Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen
Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen, ist mein familiäres Umfeld. Dort wurden all die emotionalen Wunden angelegt, die ich bis heute in mir trage und mit denen ich mein erwachsenes Leben teile. Vor allem meine Eltern sind dafür verantwortlich, dass ich allein bei dem Gedanken daran Emotionen zu zeigen, Scham und Angst empfinde. Und dann darf ich erkennen, dass ich aber nicht mehr die Scham und die Angst bin. Ich bin Ich. Und ich bin erwachsen.
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Der unsicherste Ort, um Emotionen zu zeigen
Der unsicherste Ort in meinem Leben, an dem es mir enorm unangenehm ist jegliche Form starker Emotionen zu zeigen, ist meine Familie.
Schon allein die Vorstellung, sie wüssten hier von diesem Blog oder von meinem YouTube-Kanal bereitet mir physische Schmerzen.
Es zwingt mich in eine Spirale aus Scham und Angst
Die Scham
Vor meiner Familie muss ich mich für meine Emotionen schämen, weil sie sich in meiner Kindheit immer darüber lustig gemacht haben. Meine Mutter, mein Vater und mein Bruder. Es wurden Witze darüber gerissen, ich wurde nachgeahmt.
Für sie war es „doch nur Spaß„. Ich bin selbst dran Schuld, wenn ich das so ernst nehme (Über das Gefühl immer Schuld zu haben).
Wenn ich wütend war, weil ich mich aus ihrer Abhängigkeit befreien wollte, weil ich mich wehren wollte, wurde ich als trotzig betitelt.
„Zornickel“ war ein beliebtes Wort, mit dem ausgedrückt wurde, dass ich ein kleines wütendes Etwas war (hier mehr zu kindlicher Wut).
Ihrer Meinung nach hatte ich kein Recht wütend zu sein.
Ich sehe das anders
ICH wurde nie gesehen in dieser Familie. Es wurde nur das gesehen, was sie sehen wollten und das waren meistens „schlechte“ Sachen, die es auszumerzen galt.
Das Gefühl der Scham kommt genau da her: Dass andere sich über einen lustig machen (mehr in diesem Video: Was Scham mit uns macht).
Und als Kind IST man seine Emotion, d.h. es wurde sich über MICH lustig gemacht. Und so findet eine Verknüpfung statt von
Verspotten der Emotion = Verspotten von mir als Person
Scham hinterlässt ein Gefühl von nichts wert sein. Scham erzeugt Ekel. Ekel vor sich selbst und vor dem, was und wer man ist.
Die Angst
Die Angst wiederum wurde durch dysfunktionale Erziehungsmethoden erreicht.
Wenn ich wütend war, musste ich befürchten, dass zurück geschlagen wurde. Ich habe schnell gelernt, niemals wütend zu sein, weil ich immer unterlegen war.
Wie hätte ich mich wehren sollen?
Ich wusste, wenn ich der Wut nachgab, würde alles nur noch schlimmer werden. Wenn ich versuchte, mich gegen die Ungerechtigkeiten zu wehren, würde ich es doppelt und dreifach zurück bekommen.
Also zeige keine Wut, Johanna
Als Kind war es jedoch nicht möglich, keine Wut zu zeigen. Sie kam angerauscht und hat mich übernommen. Weil ich mich unfair behandelt gefühlt habe. Ich hatte immer das Gefühl mich frei kämpfen zu müssen.
Also habe ich indirekt gelernt, wie ich der Wutenergie in meinem Körper verhelfe, sich abzubauen: Indem ich weine.
Im Erwachsenenalter kamen mir immer die Tränen, sobald eine Autoritätsperson ihre Macht gegen mich verwendet hat und ich mich nicht wehren konnte bzw. durfte. Anstatt wütend zu werden, habe ich geweint und mich klein gemacht, „Schwäche“ gezeigt.
Wie ein Junghund, der dem Alphatier die Schnauze leckt, anstatt in den Kampf gegen es zu gehen.
So habe ich mich selbst beschützt
Die Verbindung verlieren
Was ich als Kind als besonders schlimm empfunden habe, war die fehlende Verbindung, sobald ich starke Emotionen gezeigt habe.
D.h. die emotionale Verbindung zu den Erziehungsberechtigten ging verloren. Auf einmal stand man als Rudeltier „Mensch“ alleine da.
Das passiert, wenn die Erwachsenen ein Problem mit Emotionen haben und selbst nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Wenn das Kind dann eine unerwünschte Emotion zeigt, geht für einen Moment die Liebe/die emotionale Verbindung verloren und das ist fast noch schlimmer, als physische Erziehungsmethoden.
Für ein Rudeltier ist eine fehlende emotionale Verbindung das Todesurteil
Also muss der Organismus Strategien entwickeln, wie er diese emotionale Verbindung aufrecht erhält. Z.B. in dem der Organismus die Emotionen abspaltet (wie ich, mehr dazu in diesem Video).
Was ist mit „positiven“ Emotionen?
Auch ausgelassene Freude kann ich der Familie gegenüber nicht zeigen.
Selbst darüber wurde sich lustig gemacht oder ich wurde gerügt, weil es meiner Mutter gerade nicht gut ging und ich deswegen kein Recht hatte, fröhlich zu sein!
Ganz simpel: Mutter schlecht gelaunt –> passe dich an
Was das aus Erwachsenen macht
Jetzt schauen wir uns diese Welt an: Wie viele emotional reife Erwachsenen gibt es wohl?
Ich kenne keinen Einzigen, muss ich gestehen.
Alle wurden mit Scham und/oder Härte erzogen, bis zu einem Punkt, an dem sie sich nicht mehr daran erinnern, wie sich die dysfunktionalen Erziehungsmethoden für sie angefühlt haben. Wie bei meinen Eltern, bei meinen Großeltern und sicherlich auch alle vorherigen Generationen.
Und wegen dieser emotionalen Amnesie (mehr über emotionale Amnesie in diesem Video) erziehen emotional unreife Erwachsene ihre Kinder genauso.
Wie ich als Erwachsene damit umgehe
Inzwischen bin ich (meistens) erwachsen.
Selbst wenn meine Familie diesen Blog und den YouTube-Kanal finden würden, wäre das eben so.
Die Angst davor ist eine kindliche Angst in mir. Mein inneres Kind fürchtet sich davor. Und das darf sie auch. Aber ICH muss mich nicht mehr fürchten.
Das bin ich!
Ich gehe in keine Auseinandersetzungen mehr mit meinen Eltern. Einen Kampf mit ihnen zu führen, damit sie mich als die anerkennen, die ich bin, ist nicht mehr notwendig.
Seit ich meine erwachsenen Anteile in mir gefunden habe, sind auch meine Eltern erwachsener geworden. Konflikte sind nicht mehr notwendig.
Außerdem weiß ich jetzt, wer ich bin.
Und das ist am wichtigsten.
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