Daran erkennt man emotional unreife Menschen

Daran erkennt man emotional unreife Menschen

Daran erkennt man emotional unreife Menschen

Emotional unreife Menschen geben anderen die Schuld an den eigenen emotionalen Zuständen, leben Emotionen ungefiltert aus oder sind überhaupt nicht in der Lage Emotionen zu zeigen. Das Spektrum ist breit gefächert und in der folgenden Liste sollen Verhaltensweisen aufgezeigt werden, die typisch sind für emotional unreife Menschen. Dabei soll die Liste nicht verurteilen und mit dem Finger auf andere zeigen. Stattdessen soll sie erhellen.

Emotional unreife Menschen geben gerne anderen die Schuld

Listenübersicht „Daran erkennt man emotional unreife Menschen“

Vorwort

Wir alle haben emotional unreife Persönlichkeitsanteile in uns.

Bei diesem Beitrag soll es nicht darum gehen andere oder sich selbst zu verurteilen. Es geht darum ein Licht auf die Bereiche in der eigenen Psyche scheinen zu lassen, die die meiste Zeit im Schatten liegen. So kann man sich selbst besser kennen lernen und es hilft, die eigenen emotionalen Wunden in sich selbst zu erkennen.

Zusätzlich kann es hilfreich sein, vor einer 20-jährigen Partnerschaft zu erkennen, dass der Partner oder die Partnerin einige emotional unreife Persönlichkeitsanteile in sich trägt. Man kann sich jede Menge emotionalen Schmerz ersparen, wenn man die Partnerschaft nicht aufrecht erhält.

Allgemeines über emotional unreife Menschen

Das Wort „unreif“ soll in diesem Zusammenhang bedeuten, dass es noch Entwicklungspotenzial gibt. „Emotional unreif“ heißt also, dass es im Bezug auf Emotionen noch Möglichkeiten gibt, weitere Reife zu erfahren und somit seinen eigenen emotionalen Zustand selbst zu beeinflussen. Dafür muss man aber die Persönlichkeitsanteile in sich kennen, die noch weitere Entwicklung erfahren können.

Es gibt die ganz offensichtlich emotional unreifen Menschen, oft erkennt man in ihnen stark ausgeprägte narzisstische Persönlichkeiten. Aber es gibt auch verdeckte emotional unreife Menschen. Das sind die, die ihre emotionalen Zustände nicht offen ausleben. Sie ziehen sich eher in sich selbst zurück, machen dicht und man kommt emotional nicht an sie heran.

Die emotionale Unreife ist eine Folge der Erziehung und der Epigenetik. In der Kindheit wurden emotionale Wunden angelegt, die im Erwachsenenalter im Umgang mit den eigenen Emotionen, aber auch mit den Emotionen von anderen, zu bestimmten Verhaltensweisen führen. Diese führen häufig in zwischenmenschlichen Beziehungen zu Konflikten oder sogar zu physischen Auffälligkeiten und Einschränkungen.

Dabei sind diese Verhaltensweisen oft nicht grundlegend immer vorhanden, sondern erscheinen situativ. Das heißt, dass der Umgang mit Emotionen in einem familiären Umfeld ein anderer sein kann, als im Umgang mit Arbeitskollegen. So hat jeder gelernt, wann man welche Emotion wie zeigt oder eben nicht zeigt.

Handhabung dieser Liste

Die folgende Liste ist definitiv nicht vollständig und ich werde sie mit der Zeit erweitern.

Alle Punkte, die hier aufgezählt werden, können in ihrer Gesamtheit in einer Person vorhanden sein oder nur teilweise. Dabei können alle Abstufungen vorkommen, von stark ausgeprägt bis nicht vorhanden.

Liste emotional unreifer Verhaltensweisen

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1. Anderen die Schuld geben an eigenen "negativen" emotionalen Zuständen

  • Wenn emotional unreife Menschen wütend sind, dann nur, weil sich jemand anderes blöd verhalten hat
  • Wenn sie neidisch sind, dann nur, weil der andere sie neidisch macht
  • Wenn sie gierig sind, dann nur, weil die Welt sie gierig macht

Emotional unreife Menschen erkennen nicht, dass Emotionen etwas sind, was in ihnen selbst erzeugt wird. Emotionen kommen grundsätzlich aus einem selbst heraus.

Wenn sich emotional unreife Menschen unwohl fühlen (z.B. wütend sind, ängstlich sind, neidisch sind…), dann deswegen, weil andere im Außen bewusst oder in den allermeisten Fällen unbewusst einen emotionalen Trigger gesetzt haben (z.B. indem sie etwas sagen, etwas tun, oder vielleicht einfach durch ihre pure Anwesenheit). Dieser Trigger aktiviert eine tiefe emotionale Wunde in den emotional unreifen Menschen.

Nun ist es einfacher, jemandem im Außen die Schuld am eigenen emotionalen Zustand zu geben, als selbst die Verantwortung zu übernehmen.

Siehe Punkt 3

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2. Schwierigkeiten, wenn andere mitteilen, dass das Verhalten des emotional unreifen Menschen diesen anderen verletzt hat

Beispiel:

Ich sage meinem Freund ganz offen und ehrlich, nicht emotional oder anklagend, nur transparent: „Dass du das gesagt hast, hat mich sehr verletzt. Gerade bin ich in einer schwierigen emotionalen Phase, da hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht.“

Die Reaktion eines emotional unreifen Menschens ist direkte Abwehr und Verteidigung des eigenen Verhaltens.

Diese Menschen sehen diese Aussage als Bedrohung und als Anklage. Hierbei geht es um das Gefühl der Schuld, was für emotional unreife Menschen nur schwer zu ertragen ist.

Als Gegenreaktion kommt immer Schuldzuweisungen an den anderen: „Was ICH immer alles für dich tue!“ oder „Du bist selbst dran Schuld, ich hab dir schon vorher gesagt, dass das nicht geht!“.

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3. Keine Verantwortung für eigene emotionalen Zustände übernehmen

Verantwortung für die eigenen Emotionen zu übernehmen bedeutet zu erkennen, dass eine emotionale Wunde aus der Vergangenheit vorhanden ist. Und ich es selbst kann beeinflussen, ob ich diese emotionale Wunde auslebe oder nicht.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet zu erkennen, ich kann aktiv selbst etwas an meinen emotionalen Zuständen ändern.

Indem emotional unreife Menschen aber nichts an ihren emotionalen Zuständen ändern, bleibt ein Gefühl der eigenen Schuld zurück, ein Gefühl aus der Vergangenheit: Du-Bist-Selbst-Dran-Schuld. Ein Gefühl, das für diese Menschen nur schwer zu ertragen ist. Deswegen müssen sie anderen die Schuld daran geben.

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4. Emotionen werden unreflektiert ausgelebt

Hier gibt es verschiedene Abstufungen:

Ausleben“ kann bedeuten, dass sie cholerisch rumbrüllen, wenn sie wütend sind oder aber auch, dass sie sich emotional verschließen, kühl werden.

In allen Fällen jedoch merkt das Außen sofort, dass gerade emotional etwas vor sich geht, dem man besser aus dem Weg geht.

Diese Menschen tragen ihre Emotionen vor sich her wie eine sie umgebende Aura. Man spürt sofort, ob sie gut drauf sind oder man ihnen besser aus dem Weg geht. Spricht man sie auf ihre „Laune“ an, bekommt man meist schnippische Antworten nach dem Motto: „Ich bin halt so!“ oder „Ich verstell mich wenigstens nicht, wenn ich genervt bin!„.

Sie identifizieren sich durch und durch mit ihren Emotionen und glauben, dass sie ein Recht darauf haben, dass alle Welt weiß, wie sie heute gelaunt sind.

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5. Offene, authentische Gespräche über Emotionen zu führen ist nicht möglich

Wenn man sich diesen Menschen versucht mitzuteilen, zu erzählen, was gerade emotional in einem vorgeht und, am allerschlimmsten, was das mit den emotional unreifen Menschen zu tun hat, machen sie sofort dicht.

Meist entsteht dadurch eine Streitsituation, weil diese Menschen sich angegriffen fühlen und in den Gegenangriff gehen.

Oder sie schalten einfach ab, lassen sich nicht mehr greifen. Dann ist es, als ob man mit einer Puppe redet. Man spürt, dass sie nicht mehr beim Gespräch anwesend sind, und nur noch „Ja“ und „Amen“ sagen, um möglichst schnell aus dieser unangenehmen Situation heraus zu kommen.

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6. Eigene emotionale Zustände erkennen und benennen ist nicht möglich

Eigene emotionale Zustände werden klein geredet oder Gespräche darüber werden ignoriert.

In der Welt eines emotional unreifen Menschen ist das Problem nicht die Emotion, das Problem sind die anderen. Somit gibt es auch keine Notwendigkeit etwas an der eigenen Emotion zu ändern. Das offensichtliche Problem (die anderen) muss geändert werden.

(Hier mehr über Gefühle benennen)

Emotional unreif sind wir alle

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7. Von anderen wird erwartet, dass sie sie glücklich machen

Keine Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, dass emotional unreife Menschen erwarten, dass andere sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, so dass sie sich gut fühlen können.

Von Kindern wird z.B. erwartet, dass sie brav sind und das machen, was der Vater/die Mutter will. Wenn die Erwartungen der Eltern nicht erfüllt werden, ist das Kind daran Schuld, wenn sich das Elternteil ärgern muss.

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8. Nur "negative" Emotionen kommen vom Außen, alles "Positive" wird auf sich selbst bezogen

Indem sie sich selbst und der Welt um sie herum bestätigen, dass sie toll so sind, wie sie sind, haben sie ein Gefühl von Sicherheit. Damit überdecken sie ihre eigentliche Unsicherheit im Bezug auf sich selbst und die eigenen Emotionen.

Sollte dann jemand anderes dieses „positive“ Gefühl negieren, kommen wir wieder zu Punkt 1 „Sie geben gerne anderen die Schuld an ihren ’negativen‘ emotionalen Zuständen“.

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9. Der Zusammenhang von zwischenmenschlichen Beziehungen und Emotionen wird nicht gesehen

Emotionen finden in fast allen Fällen im Zusammenhang mit anderen Menschen statt.

Das liegt daran, dass Emotionen durch emotionale Wunden aus unserer Kindheit ausgelöst werden, d.h. von Caretakern (Eltern, Erziehungsberechtigte usw.), die den Kindern diese Wunden (bewusst und unbewusst) zugefügt haben.

Um das zu erkennen, ist es notwendig eine Metaperspektive einzunehmen, also die Emotionen von außen zu betrachten, und so ihren Ursprung zurück verfolgen.

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10. Emotionen spielen keine große Rolle in ihrem Leben (erzählen sie sich selbst)

Alle, die das anders sehen, sind verweichlicht.

Punkt!

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11. Der Zusammenhang von Körper, Emotionen und Psyche wird geleugnet

Wir alle sind viele Teile. Und unsere Emotionen spielen eine erhebliche Rolle in all unseren Leben.

Für emotional unreife Menschen liegt zum Beispiel das Problem ihres Übergewichts jedoch ganz klar in Kalorienaufnahme und -verbrauch oder ihre chronischen Magenprobleme haben rein gar nichts mit ihrem emotionalen Zustand zu tun.

Die Menschheit kann sich weiterentwickeln

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12. Materielles Bewusstsein dominiert

Emotional unreife Menschen glauben nur, was die Wissenschaft bewiesen hat. Somit haben körperliche Probleme die Ursache immer auch nur im Körperlichen. Es gibt nur das, was sie mit ihren fünf Sinnen wahrnehmen können.

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13. Emotionen werden an anderen ausgelassen

Um den emotionalen Druck in ihnen abzubauen, scheinen sie es richtiggehend zu lieben, ihre Emotionen an anderen auszulassen. Sie warten regelrecht auf einen Trigger, damit sie endlich diese ganze Wutenergie rauslassen können.

Emotionaler Punchingball“ sind die anderen für diese Art der emotional unreifen Menschen. Und sie glauben, dass sie ein Recht darauf hätten, ihre Emotionen an anderen abzureagieren.

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14. Keine Reaktion

Emotional unreife Menschen machen gerne dicht, wenn es um Emotionen geht.

Sie sind dann einfach emotional nicht mehr anwesend, während man versucht eine Verbindung zu ihnen herzustellen. Sie können nicht darüber reden und haben keine Vorstellung davon, wie sie mit dem Thema „Emotionen“ umgehen sollen.

Emotional unreife Menschen zeigen spezifische Verhaltensweisen

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15. Wenn andere Emotionen zeigen, fühlen sie sich getriggert

Getriggert fühlen bedeutet, dass man etwas in den emotional unreifen Menschen berührt, dass sie sich lieber nicht anschauen wollen. Dementsprechend fällt ihre Reaktion aus.

Wenn man emotional unreifen Menschen gegenüber emotional wird, können sie viele Reaktionen zeigen:

  • Einfach so tun, als ob sie die Emotionalität nicht merken
  • Sie fangen an sich darüber lustig zu machen „Oh, hast du etwa Angst?“
  • Sie werden genervt bis hin zu wütend
  • Sie werden eiskalt und sagen sowas wie „Ach, macht dich das etwa wütend?“
  • Sie nehmen einen nicht ernst: „Mal ehrlich, wegen sowas machst du dir Sorgen?“

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16. Nur die eigenen Emotionen sind wahr

Emotional unreife Menschen scheinen kein Verständnis dafür zu haben, wenn man andere Emotionen hat als sie. Z.B. verstehen sie nicht, wie man vor etwas Angst haben kann, wovor sie keine Angst haben. Oder dass einen etwas wütend macht, was sie vollkommen kalt lässt.

Nur ihre Emotionen sind die wahren Emotionen und am liebsten hätten sie gar keine.

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17. Emotionen können nicht selbst reguliert werden

Emotional unreife Menschen brauchen immer die Hilfe von anderen, wenn sie starke Emotionen verspüren.

Das bedeutet z.B. das direkt eine Freundin angerufen werden muss, wenn man Streit mit dem Partner hat oder man braucht jemanden, der einen beruhigt, wenn man Angst verspürt.

Es entsteht eine Art Abhängigkeit zum Außen, weil das die einzige Möglichkeit darstellt, die eigenen Emotionen zu beruhigen und den Organismus wieder in die Balance zu bringen.

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18. Fühlen sich schnell kritisiert oder sind emotional verletzt

Beispiel:

Ich zu einer Freundin, die Pferde hat: „Ich mag am liebsten Isländer. Wobei das, glaub ich, daran liegt, dass sie auf ihrer Insel das ganze Jahr über frei herumlaufen dürfen.“

Freundin: „Ja, aber hier geht das nicht anders. Wegen dem Wetter/der Verletzungsgefahr/Mückenstichen/Gefahr der Herdenhaltung/Koliken usw. muss ich sie die meiste Zeit im Paddock halten!“.

Emotional unreife Menschen können sich durch belanglose Aussagen schnell kritisiert fühlen oder sind tief emotional verletzt. Erkennen kann man das an der direkten Verteidigung der eigenen Meinung und am Rechtfertigen.

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19. Unmöglich eigene Emotionen zu reflektieren

Um die eigenen Emotionen reflektieren zu können, ist es notwendig eine Metaperspektive einzunehmen.

Das bedeutet sich von den eigenen Emotionen zu lösen und sie „von außen“ zu beobachten ohne sich mit ihnen zu identifizieren.

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20. Wirken komplett ausgeglichen und in sich ruhend

Paradox, aber wahr.

Manche emotional unreife Menschen haben ihre Emotionen so sehr von sich abgespalten, dass sie äußerlich ausgeglichen wirken und man das Gefühl hat, diese Menschen haben alles im Griff.

In den meisten Situationen reagieren sie angemessen auf die Emotionsäußerung von anderen und können richtig beschwichtigend sein, wenn sich bei anderen starke Emotionen zeigen. Bis, aus irgendeinem Grund, ein Trigger seinen Weg durch die Barrikade findet und einen Nerv trifft. Und man erkennen muss, dass hinter dieser Ausgeglichenheit ein tiefer Abgrund lauert (wie bei From Dusk till Dawn in der Endszene mit der Bar, hinter der ein tiefer Abgrund klafft).

Nachtrag

Die Liste wurde jetzt doch länger als gedacht.

Die Schwierigkeit mit diesen Verhaltensweisen ist, sie an sich selbst zu erkennen. Wir sind besser darin sie bei anderen zu identifizieren. Ein Schatten scheint über solchen emotional unreifen Verhaltensweisen zu liegen.

Und so bringt es auch nichts, andere auf ihre eigenen emotional unreifen Verhaltensweisen aufmerksam zu machen. Der eigene Organismus geht immer in die Selbstverteidigung und verschließt sich vor dieser Erkenntnis.

So kann nur jeder Einzelne selbst an sich beobachten und beeinflussen

Über gute und böse Menschen

Über gute und böse Menschen

Über gute und böse Menschen

Mein Umgang mit ambivalenten Eltern

Sind die eigenen Eltern gute oder böse Menschen? Die Frage ist berechtigt, wenn das genau die Menschen waren, die durch ihre dysfunktionalen Verhaltensweisen die eigene Kindheit zu einem Horror gemacht haben, an dem man sein gesamtes restliches Leben knabbert. Gibt es überhaupt böse Menschen? Gerne würde ich dieses Schwarz-Weiß-Denken anwenden, weil es die Welt einfacher macht, vorhersagbarer. Aber in Wirklichkeit sind meine Eltern weder gute noch böse Menschen, sie sind einfach menschliche Wesen. Und das macht es so schwierig mit ihnen.

Gibt es gute und böse Menschen?

Inhaltsverzeichnis über „Gute und böse Menschen“

Eine einfache Welt

Die Welt wäre um einiges einfacher, wenn es einfach gute und böse Menschen gäbe.

Dann könnte man klar sagen: Mit dir will ich nichts zu tun haben. Du bist ein böser Mensch.

Und du wirst meine beste Freundin, denn du bist ein guter Mensch.

Das würde jede Menge emotionalen Schmerz ersparen, weil wir schon vorher wüssten, wem wir vertrauen können und wem nicht. Es gäbe keine Unsicherheiten im Bezug auf andere Menschen und jeder von uns könnte die Wahl treffen, mit welcher Sorte Mensch er oder sie sich einlassen möchte.

Kinder sehen die Welt so. Für Kinder gibt es gute Menschen und es gibt böse Menschen. Deswegen mögen sie Märchen so gerne. Dort ist die Welt klar eingeteilt. Sie ist einfach gegliedert und dadurch vorhersagbar und sicher.

Die Wirklichkeit über gute und böse Menschen

Aber die Wirklichkeit sieht anders aus.

In Wirklichkeit ist die Welt um einiges komplexer als das.

Ich habe noch nie Menschen getroffen, die einfach nur böse waren. Oder Menschen, die einfach nur gut waren. Es mag beide Sorten auf diesem Planeten geben.

Die meisten Menschen halten sich jedoch in beiden Lagern auf

Und da wird es kompliziert.

Wie soll man die Welt sehen, wenn man sich immer fragen muss, wem man vertrauen kann und wem nicht?

Wie soll man als physisch abhängiges Kind überleben, wenn man nicht sicher sein kann, dass man bedingungslos geliebt und beschützt wird?

Man ist besonders in den ersten Lebensjahren darauf angewiesen, dass es Menschen gibt, denen man bedingungslos vertrauen kann.

Und genau das sind die Jahre, in denen man an der eigenen Situation nichts ändern kann. Man muss also zügig lernen, wie man mit der Komplexität des Lebens umgeht.

Sind die eigenen Eltern gute oder böse Menschen?

Genau solche komplexe Menschen sind die eigenen Eltern. Sie selbst haben wahrscheinlich Traumata in ihren Kindheiten erlebt, mussten über gute und böse Menschen lernen und mussten irgendwie ihr Leben auf die Reihe kriegen.

Und irgendwo in diesem Prozess bekamen sie Kinder, denen sie das einzige lehrten, was sie selbst kannten:

Erwachsene zeigen unreflektiert ihre eigenen Emotionen und die Kinder müssen das aushalten.

Was in der Kindheit passiert, bleibt in der Kindheit, richtig?

Meine Eltern

Bis heute spüre ich diese Zerrissenheit in mir über meine eigenen Eltern.

Wenn ich davon schreibe, wie schrecklich ich meine Kindheit empfunden habe, hört es sich an, als wären sie abgrundtief böse Menschen, die einem unschuldigen Wesen schlimme Dinge angetan haben.

In Wirklichkeit haben sie einfach das gelebt, was sie selbst gelernt haben.

Meine Eltern waren gute und böse Menschen

Das rechtfertigt nicht ihre dysfunktionalen Verhaltensweisen in meiner Kindheit!

Sicher hätte ich mir gewünscht, dass sie mal ihr Gehirn angeschaltet hätten und ein wenig reflektierter und ehrlicher mit sich selbst gewesen wären.

Aber meine Kindheit war, wie sie war.

Deswegen bin ich jetzt die, die ich bin. Im Guten wie im Bösen.

Aber es hilft mir, aus dem Schwarz-Weiß-Denken heraus zu kommen. Aus dem Glauben, es gäbe gute und es gäbe böse Menschen, und ich muss meine Eltern zu einer dieser zwei Kategorien zuordnen.

Zu welcher Kategorie gehören deine Eltern?

Mein Vater ist meistens ein sanfter Mensch. Bis heute ist er der Einzige, der weiterhin in meinem Leben ist. Der Einzige, der mich so annehmen kann, wie ich inzwischen bin.

Er ist der Einzige, der mir hilft. Ich habe keinerlei Unterstützung und ich empfinde tiefen Dank dafür, dass er weiterhin für mich da ist.

Manchmal ist er der Einzige, mit dem ich in vielen Wochen rede.

Inzwischen weiß ich, wie er tickt und wie ich mit ihm umzugehen habe. Auf Augenhöhe.

Das Lösen von der Vergangenheit

Und hier fängt das Lösen von meiner Vergangenheit an. Ich muss und ich darf erkennen, dass meine Eltern nicht mehr die sind, die sie in meiner Kindheit waren.

Und, was viel wichtiger ist: ICH bin nicht mehr das abhängige Kind von damals.

Das ist der wichtigste Aspekt

Ich habe keinerlei Erwartungen, dass meine Eltern verstehen, wie schlimm ich meine Kindheit empfunden habe.

Trotzdem kann ich erwachsen werden.

Und in dem Moment, in dem ich meinen erwachsenen Persönlichkeitsanteil in mir finde, ändert sich auch das Verhalten meiner Eltern. Ich erkenne ihre Grenzen und respektiere diese. Und das bedeutet z.B. zu lernen, wie ich meine Emotionen selbst reguliere.

Ich bin nicht mehr abhängig von ihnen.

In meiner Kindheit war ich aber abhängig und hatte Erwartungen und Bedürfnisse, die erfüllt werden mussten.

Jetzt erfülle ich mir selbst diese Erwartungen und Bedürfnisse.

Das Zauberwort hier ist auf Augenhöhe zu sein. Ich bin nicht mehr das Kind und blicke hinauf zu ambivalenten Eltern. Ich bin die Erwachsene, die die inneren Kindern in meinen Eltern sieht.

Für meinen Vater

Das Leben ernst nehmen ... oder nicht
Nicht wissen, was kommt – Kontrolle abgeben

Nicht wissen, was kommt – Kontrolle abgeben

Nicht wissen, was kommt – Kontrolle abgeben

Die Kontrolle abgeben ist einer der schwersten Übungen in meinem Leben. Ich musste am Rand meiner physischen Existenz ankommen, bis ich all dem Unwohlsein erlauben konnte da zu sein. Und selbst heute ist meine erste Reaktion auf mein Unwohlsein es kontrollieren zu wollen. Ich will etwas dagegen tun, IRGENDWAS! Kontrolle gibt vermeintlich Sicherheit. Aber es gibt Dinge, die man besser dadurch beeinflusst, dass man ihnen erlaubt da zu sein, anstatt sie zu kontrollieren.

Die Kontrolle abgeben kann sehr herausfordernd sein

Inhaltsverzeichnis über „Kontrolle abgeben“

So lernte ich die Kontrolle abgeben

In meinem Leben weiß ich nie, wann die Schmerzen, das Unwohlsein und die Traumaflashbacks kommen. Sie kommen langsam angekrochen, in Form von Übelkeit, Krämpfen im Rücken und Traurigkeit. Einfach so.

Ich weiß nicht, was es auslöst, noch gibt es etwas, was es verschwinden lässt.

Ich kann dem allem nur erlauben da zu sein

In all den Jahren habe ich nach und nach gelernt, wie ich am besten damit umgehe. Denn so wie es gekommen ist, geht es auch wieder weg.

Es durchläuft mich.

Wie eine Energie durchwandert es meinen Körper, ohne mir Bescheid zu geben, woher es kommt oder wohin es geht.

Der Anfang

Vor etlichen Jahren, als das alles anfing schlimmer zu werden, habe ich mich dagegen gewehrt, weil ich das Alles nicht fühlen wollte.

Ich wollte keine Schmerzen haben, ich wollte nicht verzweifelt sein, ich wollte, dass es weggeht.

Ich wollte einfach leben

Tag für Tag habe ich mich dagegen zur Wehr gesetzt. Habe krampfhaft Ablenkungen im Außen gesucht.

Bin zu Ärzten, Chiropraktikern, Osteopathen gegangen, in der Hoffnung, dass mir irgendwer helfen kann. Dass es mir jemand wegmacht.

Schneidet es raus, vergiftet es, egal was, MACHT ES WEG!

Aber es ging nicht weg. Es blieb über Wochen. Kontinuierlich wurde es schlimmer. Von Moment zu Moment konnte ich immer weniger essen, mich immer weniger bewegen und ich wurde immer verzweifelter, panischer und trauriger.

Niemand wusste, was es war. Ich auch nicht.

Wer ist Schuld???

Ich habe die Ärzte gehasst, die nichts taten, um mir zu helfen. Habe ihre arrogante Art verabscheut, die Schuld auf mir abzuladen.

Ich sei selbst daran Schuld, dass es mir so schlecht geht, schließlich nehme ich nicht die lustigen Pillen, die sie mir geben wollen. Oder mache die (für mich) traumatischen Untersuchungen, die ihrer Meinung nach all meine Probleme lösen würde.

Dabei habe ich ihre Pillen genommen. Protonenpumpenhemmer, Lavendelzeugs und, und, und.

Nur eine einzige Pille hat alles auf einmal verschwinden lassen: Lorazepam. Ein sehr starkes Beruhigungsmittel aus der Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine.

Unglaublich effektiv … und unglaublich abhängig machend

Es war ein wundervolles Gefühl mir die kleine Schmelztablette unter die Zunge zu legen und zu wissen, in einer Viertelstunde habe ich meine Ruhe. Dann bin ich entspannt, ich kann essen und trinken und habe keine Schmerzen. Mit diesen Pillen wurde alles wieder hell um mich herum. …

Bis die Wirkung nachließ. Dann kam nach und nach jedes einzelne Symptom wieder, viel lauter als zuvor. Zumindest nahm ich es lauter wahr, nach der Stille durch die Pillen.

„Ich nehme nur noch eine, bis die Symptome weg sind.“, war dann immer mein Gedanke. Und so lange keine Symptome da waren, war ich fest davon überzeugt, keine einzige dieser kleinen Pillen mehr zu nehmen. Bis die Wirkung nachließ und die Symptome mich anschrieen.

Die Symptome waren immer da, das Medikament hat sie nur unterdrückt.

Aber um mich von diesen Symptomen zu lösen, musste ich sie fühlen und sie nicht länger künstlich unterdrücken.

Mein Kampf mit den Ärzten

Keiner der Ärzte war bereit, mit mir gemeinsam Alternativen zu erforschen, wie mir noch geholfen werden könnte.

Tatsächlich waren sie noch nicht mal bereit sich die Symptome im Detail anzuschauen. Zwei DIN A4-Seiten hatte ich voll geschrieben. Im besten Fall erhielten die Papiere einen kurzen, nicht mehr als höflichen, Blick, richtig angeschaut hat es sich keiner.

Kein Arzt hat sich auf die Suche gemacht, wie in „Abenteuer: Diagnose“.

Es hat keinen Arzt interessiert

Also habe ich das getan, was ich gelernt hatte: Ich habe mir selbst die Schuld gegeben. Habe hinterfragt, was ich esse, was ich fühle, was ich denke.

Kein Wunder, dass es dir so schlecht geht, Johanna, weil du wieder

– einen Apfel gegessen
– Sprudel getrunken
– Yoga gemacht

hast.

Hör einfach auf zu existieren, dann geht das alles weg.

Die Erkenntnis

Ganz langsam wurde mir klar, dass nichts es wegmachen kann. Dass es kommt und geht. Niemand ist schuld daran, schon gar nicht ich.

Es ist einfach da, ein Teil meines Lebens und dann geht es wieder.

Tatsächlich geht es schneller wieder, wenn ich dem Allem erlaube da zu sein. Wenn ich psychisch und physisch komplett zusammenbreche.

Ich liege dann als kleine Kugel neben meiner Couch auf dem Boden, weine laut und durch meinen Kopf und meinen Körper laufen Szene aus meiner Kindheit, die ich nicht verarbeitet habe. Meistens geht es um das Gefühl der Schuld.

Wenn es kommt…

Es ist meistens da, aber irgendwo im Hintergrund. Und dann, an irgendeinem Tag in irgendeiner Woche, blubbert es an die Oberfläche und ich habe jedesmal eine schreckliche Angst. Meine erste, reflexartige Reaktion ist Abwehr.

ICH WILL DAS NICHT FÜHLEN!

Ich will es kontrollieren. Will etwas dagegen tun. Ich will jetzt was anderes machen, ich will nicht zusammenbrechen!

Bis ich mich daran erinnere, dass ich das schon oft erlebt habe und ich weiß, dass es wieder vorbeigeht. Und ich weiß, dass es schneller vorbeigeht, wenn ich ihm erlaube da zu sein. Wenn ich die Kontrolle abgeben kann.

Kontrolle abgeben

So musste ich auf die harte Tour lernen, wie ich die Kontrolle abgeben kann.

Ich brauche keine Pläne zu machen, weil ich nicht weiß, wann ES da sein wird. Ich bin einfach im Hier und Jetzt, achtsam mit mir und meinem Körper.

Meine erste Reaktion ist immer Abwehr und der Wunsch all das Unwohlsein zu kontrollieren.

Kontrolle gibt mir Sicherheit, lässt mich in dem Glauben etwas ändern zu können

Stattdessen ändere ich die Dinge am effektivsten, wenn ich ihnen erlaube da zu sein.

Kontrolle verschlimmbessert nur.

Bedingungslose Freude gibt es in jedem von uns
Es war immer meine Schuld… – Über das Gefühl Schuld zu haben

Es war immer meine Schuld… – Über das Gefühl Schuld zu haben

Es war immer meine Schuld… – Über das Gefühl Schuld zu haben

Schuld zu haben ist ein tiefgreifendes Gefühl, sich nicht richtig verhalten zu haben und durch dieses falsche Verhalten verantwortlich für die Reaktionen und Emotionen der anderen zu sein. Als Kind gab mir meine Mutter immer die Schuld und ich habe ihr geglaubt. Ich habe ihr geglaubt, dass die Reaktionen und Emotionen der anderen meine Verantwortung sind. Aber ist das so?

Schuld zu haben ist ein tiefgreifendes Gefühl

Inhaltsverzeichnis über „Das Gefühl Schuld zu haben“

Schuldig sein von klein auf

Es war immer meine Schuld, wenn meine Mutter mich bestrafen musste, als ich Kind war. Weil ich mich nicht so verhalten habe, wie sie es wollte. Weil ich ICH war. Ich wollte eine eigene Person sein, wollte mit meinen Talenten gesehen und geliebt werden.

Niemals ging es darum, ob die Strafe gerechtfertigt war. Niemals hat jemand hinterfragt, ob man den eigenen Kindern den eigenen Willen und die eigene Lebensvorstellung aufzwingen darf.

Du tust nicht das, was ich will, also bist du selbst dran Schuld, wenn du dafür bestraft wirst.

Es war immer meine Schuld. Ihr ging es immer schlecht wegen mir. Sie wollte nicht mehr leben wegen mir. Weil ich so viel Arbeit gemacht habe.

Also habe ich versucht sie glücklich zu machen. Ich habe ihr Bilder gemalt, habe für sie gesungen, habe für sie getanzt. Ich habe mich akribisch an alle ihre Regeln gehalten.

Und trotzdem konnte ich sie nie glücklich machen. Ich war eine Last, eine Bürde, um die man sich kümmern musste.

Ich habe ihr geglaubt

Habe ihr geglaubt, dass ich eine Last bin. Habe ihr geglaubt, dass ich keine Daseinsberechtigung habe. Dass ich nicht ich selbst sein darf, weil ich so nicht geliebt werde. Geliebt werde ich nur, wenn ich so bin, wie die anderen mich haben wollen.

Wenn Erwachsene Erwachsenen die Schuld geben

Fiktives Beispiel:
Ich treffe eine Bekannte, die von ihrem Mann geschlagen wird und ich frage sie, warum sie sich nicht wehrt. Ihre Antwort: „Naja, er hat ja schon recht. Er hat mir gesagt, dass es ihn nervt, wenn ich die Handtücher nicht ordentlich aufhänge. Und ich hab mal wieder nicht dran gedacht und es war ein Knick in dem Handtuch. Und als er dann Heim kam, war er halt sauer.“

Als Erwachsene können wir erkennen, dass an diesem Szenario etwas nicht stimmt. Niemand hat das Recht jemand anderen zu schlagen. Und trotzdem scheint die Frau zu glauben, dass es ihre Schuld ist, dass ihr Mann sie schlägt.

Tatsächlich braucht man auch gar nicht zu argumentieren. Die Logik hinter dieser Geschichte ist Ursache und Wirkung: Sie hat es falsch gemacht, er hat reagiert. Und da er sie ja gewarnt hat, dass sie bestraft wird, wenn sie es nicht macht, wie er das will, kann die Bestrafung (die Schläge) nur ihre eigene Schuld sein.

Nichtsdestotrotz ist die emotionale Reaktion ihres Mannes nicht ihre Verantwortung.

Emotionale Reaktionen der anderen sind NICHT meine Verantwortung!

Meine Kindheit

So war es in meiner Kindheit.

Es gab nichts zu diskutieren: Ich habe mich nicht so verhalten, wie sie es wollte, also war es meine eigene Schuld, dass ich bestraft wurde.

Wenn ich jemand anderem in der Familie gegenüber erwähnt habe, dass ich Angst vor ihr hatte oder wütend auf sie war, wurde das Gefühl der Schuld verstärkt, indem für sie Partei ergriffen wurde. Ich wüsste doch, dass sie eine schwere Kindheit hatte. Ich solle sie unterstützen und ihr helfen.

Ich habe schnell gelernt, nichts mehr zu sagen. Weil ich immer die Schuld bekam.

Irgendwann wurde daraus eine tiefsitzende Angst, dass andere sehen könnten, was für ein schlechtes, bösartiges Mädchen ich bin. Die, die nie hilft und immer nur etwas will. Die, die immer Arbeit macht, aber nie dankbar ist und etwas zurück gibt.

Schuld ist nicht länger meine Aufgabe

Das Gefühl der Schuld sitzt tief und ist dabei ein enorm schweres emotionales Gepäckstück. Wenn man noch nicht bereits niedergedrückt wurde von diesem Gefühl, wie die Frau in meinem fiktiven Beispiel, dann wird man für den Rest seines Lebens schwer daran tragen.

Bis heute gibt es Teile in mir, die glauben, Schuld zu sein an den Emotionen von anderen. Dabei sind es IHRE Emotionen und somit IHRE Verantwortung.

Die Zeiten, in denen ich die Schuld von anderen auf mich geladen habe, sind vorbei.

Behaltet euren Scheiß bei euch! 

Ich trage ihn nicht mehr für euch!

Vielleicht ist es Zeit die Schuld loszulassen

Irgendwann ist es Zeit die Schuld loszulassen.

Sie kann einen nur dann niederdrücken, wenn man glaubt, dass man für die Reaktionen der anderen verantwortlich ist.

Dabei liegt es in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, wie er reagieren möchte.

Der Ehemann muss seine Frau nicht verprügeln. Der Chef muss nicht cholerisch herumbrüllen. Die Mutter muss nicht genervt sein von ihrem Kind. All diese Reaktionen sind in der Verantwortung der Person, die sie zum Ausdruck bringt. Daran hat niemand Schuld!

Jeder kann jederzeit eine andere Wahl treffen. Und wir dürfen es diesen Menschen zutrauen, dass sie eine eigene Wahl treffen können.

Sollten sie uns trotzdem die Schuld geben, sollte man die emotionale Reife dieser Person für sich in Frage stellen und vielleicht ein Leben ohne diese Person führen.

So wie ich: Ich habe keinen Kontakt zu der Frau, die mich großgezogen hat. Sie möchte jemandem die Schuld geben. Und ich war immer ein gutes Opfer, weil ich ihr geglaubt habe.

Jetzt glaube ich ihr nicht mehr.

In der Ruhe liegt die Kraft
Die Mama glücklich machen

Die Mama glücklich machen

Die Mama glücklich machen

Viele Kinder werden in dem Glauben groß, es wäre ihre Aufgabe die Mama glücklich zu machen. Besonders wenn die Mutter erkrankt ist, eine Behinderung hat oder andere große Hürden im Leben überwinden muss. Das Bedürfnis, die Mama glücklich zu machen, reicht bis ins Erwachsenenleben, meist unbewusst ausgelebt durch Care-Berufe. Bis heute fährt mir die Traurigkeit und die Schuld bis ins Mark, wenn ich an die unerfüllten Wünsche und Träume meiner Mutter denke. Und ich habe für mich einen Weg gefunden, dieses Gefühl weiterziehen zu lassen.

Es ist nicht die Aufgabe des Kindes, die Mama glücklich zu machen

Inhaltsverzeichnis über „Die Mama glücklich machen“

Wie Kleinigkeiten Flashbacks auslösen

Tchibo hat gerade Kühlschrankmagneten im Angebot. Schwupp, taucht eine gefühlte Erinnerung in mir auf an meine Mutter und daran, dass sie sich immer Kühlschrankmagneten gewünscht hatte, wie in amerikanischen Filmen. Aber der Kühlschrank bei uns war ein Einbaukühlschrank, also blieben keine Magnete hängen. Und diese Vorstellung ruft ein tiefes Gefühl der Traurigkeit in mir hervor.

Wie sehr sie sich Dinge gewünscht hat, die nie erfüllt wurden. Als wir in das neue Haus zogen, hat sie sich einen großen Esstisch gekauft, einen, den man ausziehen kann, damit noch mehr Leute Platz haben. Wenn mein Bruder und ich mal eigene Familien haben und alle sonntags zum Kaffee kommen. Aber es kam nie jemand. Auch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung.

Stattdessen habe ich inzwischen keinen Kontakt mehr zu ihr. Und sollte ich jemals Kinder haben, wird sie es nicht erfahren. Niemand wird an diesem großen Esstisch Platz nehmen und die Familie genießen. Tobende Kinder im Wohnzimmer, während sich die Erwachsenen am Esstisch über Politik unterhalten.

Das wird nie passieren.

Ich lasse das Gefühl der Traurigkeit über mich schwappen. Tauche ein in dieses schwere Gefühl der Schuld, dass ich ihr nicht helfen kann.

Dass ich sie nicht glücklich machen kann.

Der Zweck eines Kindes liegt darin die Mama glücklich zu machen

Das war als Kind mein Lebenszweck: Die Mama glücklich machen. Und dann zu spüren, dass sie nicht glücklich ist. Dass sie niemals Kühlschrankmagneten haben wird oder eine große glückliche Familie am Esstisch. Und ich kann nichts daran ändern.

Ich kann ihr die Schwere ihres Lebens nicht nehmen.

Und ich habe es versucht. Ich habe mich selbst aufgegeben, um sie glücklich zu machen.

Tatsächlich habe ich als Kind gelernt, dass ich an ihren schlechten Emotionen Schuld habe. Ich war dran Schuld, wenn sie genervt war, ich war dran schuld, wenn sie wieder depressiv war. Ich war dran Schuld, wenn sie wieder Schmerzen hatte.

Aber glücklich konnte ich sie nie machen. Egal, wie sehr ich mich angestrengt habe, ich konnte ihre Freude nur zerstören.

Im Hier und Jetzt

Hier sitze ich nun mit 40 Jahren und spüre diese tiefe Trauer darüber, dass meine Mama nie glücklich sein wird. Dass ihre Wünsche und Träume nie in Erfüllung gehen werden.

Wie kann das sein? Ich habe nur Kühlschrankmagneten bei Tchibo gesehen und irgendwo in den Tiefen meines Gehirns wurde eine Verbindung zu einem tiefsitzenden Gefühl geschaltet, das seit Jahrzehnten in mir schlummert und immer mal wieder zum Ausbruch kommt.

Das Bedürfnis die Mama glücklich zu machen

Dieses hartnäckige Bedürfnis meine Mutter glücklich zu sehen wurde so tief in mich eingeimpft, dass ich selbst als Erwachsene diesem Gefühl Glauben schenken mag, obwohl ich rational weiß, dass

A) es nicht meine Aufgabe ist, meine Mutter zu glücklich zu machen

B) ich nicht in der Lage dazu bin, sie glücklich zu machen, da nur sie alleine das kann

C) es nur ein Gefühl aus meiner Vergangenheit ist, das als Energie weiter an mir klebt wie ein extrem leistungsstarker Alleskleber

Was tun?

Ich weiß, dass es eine gefühlte Erinnerung ist, die sich für einen Moment in den Vordergrund meines Bewusstseins zwängt, um gesehen zu werden.

Tatsächlich möchte das Gefühl GEFÜHLT werden.

Nur durch Fühlen dieses unangenehm, schweren Gefühls der Traurigkeit und Schuld kann dieses Gefühl transformiert werden.

Es gibt einen Grund, warum das Gefühl weiterhin in mir vorhanden ist. Das bloße Verstehen reicht nicht aus, um diese Energie zu verwandeln. Nur, indem ich es fühle, löse ich die schwere Energie und lasse sie weiterziehen.

Dafür muss ich aber erkennen, dass das Gefühl nicht aus dem Hier und Jetzt stammt, sondern etwas viel, viel Älteres ist. Und ich darf dem Gefühl nicht glauben.

Wie ich Gefühle transformiere:

Schritt 1: Das Gefühl aufkommen lassen, die Erinnerung an das Ereignis zulassen
Schritt 2: Immer wieder das Ereignis durchdenken
Schritt 3: Wissen, dass dieses Gefühl nur ein Gefühl ist, ein Schatten aus meiner Vergangenheit, das jetzt keine Substanz mehr hat
Schritt 4: Dann bewusst die Entscheidung treffen, das Gefühl für diesen Moment loszulassen und es weiterziehen zu lassen (ich tue bewusst etwas anderes, worauf ich meine Aufmerksamkeit lenke)
Schritt 5: Verstehen, dass dieses Gefühl jederzeit wieder auftauchen kann und es dann willkommen zu heißen

… und wenn es soweit ist, wiederhole ich die Schritte 1-5.

Wie meine Wünsche wären

Es gibt Momente, in denen ich mir wünsche, dass ich losgelöst leben könnte. Ohne traurig zu sein, weil andere traurig sind. Oder mich schuldig zu fühlen, weil andere nicht glücklich sind.

Ob jemand traurig ist, weil ich nicht glücklich bin? Ich bezweifle es. Vor allem sollte das nicht das Maß sein, an dem ich mich orientiere. Niemand sollte sich traurig fühlen, nur weil ich nicht glücklich bin.

Vor allem kein abhängiges Kind, das nie eine Wahl hatte, welche Gefühle sie im Bezug auf die Mama hat. Und stattdessen gelernt hat, dass es Aufgabe des Kindes sei, die Mama glücklich zu machen.

Sich Lösen von die Mama glücklich zu machen
Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Brief an meine Eltern

Wie würde ein Brief an die eigenen Eltern aussehen, wenn man eine traumatische Kindheit hatte? Was würde die Erwachsene in mir gerne ihren Eltern sagen, nachdem sie sich durch Jahre der Traumaarbeit hat kämpfen müssen, ausgelöst durch den Umgang von überforderten Erwachsenen mit ihrem sensitiven Kind? Nichts davon könnte ich ihnen ins Gesicht sagen. Ich habe gelernt zu schweigen und alles hinunter zu schlucken….bis ich fast daran erstickt wäre…

Verarbeitung von Emotionen

Liebe Mama, lieber Papa!

Mit Sicherheit war ich kein einfaches Kind. Ich war laut und energetisch, emotional und chaotisch, trotzig und erfinderisch, wütend und lachend.

Ich war einfach Ich.

Ihr habt mich als anders wahrgenommen. Und ihr habt gegen mich und meine Andersartigkeit gekämpft. Durchgehend habt ihr versucht mich in eure Box zu quetschen, aber da habe ich nie hineingehört.

Ihr habt mich gelehrt, dass das Leben Kampf bedeutet. Und Angst. Die Erde ist ein gefährlicher Ort, vor dem man sich schützen muss. Und man ist nur willkommen, wenn man sich in die Box begibt, wenn man sich anpasst.

Anpassung ist wichtig.

Ihr habt mich gelehrt, was ihr von euren Eltern gelernt habt. Zeig bloß nicht dein wahres Ich, verstelle dich, passe dich an. Du wirst es bereuen, wenn du dich nicht so verhältst, wie wir das wollen. Niemand wird dich so lieben, wie du bist. Niemand kann dich so lieben, wie du bist.

Und ich habe versucht mich anzupassen. Habe das gemacht, was von mir erwartet wurde. Habe eine Ausbildung gemacht, war im Ausland, Studium.

Aber dabei sind Teile von mir abgestorben. Teile, vor denen ich jetzt Angst habe, weil sie anders und anscheinend nicht liebenswert sind. Teile, von denen ich nicht mal wusste, dass sie zu mir gehören, weil ich sie vor lauter Angst abgespalten hatte.

Ich weiß, dass ihr das gemacht habt, was ihr von euren Eltern gelernt habt.

Und eure Eltern haben dasselbe von ihren Eltern gelernt. So wird es von einer Generation an die nächste weitergegeben.

Jetzt zeige ich mit dem Finger auf euch und klage euch an. Klage euch an, weil ihr selbst solche Angst vor euren eigenen nicht-liebenswerten Anteilen in euch habt, dass ihr nicht sehen konntet, welche Konsequenzen euer Verhalten hat. Wahrscheinlich wolltet ihr auch nicht sehen, welche Konsequenzen euer Verhalten auf ein abhängiges Lebewesen hat.

Ihr könnt nicht aus eurer Haut, seid gefangen in eurer eigenen Box, in die ihr als Kleinkinder gesteckt wurdet. Diese Box gibt euch Sicherheit, egal, wie eng es darin auch sein mag.

Wir alle leben in unserer eigenen Box, in unserer eigenen Büchse der Pandora. Und wir alle haben Angst vor der Büchse und können nicht erkennen, dass wir tatsächlich in der Büchse leben. Und um da raus zu kommen, muss man die Büchse öffnen und all die unangenehmen Anteile müssen angeschaut werden.

Wir können die Vergangenheit nicht ändern.

Die Vergangenheit war wie sie war und wir alle haben unsere Erfahrungen gemacht. Bis heute hallen die Erinnerungen an damals durch unsere Körper. Sie gehen nicht weg bis wir sie uns mutig angeschaut haben.

Ich lade euch heute ein, sie euch anzuschauen. Ihr müsst keine Angst davor haben. Seid mutig. Diese Anteile sind liebenswert und sie dürfen einen Platz in eurem Leben einnehmen.

Ihr habt Verhaltensweisen gezeigt, deren Konsequenzen bis heute reichen. Aber ihr habt jetzt die Wahl diese Verhaltensweisen zu betrachten und euch anders zu entscheiden. Ihr könnt euch jeden Moment eures Lebens anders entscheiden.

Jede neue Entscheidung birgt eine neue Zukunft mit anderen Konsequenzen.

Seid mutig! Trefft eine neue Wahl. Für uns alle und alle folgenden Generationen.

Kontakt mit sich selbst und mit anderen