Geiz und Gier

Die zwei Gs der dunklen Gefühle

von | 21 Jun 2024 | Gefühle verstehen, Umdenken

Geiz und Gier gehören sicherlich zu den Gefühlen, die wir uns lieber nicht anschauen wollen. Und schon gar nicht darüber sprechen! Dabei tragen wir alle diese Form der dunklen Gefühle in uns, weil sie der Spezies „Mensch“ vor Jahrtausenden das Überleben gesichert haben. Die Frage ist nur, ob sie heute in unserer Überflussgesellschaft überhaupt noch notwendig sind? Wollen wir überhaupt wissen, dass wir selbst diese Gefühle in uns tragen?

Geiz und Gier, die zwei dunklen Gs der Gefühle

Inhaltsverzeichnis über „Geiz und Gier“

Die meisten Menschen haben „dunkle“ Gefühle

Es gibt Gefühle in uns, von denen wir nicht wissen, dass sie da sind. Oder sollte ich besser sagen: Die wir in uns nicht wahrhaben wollen.

Während wir sie bei anderen sehen, liegt bei unserer eigenen Persönlichkeit ein dunkler Fleck an der Stelle, an der diese zwei Gefühle sitzen.

Es ist, als ob unser Ego uns davor schützt, diese Gefühle wahrzunehmen, weil unser Ego glaubt, diese Gefühle zum physischen Überleben zu brauchen.

Aber erstmal zum Anfang

GEIZ ist das Gefühl etwas nicht hergeben zu wollen. Dieses Gefühl lässt einen an materiellen Dingen festhalten, weil man in dem Glauben ist, nur mit diesen Dingen das eigene Überleben zu sichern.

GIER wiederum ist das Gefühl, etwas dringend zu brauchen und es sich zu nehmen, manchmal ohne Rücksicht auf Verluste. Bei dem Gefühl der Gier steht das eigene Überleben im Vordergrund und man wird dafür sorgen, dass man überlebt, egal wie.

Geiz = Es gibt nicht genug
Gier = Ich habe nicht genug

Beide Gefühle basieren auf dem Glauben, dass es nicht genug gibt. Deswegen muss man an dem festhalten, was man bereits hat und man braucht noch mehr von dem, was man glaubt besitzen zu müssen.

Dabei haben beide gemeinsam, dass der Fokus immer auf dem eigenen Selbst liegt. Man scheint in seiner eigenen Welt gefangen zu sein und man kann (und will) nicht die Bedürfnisse von anderen sehen.

Eine Zeit des Geizes und der Gier

Eine Zeit, in der ich diese beiden Gefühle unglaublich stark wahrgenommen habe, war während Covid und dem danach folgenden Lebensmittelmangel wegen dem Krieg.

Ich war ungern in Supermärkten, weil viele Menschen von diesen zwei Gefühlen gesteuert wurden.

Auch ich habe diesen unglaublichen Drang verspürt, mir Mehl aus dem Regal zu nehmen, weil nur noch zwei Packungen da waren. Meine Gedanken haben mir erzählt, weswegen ich jetzt unbedingt Mehl brauche. Weil ich doch so gerne Brot esse und bestimmt bald die Bäckereien kein Brot mehr haben. Und Rapsöl brauchte ich auch ständig!

Und wenn ich mich gegen den Kauf entschieden habe, fing die Panik an, dass ich doch all diese Sachen ganz dringend brauchen werde!

Ich brauche das!

Und das ist das Problem mit Geiz und Gier: Dass sie für das einzelne Individuum tatsächlich nicht ersichtlich sind.

Ich als Individuum würde sagen: „Ich bin nicht geizig, ich bin sparsam. Und ich bin nicht gierig, ich brauche diese Dinge ganz dringend.“

Es ist wie das Auge, dass sich selbst nicht sehen kann

Wir nehmen diese Gefühle bei anderen wahr, aber bei uns selbst liegen sie so tief im Schatten verborgen, dass wir der festen Überzeugung sind, dass sie nicht da sind.

Wenn wir bei anderen beobachten und fühlen, wenn sie sich geizig oder gierig verhalten, lehnen wir diese Gefühle instinktiv ab. Von außen ist es klar wahrnehmbar, dass hinter einem bestimmten Verhalten bestimmte Gefühle verborgen liegen, die zu diesem Verhalten führen.

Bei uns selbst jedoch nehmen wir das nicht so einfach wahr. Wie ein Schutzmechanismus liegt ein Mantel über den Gefühlen Geiz und Gier. Nur so können wir das eigene Überleben sichern, erzählen uns unsere Gedanken.

Der Ursprung

Der Ursprung von Geiz und Gier beim Menschen liegt klar in der evolutionären Geschichte verborgen.

Als wir noch Jäger und Sammler waren und nicht wussten, wann es das nächste Mal etwas zu essen geben wird. Unsere Organismen mussten lernen, Dinge des täglichen Bedarfs einzuteilen, so dass auch in schwierigen Zeiten das physische Überleben gesichert war.

Gleichzeitig lernte der Mensch zu unterscheiden, wer ein Recht darauf hatte zu überleben und wer nicht. Zu allererst musste das eigene physische Überleben gesichert werden, danach kamen Abstufungen: Erst die engere Familie (das Überleben der eigenen Gene quasi), dann die eigene Gruppe. Fremde Personen mussten ausgeschlossen werden.

Und so bewahrte uns das Gefühl des Geizes davor, selbstlos mit anderen zu teilen, damit unser eigenes Überleben gesichert war. Und Gier sorgte dafür, dass wir immer mehr Überlebensgüter anhäuften, um auch in schwierigen Zeiten davon profitieren zu können.

Häufigkeit in unserer Gesellschaft

Obwohl jeder Einzelne in unserer deutschen Gesellschaft mittlerweile immer mehr materielle Güter besitzt, unser Lebensstandard weiter wächst und unser physisches Überleben eigentlich nie gefährdet ist, scheinen die Gefühle von Geiz und Gier immer weiter zuzunehmen. Jeder scheint Angst zu haben, den eigenen Lebensstandard zu verlieren und die eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können.

Und darum geht es diesen zwei Gefühlen in Wirklichkeit: Die Bedürfnisse des Individuums zu befriedigen.

Es geht nicht mehr um das physische Überleben, wie noch vor Jahrtausenden. Stattdessen geht es um das Erfüllen von Bedürfnissen.

Und wie kleine Kinder scheint unsere Frustrationstoleranz sehr gering zu sein.

Wir wollen umgehende Bedürfnisbefriedigung

Schaffen wir es ein Bedürfnis zu befriedigen, setzt für einen kurzen Moment Ruhe ein bis das nächste Bedürfnis kommt, das befriedigt werden möchte.

Was tun

Können oder wollen wir uns über diese Gefühle nicht bewusst werden?

In den meisten Fällen wollen wir dem Gefühl des Geiz und dem Gefühl der Gier glauben. Wir wollen unsere Bedürfnisse befriedigen. Kann mir ja egal sein, ob der andere dann noch Gas hat, solange ICH und meine Lieben es im Winter warm haben.

Und am Ende kann sich nur jeder selbst bewusst machen, dass er oder sie aus dem Gefühl der Gier heraus handelt und dann die Wahl treffen, dem Gefühl nicht zu glauben. Die Wahl treffen, sich gegen eine Gesellschaft zu stellen, in der jeder Einzelne immer mehr hat, aber immer weniger teilen möchte. 

Wir sind nicht unsere Gene!

Der Glaube, wir wären unserer evolutionären Geschichte hilflos ausgeliefert und könnten überhaupt nichts dagegen tun, gilt inzwischen als stark umstritten. Wir sind nicht unsere Gene! Jeder trägt Bewusstsein in sich und kann erkennen, wann es notwendig ist dem Gefühl des Geizes und der Gier zu glauben und wann nicht.

Denn natürlich gibt es auch in unserer Überflussgesellschaft Momente, in denen es nötig sein kann, diesen Gefühlen nachzugeben und dementsprechend zu handeln. Man muss nur lernen zu unterscheiden, wann man den eigenen Gedanken und den damit einhergehenden Gefühlen glaubt und wann nicht. Aber dafür muss man wissen, dass man diese Gefühl in sich trägt.

Vielleicht ist es an der Zeit die dunklen Flecken in uns anzuschauen und zu erkennen, was da noch alles so in uns vorhanden ist.

Nur jeder Einzelne kann etwas gegen Geiz und Gier tun. Jeder Einzelne muss sich selbst anschauen und ehrlich mit sich selbst sein.

Und vielleicht kann sich unsere Gesellschaft irgendwann weiterentwickeln

Die Menschheit kann sich weiterentwickeln

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