traumatisierte Persönlichkeitsanteile existieren in jedem von uns, auch wenn die meisten sie nicht sehen können oder wollen. Ich wusste die meiste Zeit meines Lebens nichts über meine verschiedenen Persönlichkeitsanteile und wie sie unbewusst mein Leben bestimmen. Inzwischen lebe ich mit meinen inneren Kindern und, wie mit physischen Kindern auch, birgt das einiges an Herausforderungen und ich musste lernen, mein eigenes Ego zurückzunehmen.

mehr lesen
Der Drang, immer etwas leisten zu müssen
Der Drang, immer etwas leisten zu müssen

Der Drang, immer etwas leisten zu müssen, ist tief in mich eingebrannt. Selbst bei Dingen, die mir Spaß bringen sollten, wie mein YouTube-Kanal oder dieser Blog hier, kommt immer wieder der Druck auf, mehr zu machen, gepaart mit dem Gefühl, nicht genug gemacht zu haben. Dabei gibt es in meinem Leben niemand, der mir irgendeinen Druck macht, es gibt nur mich selbst. Und dieser Drang scheint jegliche Aufgaben in meinem Leben zu vergiften.

mehr lesen
Über gute und böse Menschen
Über gute und böse Menschen

Sind die eigenen Eltern gute oder böse Menschen? Die Frage ist berechtigt, wenn das genau die Menschen waren, die durch ihre dysfunktionalen Verhaltensweisen die eigene Kindheit zu einem Horror gemacht haben, an dem man sein gesamtes restliches Leben knabbert. Gibt es überhaupt böse Menschen? Gerne würde ich dieses Schwarz-Weiß-Denken anwenden, weil es die Welt einfacher macht, vorhersagbarer. Aber in Wirklichkeit sind meine Eltern weder gute noch böse Menschen, sie sind einfach menschliche Wesen. Und das macht es so schwierig mit ihnen.

mehr lesen
Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen
Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen

Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen, ist mein familiäres Umfeld. Dort wurden all die emotionalen Wunden angelegt, die ich bis heute in mir trage und mit denen ich mein erwachsenes Leben teile. Vor allem meine Eltern sind dafür verantwortlich, dass ich allein bei dem Gedanken daran Emotionen zu zeigen, Scham und Angst empfinde. Und dann darf ich erkennen, dass ich aber nicht mehr die Scham und die Angst bin. Ich bin Ich. Und ich bin erwachsen.

mehr lesen
Das Gefühl der Sehnsucht
Das Gefühl der Sehnsucht

Aktuell fühle ich das Gefühl der Sehnsucht in mir. Sehnsucht nach anderen Menschen, nach anderen Lebensumständen, nach anderen Erfahrungen. Und dieses Gefühl geht mit einem Gefühl der Hilflosigkeit einher, weil ich aktuell nichts daran ändern kann. Sehnsucht kommt dann auf, wenn ich die Umstände nicht kontrollieren kann, die dazu führen würden, dass ich keine Sehnsucht mehr empfinden würde. Stattdessen ist mein Leben wie es ist und ich bin, wie ich bin.

mehr lesen
Die YouTube-Prostitution
Die YouTube-Prostitution

YouTube-Prostitution… Harte Worte, aber manchmal empfinde ich es genau so, wenn ich Videos bei YouTube hochlade: Als ob ich mich prostituieren würde für ein paar Likes und für mehr Follower. Die Plattform bietet die Möglichkeit einer schnellen Ablenkung vom Alltag. Aber ich möchte keine Ablenkung sein. Ich möchte etwas verändern. Ich möchte den Menschen helfen ihre eigenen Stärken wiederzufinden. Ist das vielleicht zu viel verlangt? Oder muss ich einfach lernen, wie ich den Umgang mit YouTube emotional besser verarbeite?

mehr lesen